"Es war erst mal Entsetzen", sagt Markus Reis. Als der Inhaber des für sein Weinangebot bekannten Hotel-Restaurants Zeltinger Hof vergangene Woche in seinen Keller geht, um die neue Weinzusammenstellung zu planen, wird er skeptisch.
Der Stapel mit Kisten der Scharzhof-Spätlese des Spitzenweinguts Egon Müller aus Wiltingen an der Saar (Flaschenpreis 120 Euro) ist kleiner, als er sein sollte. Reis geht zunächst von einem Missverständnis aus. Vielleicht hat ein Mitarbeiter die Flaschen ohne Absprache mit ihm in den Verkauf gegeben. Doch die zuständigen Mitarbeiter haben keine Erklärung - und da ist für Markus Reis klar: Diebe müssen hier gewesen sein.
Diebe wollen offenbar täuschen - und stellen Kisten leer zurück
Markus Reis erzählt, wie er sich weiter im Keller umschaut - und feststellt: Der oder die Diebe haben noch an anderen Stellen zugeschlagen. Im Fokus offensichtlich: das Teuerste, was der Keller zu bieten hat. Noch mal sechs Flaschen Egon Müller fehlen, diesmal von der 420 Euro teuren Auslese. Auf Anraten seiner Frau kontrolliert er weitere Edelweine.
Riesling-Diebstahl in Zeltingen-Rachtig Moselweinexperte: "Wein-Klau ist kein Einzelfall"
Diebstahl von hochpreisigem Wein, wie jetzt in einem Hotel in Zeltingen-Rachtig, passiert immer wieder. Weinexperte Ansgar Schmitz kennt weitere spektakuläre Fälle.
Die bei Sammlern begehrten Editionskisten von Klaus Peter Keller aus Rheinhessen stehen zwar an Ort und Stelle - aber beim Anheben sind sie verdächtig leicht. Und Markus Reis muss feststellen: Ihr teurer Inhalt, "G-Max-Riesling" für bis zu 1.700 Euro die Flasche, fehlt. Markus Reis sagt, ihm seien Tränen gekommen. Für den Einkauf der Weine habe er sich wegen der hohen Preise überwinden müssen, sie hätten ein besonderer Schatz im Bestand sein sollen für die Zukunft und die Nachfolgegeneration.
70 Flaschen weg - Schaden: 15.000 Euro
Jetzt seien 70 Flaschen weg. Den Schaden schätzt der Gastronom auf 15.000 Euro. Von den Dieben fehlt noch jede Spur. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Es gebe keine Einbruchsspuren, sagt Hotelier Reis. Er vermutet, dass es sich um einen oder mehrere Insider handelt - die teuren Weine scheinen mit Kenntnis ausgewählt worden zu sein.
Belohnung aus eigener Tasche angekündigt
Hotelier Reis ist an der Aufklärung des Falles so sehr gelegen, dass er eine Belohnung aus eigener Tasche in Höhe von 5.000 Euro ausgesetzt hat. Das Geld bekommt derjenige, der Hinweise zur Ergreifung des Täters geben kann.
Reis appelliert an Kollegen, ihre Weinkeller mit Alarmanlagen zu sichern. Sein eigener Keller ist inzwischen kamera- und alarmgeschützt.
Wein-Community ist alarmiert
Dass die Diebe ihre Beute schnell zu Geld machen können, hält Markus Reis aber für ausgeschlossen. Er habe die Infos zum Diebstahl in der Wein-Community gestreut. Würde eine der gestohlenen Flaschen zum Verkauf im Internet oder bei einer Auktion auftauchen, würden in der Gemeinschaft der Weinkenner die Alarmsirenen schrillen. Dem oder den Dieben bliebe dann erst mal nur, die teuren Weine selbst zu trinken.
Was den eigenen Schaden anbelangt: Der dürfte schmerzhaft bleiben. Ohne Einbruchsspuren zahle die Versicherung nicht, sagt Markus Reis.
Steigendes Interesse Inflation hat kaum Auswirkungen auf die Weinversteigerungen in Trier
Die steigenden Preise haben laut den Veranstaltern keine negativen Auswirkungen auf die Weinversteigerungen gehabt. Das Interesse sei sogar gestiegen.
Weindiebstähle keine Seltenheit
Markus Reis ist nicht der einzige Besitzer teurer Weine, dem durch Diebstahl hoher Schaden entstand. Seit er den Vorfall in der Community bekannt gemacht hat, tauscht Markus Reis sich mit einem Hotel im Rheingau aus, dem vor einem Jahr sogar Weine im Wert von 400.000 Euro geklaut worden sein sollen.
Auch das Weingut Egon Müller Scharzhof an der Saar wurde Opfer von Diebstahl: Dort sind im Jahr 2020 Etiketten geklaut worden. Eine Vermutung: Mit denen könnten Betrüger versuchen, billigen Wein teuer umzulabeln.