Ein Moselweinexperte spricht über den Wein-Klau in Zeltingen-Rachtig (Symbolbild) (Foto: dpa Bildfunk, SWR, picture alliance/dpa | Clara Margais)

Riesling-Diebstahl in Zeltingen-Rachtig

Moselweinexperte: "Wein-Klau ist kein Einzelfall"

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Sebastian Grauer
Foto von Sebastian Gauer, Redakteur bei SWR Aktuell im Regionalbüro Traben-Trarbach (Foto: SWR)

Diebstahl von hochpreisigem Wein, wie jetzt in einem Hotel in Zeltingen-Rachtig, passiert immer wieder. Weinexperte Ansgar Schmitz kennt weitere spektakuläre Fälle.

Aus dem Weinkeller eines Hotel-Restaurants in Zeltingen-Rachtig sind teure Weine gestohlen worden. Nach Angaben des Inhabers beträgt der Schaden etwa 15.000 Euro. Gestohlen wurden laut des Inhabers Kisten und Einzelflaschen besonders hochpreisiger Weine. Darunter sieben Kisten Scharzhofberger Spätlese und Auslese des Spitzenweinguts Egon Müller aus Wiltingen an der Saar: Flaschen im Wert von bis zu 420 Euro.

Ansgar Schmitz von der Moselweinwerbung spricht im SWR-Interview über ähnliche Fälle. Er gibt Gastronomen entlang der Mosel auch Tipps, wie sie ihre Weine besser schützen können.

Moselweinkenner Ansgar Schmitz auf einem Weinberg. (Foto: SWR, SWR)
Weinexperte Ansgar Schmitz von der Moselweinwerbung.

Weindiebstahl ist internationales Phänomen

SWR Aktuell: Herr Schmitz, haben Sie einen Wein-Diebstahl dieser Größenordnung schon erlebt?

Ansgar Schmitz: Der Fall ist neu, so etwas habe ich noch nicht gehört. Dass hochwertige Weine an der Mosel gezielt entwendet werden, ist mir bislang noch nicht bekannt gewesen. Es gab jedoch schon zahlreiche Fälle in anderen Regionen und Ländern. Der bekannteste Weindiebstahl war 2021 in Eltville im Rheingau. Dort wurden wertvolle Weine im Wert von 235.000 Euro gestohlen. Im gleichen Jahr gab es auch einen Einbruch in Nord-Spanien. Dort wurden Weine im Wert von zwei Millionen Euro gestohlen. Darunter Weinflaschen, die zum Teil 200 Jahre alt waren, wo die einzelne Flasche über 300.000 Euro wert sein soll.

In Kopenhagen gab es ebenfalls schon einen spektakulären Weindiebstahl. Die Diebe sind hier über eine benachbarte Weinhandlung eingestiegen und haben ein Loch in die Wand gebohrt, um in den Weinkeller eines Restaurants zu kommen und hochwertige Weine zu klauen.

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Weine können nicht mehr legal verkauft werden

SWR Aktuell: Was haben die Diebe denn mit den Flaschen vor, warum werden die geklaut?

Schmitz: Die Diebe versuchen die Weine weiterzuverkaufen. Wenn es ein Auftragsdiebstahl war, dann werden die Flaschen an Mittelsleute übergeben. Diese wiederum verkaufen die Weine dann an ihre Kunden weiter. Das ist jedoch nicht einfach. Die Weine kann man nicht mehr legal verkaufen. Das fällt dann schnell auf, weil viele dieser hochwertigen Weine zum Teil nummeriert sind und die Weingüter auch Buch darüber führen, wo sie die Weine hin verkauft haben.

SWR Aktuell: Heißt das, dass es organisierte Strukturen gibt? Eine Wein-Mafia?

Schmitz: Es sind mir direkt keine Strukturen bekannt. Weinexperten und Ermittler gehen aber davon aus, dass es da mehrere Ebenen, also Strukturen gibt - so wie das ja auch bei Kunstwerken oder Drogen der Fall ist. Denn jemand, der die Fähigkeit hat, den Wein zu stehlen, der hat vielleicht nicht direkt den Kontakt zu einem Abnehmer in Shanghai, Hongkong oder New York. Wo auch immer die Leute sitzen, das wissen wir ja nicht.

SWR Aktuell: Gibt es eine Tendenz dahin, dass immer mehr Wein geklaut wird?

Schmitz: Es fällt schon auf, dass die Diebstähle in den vergangenen Jahren zugenommen haben. Es hat auch damit zu tun, dass es keine Zinsen mehr gibt und viele sehr wohlhabende Leute neue Anlagemöglichkeiten suchen. Die Weine haben eine sehr gute Wertentwicklung hingelegt, da versprechen sich vielleicht die Leute eine gute Rendite so wie auch bei Kunstwerken.

Für Kriminelle wird der Diebstahl der Weine natürlich auch lukrativer, wenn die Weine sich finanziell gut entwickeln. Hinzukommt, dass man in einen Weinkeller von einem Restaurant einfacher reinkommt als beispielsweise in einen Banktresor. Ein weiterer Grund für die Zunahme der Diebstähle könnte sein, dass stellenweise für die Weine auf dem Schwarzmarkt mehr bezahlt wird als regulär, weil die Weine auf dem legalen Markt überhaupt nicht zu bekommen sind.

"Die Weine haben eine sehr gute Wertentwicklung hingelegt, da versprechen sich vielleicht die Leute eine gute Rendite - wie bei Kunstwerken."

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Wein als Statussymbol

SWR Aktuell: Wer sind denn die Kunden, wer kauft gestohlenen Wein?

Schmitz: Es gibt sehr reiche Menschen, die immer mehr werden. Die müssen schauen, was sie mit ihrem Geld machen. Und wenn dann Immobilien und klassische Geldanlagen nicht mehr so attraktiv sind, dann suchen diese vielleicht was Zusätzliches. Wein ist natürlich auch ein Lifestyle-Thema, was in vielen Kreisen einen sehr hohen Stellenwert hat.

Wein ist für viele ein Statussymbol. Es geht darum, gewisse Weine zu besitzen, es gibt eine Sammelleidenschaft. Und wenn dann Leute mit viel Geld etwas haben wollen und es legal nicht bekommen können, dann sind diese vielleicht auch bereit, ein Auge zuzudrücken und nicht zu hinterfragen, aus welcher Queller der Wein kommt.

"Der Weinkeller soll ja jetzt kein Fort Knox sein, in dem man den Wein wie Gold wegsperrt."

Betrug mit Wein-Etiketten

SWR Aktuell: Nicht nur auf Wein selbst haben es Diebe abgesehen, sondern auch auf die Etiketten teurer Flaschen. Passiert ist das zuletzt 2020. Diebe haben im Weingut Egon Müller in Wiltingen (Saar) mehr als 50 Etiketten gestohlen. Was hat das für Gründe?

Schmitz: Das ist eine Vorgehensweise, die bekannter ist als der Diebstahl in Zeltingen-Rachtig jetzt. Da gibt es einen großen Fall aus den USA. Da hat ein Mann, der aus Indonesien stammte, in großem Stil Weine gefälscht. Er hat Etiketten von hochwertigen Weinen auf andere Weinflaschen geklebt und diese Weine dann teuer verkauft. Da ging es um Betrugssummen von 20 Millionen Dollar und mehr. Der Mann wurde überführt und zu mehreren Jahren Haft verurteilt.

Die Mutmaßung im Fall Egon Müller ist, dass diese Etiketten in Asien beispielsweise auftauchen, wo die Menschen auch die Weine von Egon Müller kennen und die Leute bereit sind, hohe Preise für den Wein aus Wiltingen zu bezahlen. Es ging um Etiketten von Beerenauslesen, die schon mal mehrere tausend Euro kosten können. Die Fälscher legen aber auch Wert darauf, die Original-Flaschen und -Korken zu bekommen. Deswegen sagen viele Top-Weingüter ihren Händlern, dass diese nach einer Verkostung die Flaschen und Etiketten zerstören sollen.

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SWR Aktuell: Wie können sich denn Winzer und Gastronomen vor Diebstählen schützen?

Schmitz: Man muss natürlich einen gewissen Aufwand betreiben, beispielsweise, indem man eine Kamera und Bewegungsmelder installiert. Das kostet Geld. Man muss natürlich auch die Kosten-Nutzen-Relation sehen. Wichtig ist auch ein erhöhter Versicherungsschutz. Der jüngste Fall in Zeltingen-Rachtig zeigt, dass man offenbar mit so einem Diebstahl immer rechnen muss.

Das Problem ist aber, dass so ein Weinkeller ja auch ein Aushängeschild ist, den man seinen Gästen stolz und gerne zeigt. Der Weinkeller soll ja jetzt kein Fort Knox sein, in dem man den Wein wie Gold wegsperrt. Am Wein soll man sich ja erfreuen können.

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