Vor allem in Island oder Italien gibt es aktive Vulkane. Erst am Montag gab es einen Ausbruch in Island, derzeit ist die Hauptstadt Reykjavik von Luftverschmutzung bedroht. Aber auch hierzulande sind die Eifelvulkane gefährlicher als man denkt - etwa das Ulmener Maar.
Enten ziehen dort auf dem See ihre Kreise. Doch stille Wasser sind bekanntlich tief. Und in der Tiefe unter dem See tut sich tatsächlich einiges. Vor rund 10.900 Jahren hat sich hier ein explosives Gemisch aus Magma, Wasser und Gas gebildet. Ein Vulkan ist ausgebrochen und hat den Krater in den Boden gesprengt, auf dem heute Enten schwimmen.
"Es ist der jüngste Vulkan Zentraleuropas", sagt Sabine Kummer, Geologin beim Geopark Vulkaneifel: "Erdgeschichtlich gesehen ist es nur einen Wimpernschlag her, dass uns hier die Brocken um die Ohren geflogen sind."
Unbemerkte Erdbeben in 40 Kilometer Tiefe
Seitdem ist es ruhig in der Eifel. Doch das muss nicht so bleiben. Denn die Vulkane der Region sind nicht erloschen. Sie sind sogar aktiver als die Wissenschaft lange glaubte. Das ergeben erste Daten des größten seismologischen Experimentes, das es in Deutschland jemals gab.
Im September 2022 haben Forscher des Deutschen Geoforschungszentrums Potsdam in der Vulkaneifel 350 Messstationen aufgestellt. Alle paar Kilometer steht ein Seismometer, der leichte Erschütterungen der Erde messen soll. Schwache Erdbeben, die 2013 zum ersten Mal erfasst wurden.
Unter der Erde schmilzt Gestein
"Von diesen Beben bekommt niemand etwas mit, sie spielen sich in mehr als 40 Kilometern Tiefe ab und können nur von solchen empfindlichen Geräten aufgezeichnet werden", sagt Professor Thorsten Dahm, Sektionsleiter für Erdbeben- und Vulkanphysik in Potsdam.
Und doch sind diese kleinen Beben für die Forscher von großer Bedeutung. Denn sie geben Aufschluss darüber, dass unter der Erdoberfläche Gestein schmilzt und Magma entsteht.
Dass es zum Beispiel unter dem Laacher See noch brodelt, wissen die Forscher schon lange. Im Osten der Eifel gab es die letzten Vulkanausbrüche. Dass es aber auch in der Westeifel noch so viel Aktivität gibt, habe die Wissenschaftler überrascht, sagt Dahm: "Das ist für uns extrem spannend."
Gas sorgt für blubberndes Wasser in Gelenberg
Durch Vulkanismus tritt auch Gas aus und wandert durch die verschiedensten Erdschichten an die Oberfläche. Solche sogenannten Mofetten gibt es an vielen Orten in der Vulkaneifel, sagt Geologin Sabine Kummer: "Zu sehen ist von diesem Atem der Vulkane aber meistens nichts."
Eine Ausnahme ist die Gelenberger Mofette. Sie liegt in einem Waldstück in der Nähe von Kelberg. Schon von Weitem ist dort ein leises Blubbern zu hören, das von einem Wasserloch stammt. "Hier steigen Gasblasen auf", erklärt Kummer: "Ein eindeutiger Beweis für aktiven Vulkanismus."
Wasser aus dem Erdkern bildet Dreese
Doch nicht nur Gase treten aus der Eifeler Erde aus, sondern auch Wasser. Mitten in einer Wiese bei Daun entspringt ein rötliches Rinnsal. Es ist der sogenannte Kolverather Drees, eine Mineralquelle wie sie in der Vulkaneifel fast jeder Ort hat.
"Die rote Farbe kommt vom Eisen und anderen Mineralien, die das Wasser aus dem Erdinneren mit sich führt", sagt Sabine Kummer. Auch Kohlensäure ist schon drin, praktisch für regionale Sprudelhersteller, die das Wasser abschöpfen und vermarkten. Die Firmen machen sich den aktiven Vulkanismus also zunutze.
Laacher See hatte Sprengkraft wie Hunga Tonga
Doch der hat auch eine Schattenseite. Denn aktive Vulkane können ausbrechen. Wann es soweit ist und wie hoch das Risiko ist, sei allerdings unklar, sagt Professor Thorsten Dahm, und hänge auch vom Vulkantyp ab.
Die größte Zerstörungskraft hätte ein explosiver Ausbruch, eine sogenannte Caldera, wie es sie zuletzt vor 13.000 Jahren am Laacher See gab. "Dann bildet sich eine Feuersäule und eine Aschewolke, die kilometerhoch in den Himmel steigt", sagt Dahm.
Eine vergleichbare Katstrophe hat sich im Januar 2022 auf der Insel Tonga im Südpazifik ereignet. Dort brach der Hunga Tonga aus, vier Menschen wurden dabei getötet, 15 verletzt. Es entstanden erhebliche Schäden. Die Explosion hatte laut NASA die hundertfache Sprengkraft der Atombombe auf Hiroshima.
Größerer Vulkanausbruch passiert nicht über Nacht
Ein solcher Ausbruch passiere aber nicht über Nacht und nicht ohne Vorwarnung: "Da müssten sich über einen längeren Zeitraum Magmen in der oberen Erdkruste ansammeln." Das könne kaum unbemerkt geschehen.
Anders sieht es bei Ausbrüchen von Maaren oder Schlackenkegeln aus. Die sind zwar harmloser. Sie können dafür aber relativ plötzlich auftreten, weil diese Vulkane aus einer größeren Tiefe gespeist werden.
Viele Berge und Täler sind vulkanischen Ursprungs
"Das ist im Zweifel nur eine Frage von Wochen, bis das Magma an die Oberfläche kommt", sagt Dahm. Passieren könne das laut dem Professor fast überall in der Vulkaneifel, die sich kilometerweit von Ormont bei Belgien bis nach Bad-Bertrich, nahe der Mosel, erstreckt.
"Viele Berge hier sind eigentlich Schlackekegel", sagt Sabine Kummer: "Viele Täler sind trockene Maare." Die ganze Landschaft besteht im Grunde genommen aus Vulkanen, fast 300 sind es an der Zahl.
Experiment geht im August zuende
Bis Ende August bleiben die Seismometer stehen. Dann werden sie abgebaut und die Daten ausgewertet. Professor Dahm rechnet damit, dass das gut zwei Jahre dauern wird. Um den Vulkanismus in der Eifel weiter im Auge zu behalten, planen die Forscher das Messnetz dauerhaft auszuweiten und noch einige tiefere Bohrungen in der Region.
"Wir müssen den Untergrund verstehen", sagt Dahm. Damit die Menschen in der Eifel nicht doch irgendwann von einem Vulkanausbruch überrascht werden - so wie die Steinzeitmenschen vor 10.900 Jahren in Ulmen.