Es ist der 9. September 2022. Das Thermometer zeigt 26 Grad in Thalfang am Erbeskopf, es hat seit Wochen nicht geregnet. Und im Amtsblatt der Verbandsgemeinde erscheint ein "dringender Appell" an die Bürger.
Sie sollen ihre Autos nicht mehr waschen, ihre Rasen nicht mehr wässern und ihre Pools nicht mehr füllen. "Wir bitten Sie, durch eigenes Verhalten zum Erhalt einer gesicherten Trinkwasserversorgung beizutragen", heißt es im Text. Dabei sind es gar nicht die Privathaushalte, die das meiste Wasser verbrauchen.
"Mehr als die Hälfte unseres Trinkwassers geht an nur drei Großverbraucher", ärgert sich Christian Synwoldt, der für die Grünen im Verbandsgemeinderat sitzt.
Die Molkerei Hochwald Foods und die beiden Mineralwasserbetriebe Hochwald Sprudel und Sankt Nikolaus Quelle pumpen zusammen fast 350.000 Kubikmeter Wasser ab. Diese Zahlen der Wasserwerke wurden in verschiedenen Gremien der VG Thalfang präsentiert.
350.000 Kubikmeter - das sind etwa 115 olympische Schwimmbecken und rund 20.000 Kubikmeter mehr als alle Thalfanger Bürger zusammen. Die Firmen nutzen das Wasser zum Spülen von Hallen, Geräten und Flaschen.
Problem: Thalfang bezieht Wasser vor allem aus Quellen
Lange hat das Wasser für all das gereicht. Doch als Folge des Klimawandels wird die Ressource langsam knapp im Hochwald. Tobias Schütz, Juniorprofessor für Hydrologie an der Universität Trier, forscht in der Region und kennt die Gründe für die Trockenheit.
Im Winter, sagt der Wissenschaftler, falle immer weniger Schnee, der schmelzen und das Grundwasser speisen könnte. Das Problem gebe es in vielen Mittelgebirgen.
Quellen schütten weniger Wasser aus
In Thalfang wirkt sich der Wasserschwund aber schneller als anderswo auf die Trinkwasserversorgung aus, heißt es bei der Landeswasserbehörde, der Stuktur- und Genehmigungsdirektion Nord.
Denn die Verbandsgemeinde bezieht ihr Wasser vor allem aus Quellen und nicht aus tiefen Brunnen. Während das Tiefenwasser eher langsam auf das veränderte Klima reagiere, schütteten die Quellen im Hochwald bereits rund ein Viertel weniger aus als vor zehn Jahren.
Speicher reichen nicht: Thalfang bezieht Wasser aus dem Saarland
Die Folge: Die Verbandsgemeinde Thalfang hängt in trockenen Sommern am Tropf anderer Kommunen. Wenn die Speicher leerlaufen, wird sie über eine Verbundleitung aus der Primstalsperre bei Nonnweiler im Saarland mitversorgt. 600 Kubikmeter Wasser können hier pro Tag abgepumpt werden.
Der Ingenieur Christian Synwoldt aber fürchtet, dass das irgendwann nicht mehr reichen wird: "Es kann jederzeit passieren, dass kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt."
Und auch Hydrologe Tobias Schütz sagt: "So ein Stausee kommt irgendwann an seine Grenzen." Synwoldt fordert daher ein besseres Wassermanagement. Derzeit würde einfach zu viel verbraucht - zum Beispiel von den drei Unterehmen Hochwald Foods, Hochwald Sprudel und Sankt Nikolaus Quelle.
Nikolaus Quelle Malborn spart Wasser bei Flaschenreinigung
Doch gibt es überhaupt noch Potential für die Betriebe, Wasser einzusparen? Unsere Fragen dazu beantwortete nur der Sprudelhersteller Nikolaus Quelle in Malborn. Ein Sprecher teilte mit, das Familienunternehmen gehe "sorgsam", "effizient" und "verantwortungsbewusst" mit Wasser um und nennt einige Beispiele.
So habe die Firma 2018 in eine neue Flaschenreinigungsmaschine investiert, die nur sehr wenig Frischwasser benötige. Das überschüssige Wasser werde zudem auch für das Spülen der Kisten eingesetzt. "So konnten wir in den letzten Jahren den Wasserverbrauch für die Flaschenreinigung mehr als halbieren", schreibt die Firma.
Wasserbehörde: Keine Hinweise auf Verschwendung
Die anderen beiden Betriebe hingegen ließen die SWR-Anfrage unbeantwortet. Die Landeswasserbehörde teilt allerdings auf Anfrage mit: "Der SGD Nord sind keine Hinweise bekannt, die darauf hindeuten, dass dort Wasser verschwendet wird."
Bürgermeisterin Vera Höfner (CDU) äußert sich ebenfalls nicht detailliert: "Grundsätzlich können alle Verbraucher Trinkwasser einsparen. Großabnehmer können dies vor allem durch die effiziente Nutzung und Wiederaufbereitung des verwendeten Wassers bei internen Prozessen realisieren."
Verbandsgemeinde Thalfang arbeitet an Lösungen
Den Firmen das Sparen zu verordnen - davon hält die Verbandsgemeinde offensichtlich nichts. Im Rathaus wird das Thema dennoch ernst genommen. "Die Bereitstellung von Trinkwasser für die Bevölkerung gehört zur Daseinsvorsorge und ist zu priorisieren", schreibt Bürgermeisterin Höfner weiter.
Die Verbandsgemeinde arbeite daher auch an Lösungen, um Notlagen wie im vergangenen Sommer zu verhindern.
Neue Wasserspeicher könnten gebaut werden
Derzeit werde geprüft, ob Thalfang auch an weitere Verbundsysteme angeschlossen werden könnte. Außerdem werde das bestehende Leitungsnetz seit einigen Monaten intensiver überwacht und gewartet. Denn hier gehe sehr viel Wasser auch durch Lecks und Rohrbrüche verloren. Den Bau neuer Wasserspeicher hält Höfner ebenfalls für denkbar.
Hydrologe Tobias Schütz geht sogar noch weiter. Auch Stauseen dürften in der Region kein Tabu sein: "Solche Projekte waren in der Vergangenheit natürlich immer hoch umstritten." Aber irgendwo müsse das Wasser ja herkommen, so der Hydrologe.