Eifel

Mofetten

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Der Atem der Vulkane

Wer in der Eifel genau hinschaut, entdeckt an vielen Stellen im Boden kleine Spalten und Löcher, aus denen Gase hervortreten. Häufig blubbert auch das See- und Quellwasser. Die Austrittstellen der Gase nennt man Mofetten. In der Eifel spricht man vom "Atmen der Vulkane".

Die Gase stammen aus Gesteinsschmelzen tief unter der Erdoberfläche, dem sogenannten Magma. Das Gasgemisch besteht hauptsächlich aus Kohlendioxid, doch in winzigen Spuren kommen auch Edelgase wie Helium, Argon, Neon, Krypton und Xenon und zudem Stickstoff, Methan und Sauerstoff vor. Obwohl Mofettengas ein Gasgemisch ist, denken die meisten Menschen beim "Atmen der alten Vulkane" zunächst an Kohlendioxid. Das Kohlendioxid liegt gelöst inmitten der Gesteinsschmelze vor. Die Gase lösen sich aus der Gesteinsschmelze, wenn diese aufsteigt und der auf ihr lastende Druck abnimmt. Das ist wie beim Öffnen einer Sprudelflasche. Wie tief unter der Erdoberfläche lagert das Magma aber nun, aus dem die heutigen Gase aufsteigen, und inwiefern bewegt es sich? Stammen die Gase nur von den alten abkühlenden Magmaresten des Laacher See-Vulkanausbruchs vor circa 13.000 Jahren oder sind sie vielleicht Indizien für frische Magmen, die sich möglicherweise gerade extrem langsam im Erdmantel bewegen?

Ein Blick unter die Osteifel

Geologen haben herausgefunden, dass Abkühlungs- und Ausgasungsprozesse aus steckengebliebenen Magmen noch viele Tausende Jahre nach Vulkanausbrüchen andauern können. So könnten auch aus Resten des abkühlenden Magmas des Laacher See–Vulkans noch Gase über Gesteinsrisse an die Erdoberfläche gelangen. Am Übergang von Erdkruste zu Erdmantel - der sogenannten Moho - befinden noch alte Magmenreste aus der Zeit des Ost-Eifel-Vulkanismus vor 100.000 Jahren. Das meiste Magma, das damals aus den Tiefen des Erdmantels Richtung Moho aufstieg, blieb also an dieser Dichtegrenze in Ansammlungen stecken. Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass neues Magma im Erdmantel auf dem Weg zur Erdkruste ist.

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Die Lösung des Rätsels: Helium

Aber wie unterscheidet man das Erbe alter Magmen von Ausgasungen aus Magmen, die möglicherweise gerade unter der Moho in Bewegung sind? Diese Frage beschäftigt die Wissenschaftler. Um eine Antwort darauf zu finden, haben sie es vor allem auf das Einsammeln des Edelgases Helium abgesehen. Kohlendioxid gibt ihnen nämlich keine eindeutige Information darüber, von welchem Ort das Gas nun eigentlich stammt. Helium ist für die Beantwortung der Frage hingegen von entscheidender Bedeutung.

Das Edelgas kommt in der Natur in zwei stabilen Teilchen vor, den sogenannten Isotopen Helium-3 und Helium-4. Sie unterscheiden sich in der Anzahl der Neutronen im Atomkern. Das häufige Helium- 4 befindet sich überall in dem Erdmantel und der Erdkruste durch wird den radioaktiven Zerfall von Uran und Thorium gebildet. Das leichtere und seltene Helium-3, das beim Urknall entstand, kommt verhältnismäßig häufiger im tiefer liegenden Erdmantel vor. Aus dem Verhältnis der beiden Helium-Isotope im aufsteigenden Gasgemisch kann man feststellen, ob die aufsteigenden Gase aus der Erdkruste oder dem Erdmantel stammen. Wenn man lange Messreihen durchführt, kann man aus der relativen Menge der Isotope zueinander aber vor allem auch erkennen, ob sich das Gasgemisch aus alten Magma-Ansammlungen an der Grenze zwischen Erdmantel und Erdkruste heraus löst oder aus neu gebildeten Schmelzen stammt, die dort gerade aufsteigen.

Auf Jagd nach den magmatischen Gasen

Der Geologe Horst Kämpf und die Chemikerin Karin Bräuer von den Helmholtz-Zentren in Potsdam und Leipzig-Halle sammeln die Gasblasen mithilfe eines Glaskolben und eines Glastrichters und gewinnen mit der Apparatur eine lupenreine Probe des aus der Tiefe aufsteigenden Gases. Die Analyse des Gases erfolgt später im Labor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Halle an der Saale. Wie aber würden die Ergebnisse nun aussehen, wenn man Ausgasungen aus den alten Schmelzen und neuen Schmelzen vergleicht?

Taucher füllt eine Glaskolbe unter Wasser (Foto: SWR, SWR -)
Ein Forscher sammelt unter Wasser Gasblasen aus einer Mofette.

Wenn Gase nur aus altem Magma entlang der Moho aufsteigen, dann sprechen wir von der sogenannten "normalen Mantelentgasung". In diesem Fall haben sich keine frischen Schmelzen gebildet. Der Mengenunterschied zwischen Helium-4 und dem leichten Helium-3 ist in jedem Fall sehr groß. Tatsächlich treffen hier rund 130.000 Helium-4-Teilchen auf nur ein Helium-3-Teilchen und dieses eine Teilchen kann man mit modernsten Messgeräten im Labor messen!

Wenn jedoch frische Gesteinsschmelzen aus dem Erdmantel aktiv zur Erdkruste hoch steigen, dann misst man auf einmal relativ gesehen mehr Helium-3 Isotope im Gasgemisch, das von dort aus an die Oberfläche steigt. Nun kommt ein Helium-3 Teilchen auf nur noch 114.000 Helium-4 Teilchen. Das Verhältnis des Gemisches hat sich zugunsten des leichten Mantelheliums verschoben.

Was passiert am Laacher See?

Die ersten Stichproben der Laacher See-Mofettengase haben ergeben, dass das Helium-Gemisch tatsächlich einen großen Anteil an Mantelhelium enthält. Dieses erste Ergebnis ist ein Hinweis darauf, dass offensichtlich aktive magmatische Prozesse an der Grenze von Erdmantel zu Erdkruste im Gange sind. Da aber der 13.000 Jahre alte Laacher See-Vulkan geologisch betrachtet ein vergleichsweise junger Vulkan ist, könnten diese Gase zumindest teilweise auch aus seinem abkühlenden Magmasystem stammen. Die Forscher sind daher noch vorsichtig in ihrer abschließenden Bewertung, denn noch fehlen ihnen Langzeitmessreihen. Die Botschaft der geheimnisvollen Mofetten am Laacher See wartet noch darauf, entschlüsselt zu werden.

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SWR