Es ist ein kalter, sonniger Morgen auf dem Truppenübungsplatz in Baumholder bei Idar-Oberstein. Ukrainische Soldaten feuern mit der Panzerhaubitze 2000 ein Geschoss ab, das in etwa acht Kilometern Entfernung einschlägt. Es ist ein Übungs-Szenario.
Im Ernstfall erreicht das Artilleriesystem Ziele, die bis zu 40 Kilometern entfernt liegen. Sie ist ein wichtiges Instrument im Ukraine-Krieg, sagen Millitärexperten. Und in wenigen Wochen sollen die ukrainischen Soldaten mit diesem Waffensystem vor der Frontlinie stehen und russische Ziele zerstören.
Krieg ist für Ukraine-Soldaten auch in Idar-Oberstein präsent
Es sind insgesamt 23 Männer, die aktuell in der Artillerieschule in Idar-Oberstein ausgebildet werden. Sie sind erfahrene Kämpfer, die ihr Land in den letzten anderthalb Jahren als Artilleristen an der ukrainischen Ostfront verteidigt haben. Sie sind nach Idar-Oberstein gekommen, um an einem neuen, moderneren Waffensystem ausgebildet zu werden.
Dabei sei der Krieg für sie immer präsent, sagt ein Offizier. Auch im entfernten und sicheren Idar-Oberstein: "Wir leben damit, wir können uns von dem Krieg nicht abgrenzen. Wir haben Familien dort. Mütter, Kinder und Freunde", sagt er.
400 ukrainische Soldaten in Artillerieschule ausgebildet
Um die deutschen und ukrainischen Soldaten zu schützen, werden hier ihre Namen nicht genannt. Etwa sieben Wochen bleiben die Ukrainer in Idar-Oberstein, um an der Panzerhaubitze 2000 geschult zu werden. Sie sind Teil einer europaweiten Ausbildungsmission.
Bis Ende des Jahres sollen insgesamt 60.000 ukrainische Soldaten in der EU ausgebildet werden. Die meisten in Deutschland und in Polen. In der Artillerieschule in Idar-Oberstein sind nach Angaben der Bundeswehr seit Mai 2022 etwa 400 ukrainische Soldaten an der Panzerhaubitze trainiert worden.
Viele von ihnen dürften mittlerweile im Krieg eingesetzt worden sein. Nach Angaben der Bundesregierung hat die Bundesrepublik Deutschland 14 Panzerhaubitzen zur Unterstützung in die Ukraine geliefert.
Ausbildungszeit muss verkürzt werden
Die Ausbildung an den Haubitzen wird zu einem Großteil an Simulatoren in der Artillerieschule durchgeführt. In den kommenden Tagen aber wird auf dem Truppenübungsplatz in Baumholder mit scharfer Munition geschossen. Für die Ukrainer ist das sehr wichtig. Sie haben nur wenig Zeit, um sich an das neue Waffensystem zu gewöhnen.
Eine Ausbildung als Geschützführer an der Panzerhaubitze dauert normalerweise rund fünf Monate. Das ukrainische Militär kann seinen Streitkräften aber nur 42 Ausbildungstage gewähren. Eine große Herausforderung, die den Ukrainern viel abverlangt, sagt der Ausbildungsverantwortliche der Bundeswehr.
Für deutsche Soldaten eine Ausnahmesituation
Doch er ist beeindruckt von ihrem Engagement. "Die Ukrainer sind die hochmotiviertesten Soldaten, die mir jemals untergekommen sind, weil sie wissen, wofür sie das machen." Sie trainieren sechs Tage in der Woche, mindestens 60 Stunden. Ausgebildet werden sie von deutschen Soldaten. Auch für Bundeswehrsoldaten sind diese Schulungen eine Ausnahmesituation.
Vor allem, wenn die ukrainischen Soldaten nach sieben Wochen wieder in den Einsatz müssen: "Es ist sehr emotional. Viele, die während der Ausbildung nicht so viel geredet haben, die wollen dann auch nochmal gedrückt werden, die fangen auf einmal an über Dinge zu reden, über die sie die ganze Zeit nicht geredet haben", sagt ein Ausbilder, der seit Beginn der Ausbildung im Mai 2022 dabei ist.
Ukrainer froh über deutsche Ausbildung
Worte für das, was an der Front passiert, sind für die Ukrainer ohnehin schwer zu finden. Sie meiden das Thema, wollen sich auf ihren Auftrag konzentrieren.
Sie seien froh, dass sie an der Panzerhaubitze geschult werden, sagt ihr Offizier. "Wir schöpfen daraus viel Kraft. Das sind bessere Systeme. Und so blöd sich das auch anhören mag, damit können wir unsere Feinde besser bekämpfen."