Besonders Kleinkinder erleben oft schwere Verläufe bei einer RS-Virus-Infektion.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Kinderkliniken überlastet

RS-Virus: Wie Baby Frieda in Trier um sein Leben kämpfte

Stand
AUTOR/IN
Christian Altmayer
Foto von Christian Altmayer, Redakteur bei SWR Aktuell im Studio Trier (Foto: SWR)

Wie gefährlich das RS-Virus für ein Kleinkind werden kann, hat eine Familie aus Trier erlebt. Eine Mutter erzählt von den Tagen im Krankenhaus. Derweil spitzt sich die Lage zu.

Marie-Christine Polis blättert in einem Bilderalbum. In diesem Buch wollte die Mutter eigentlich nur die schönsten Momente im Leben ihrer Tochter Frieda festhalten.

Doch auf den letzten Seiten des Albums hat sie nun Fotos von einem Baby in einem Krankenhausbett eingeklebt. Schläuche hängen am Kopf und in der Nase des Kindes. Die Augen hat Frieda zusammengekniffen.

"Sie hat nicht mehr gelacht, nicht mehr die Augen aufgemacht, nur noch geschrien. Ich habe mein Kind nicht mehr wiedererkannt."

Vor allem Kleinkinder erkranken schwer am RS-Virus

Was Marie-Christine Polis und ihre Tochter Anfang November durchstehen müssen, erleben derzeit viele Familien in Rheinland-Pfalz. Die Betten der Kliniken sind belegt mit Kindern, die sich mit dem sogenannten RS-Virus angesteckt haben. Besonders Babies erkranken oft schwer.

Mainz

Wegen RS-Virus Infektwelle bringt Kinderärzte und Kliniken in Rheinhessen an ihre Grenzen

Keine freien Betten mehr in den Kinderkliniken, lange Schlangen vor den Arztpraxen: Viele Kinder leiden aktuell unter Atemwegsinfekten. Kinder- und Jugendmediziner aus Rheinhessen schlagen Alarm.

Am Nachmittag SWR4 Rheinland-Pfalz

Zustand des Kindes verschlechtert sich über Nacht

Auch die damals drei Monate alte Frieda ringt tagelang nach Luft, isst über Stunden nichts und bewegt sich kaum. Was Marie-Christine Polis so schockiert, ist, wie schnell sich der Zustand ihrer Tochter verschlimmert.

Noch einen Tag zuvor sind sie, ihr Mann und Frieda zu Besuch bei Freunden in Mainz. Frieda hustet immer stärker, weswegen die Familie Rat in einer Apotheke sucht. Dort schickt man die Mutter dann weiter in die Uniklinik.

Video herunterladen (10,1 MB | MP4)

Von Mainz nach Trier in die Notaufnahme

Weil sie eine Erkältung vermuten, schicken die Mainzer Ärzte Frieda zum Auskurieren nach Hause. "Sie haben gesagt, wenn es schlimmer wird, sollen wir uns melden", sagt Polis. Und es wird schlimmer.

In der Nacht verschlechtert sich der Zustand von Frieda extrem. Sie erbricht Schleim, isst bald nichts mehr. Doch statt in die Uniklinik fährt die Familie zurück nach Trier und bringt das Kind in die Notaufnahme des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen.

Das Trierer Mutterhaus gilt als potenzieller Interessent um beim Saarburger Krankenhaus einzusteigen. (Foto: SWR, Christian Altmayer )
Namen der Interessenten für das Krankenhaus Saarburg will der Kreis nicht nennen. Als eine Kanidat gilt aber das Klinikum Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier. Aber auch das Brüderkrankenhaus Trier.

Erkrankungen sind auch für Eltern belastend

Was dann folgt, sind die neun wohl schlimmsten Tage im Leben des Kindes und ihrer Mutter. "Das eigene Kind so leiden zu sehen", sagt Marie-Christine Polis: "Das war der absolute Horror."

Besonders Kleinkinder erleben oft schwere Verläufe bei einer RS-Virus-Infektion.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Mit Schläuchen an Kopf und Nase: So sah auch Frieda aus, als sie im Krankenhaus in Trier behandelt wurde.

"Ich hab in diesen neun Tagen vier oder fünf Kilo abgenommen. Ich war fix und fertig."

Kinderärzte und Kliniken: "Wir sind am Limit"

An die Belastungsgrenze geraten derzeit nicht nur Eltern und ihre Kinder. Auch Krankenpfleger, Notärzte und Kinderärzte seien am Limit, heißt es vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.

Christian Wantzel ist im Landesvorstand und betreibt eine Praxis in Bernkastel-Kues. Er hat in den vergangenen Tagen oft 140 bis 150 junge Patienten am Tag behandelt, sagt er: "Bei uns herrscht Land unter."

Idar-Oberstein

Ein Tag im Klinikum Idar-Oberstein Einblick in Intensivstation 22: Ein Job zwischen Leben und Tod

Zwischen Personalmangel und Idealismus: SWR Reporterin Jana Hausmann hat einen Tag lang das Personal auf der Intensivstation im Klinikum Idar-Oberstein begleitet.

Frieda hat sich erst nach zwei Wochen wieder erholt

Frieda hat Glück. Sie steckt sich schon Anfang November an, als die große Infektionswelle erst so langsam anrollt. Und so geht es bei ihr Tag für Tag bergauf. "Es hat bestimmt zwei Wochen gedauert, bis sie wieder ganz die alte war", sagt Polis.

"Frieda jetzt in Watte zu packen, würde ihr sicherlich nicht gut tun."

Was nach der schweren Zeit geblieben ist, ist die Sorge, dass Frieda sich wieder anstecken könnte. "Ich habe mir aber gesagt, dass wir uns jetzt nicht einigeln dürfen", sagt Marie-Christine Polis.

"Wir müssen einfach weiterleben, in die Krabbelgruppen gehen, Freunde treffen" - damit Marie-Christine Polis noch viele Bilder von Frieda in das Bilderalbum kleben kann - mit einem Lachen und ohne Schläuche im Gesicht.