Kalle (Name geändert) unterhält sich mit Hausleiterin Beate Herrmann (Foto: SWR, Andrea Meisberger)

Ein Betroffener erzählt

Wie jungen obdachlosen Männern in Trier geholfen wird

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Andrea Meisberger
Andrea Meisberger: Multimediale Reporterin SWR Studio Trier (Foto: SWR, Andrea Meisberger)

Jungen und wohnungslosen Männern fehlt häufig eine Perspektive. Das Margareta Bosco Haus in Trier will diesen Menschen helfen. Wie das funktionieren kann, erzählt ein Betroffener.

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Kalle (Name geändert) ist 23 Jahre alt. Seine Kappe hat er tief in den Nacken gezogen. Erkannt werden möchte er nicht. Seine Geschichte ist er aber bereit zu erzählen. Seit drei Wochen wohnt er im Margareta Bosco Haus in Trier. Kurz zuvor war er erst aus dem Gefängnis entlassen worden. Wegen Drogenmissbrauch und Sachbeschädigung saß Kalle in Haft.

Kalle (Name geändert) sitzt mit dem Rücken zur Kamera. Er lebt seit eingen Wochen im Margareta Bosco Haus in Trier. Er möchte nicht erkannt werden.  (Foto: SWR, Andrea Meisberger )
Kalle (Name geändert) lebt im Margareta Bosco Haus in Trier. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnnis lebte er auch in einer Obdachlosenunterkunft.

"Ich habe versucht mein Geld zu verdienen, aber auf die falsche Art und Weise."

Als Kalle aus dem Gefängnis entlassen wurde, wusste er nicht, an wen oder wohin er sich wenden sollte. Er hatte viele Schulden, keine Wohnung und Angst, auf der Straße zu landen. Zurück in das alte Leben wollte er auf keinen Fall. Das ist keine Option gewesen, sagt der junge Mann.

Neue Chance für wohnungslose junge Männer in Trier

Kalle kommt in einer Obdachlosenunterkunft unter. Dort wird er an das Margareta Bosco Haus vermittelt. Hier finden junge wohnungslose Männer zwischen 18 und 25 Jahren eine Unterkunft. In der Einrichtung gibt es eine Notschlafstelle und Apartments, in denen die jungen Männer leben können. Jeder hat sein eigenes Zimmer, das auch abgeschlossen werden kann, um die Privatsphäre zu schützen. Bad und Küche werden geteilt.

Notschlafstelle im Margareta Bosco Haus Trier (Foto: SWR, Andrea Meisberger)
Zwei Zimmer mit jeweils zwei Betten dienen im Margareta Bosco Haus als Notschlafstelle. Mit Geschenken wie Drogerieartikel und einem Brief sollen sie sich willkommen fühlen.

Das Angebot des Margareta Bosco Hauses soll nach Angaben der Betreiber eine Alternative zur Obdachlosenunterkunft Benedikt Labre Haus sein. Ziel ist es, junge und ältere Obdachlose zu trennen, so die Leitung der beiden Häuser. Viele Obdachlose im fortgeschrittenen Alter hätten sich mit ihrer Situation abgefunden. Den jungen Wohnungslosen soll durch das neue Angebot eine andere Perspektive aufgezeigt werden.

Auch Kalle lebt in einem solchen Apartment. Sein Zimmer ist noch spärlich eingerichtet. Ein Bett, ein Schreibtisch und ein Kleiderschrank. Fotos oder persönliche Gegenstände hat er noch nicht aufhängen können, sagt er.

"Als ich hierher kam, gab mir das erst einmal Hoffnung. Ich hatte einen Schlafplatz und mir wurde geholfen."

Neues Leben ist eine große Herausforderung

Die jungen Männer kommen mit ganz unterschiedlichen Problemen ins Margareta Bosco Haus, erzählt die Hausleiterin Beate Herrmann. Manche haben Drogenprobleme, andere viele Schulden. Viele von ihnen haben es im Leben schwer gehabt und sind davon geprägt, so Herrmann. Das führt auch schon mal zu Konflikten mit den Mitarbeitern des Hauses.

Margareta Bosco Haus Trier (Foto: Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg)
Das Margareta Bosco Haus in Trier wurde bereits im Dezember 2021 eröffnet. Wegen der Corona-Pandemie war die offzielle Eröffnung erst am 4. Oktober 2022.

Viele Betroffene müssen erst lernen, auch kleine Dinge wie Termine einzuhalten, ihre Wäsche zu waschen oder mit wenig Geld gesund zu kochen.

"Wir möchten die Männer in ihrer Selbstverantwortung bestärken. Dass sie sich Perspektiven erarbeiten und sich Ziele setzen."

Unterstützung bei Ausbildung, Schule und Behörden

Mit pädagogischen Maßnahmen und Betreuungsangeboten sollen die jungen Männer ihren Weg zurück in die Gesellschaft finden. Dabei steht die Einrichtung auch in engem Kontakt mit dem Jugendamt Trier und mit dem Amt für Soziales und Wohnen. Beispielsweise werden die Männer von Mitarbeitern des Margareta Bosco Hauses zu Behörden begleitet und bei Terminvereinbarungen unterstützt. Regelmäßige Gespräche sind Bestandteil des Angebots.

Auch Kalle hilft das. Der 23-Jährige hatte seine Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik abgebrochen. Jetzt hat er einen neuen Ausbildungsbetrieb gefunden. Auch seinen Schuldenberg will er in den Griff bekommen, sagt er. Dank der Unterstützung laufe alles in die richtige Richtung.

"Das gibt mir Erleichterung. Ich kann endlich mal eine Nacht in Ruhe durchschlafen."

Gefahr von Rückfall in Alkohol und Drogen ist groß

Heimleiterin Beate Herrmann möchte, dass die jungen Männer nach ihrer Zeit im Margareta Bosco Haus in ein geordnetes soziales Umfeld zurückfinden. Das reduziert die Gefahr eines Rückfalls in eine Drogen- oder Alkoholsucht. Gleichzeitig ist die Beziehung zur Familie ein wichtiger Schlüssel. Denn häufig ist die instabil oder nicht vorhanden.

Margareta Bosco Haus will jungen Männern Perspektiven bieten

Kalle kann sich inzwischen nach seiner Ausbildung sogar eine Weiterbildung vorstellen.

"Mein größtes Ziel ist es, auf legale Art und Weise etwas zu erreichen. Und nicht mehr auf die kriminelle Art."

Für das neue Leben wünscht sich Kalle auch eine eigene Wohnung. Das ist wegen der hohen Mieten in Trier nicht einfach. Das weiß auch Hausleiterin Herrmann. Auch dabei versuchen sie und ihre Mitarbeiter die Männer zu unterstützen. Und sie betont: Jeder kann sich an die Einrichtung wenden. Auch dann, wenn er schon ausgezogen ist und trotzdem noch Hilfe braucht.

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