Die Temperaturen in der Eifel sind in dieser Woche deutlich gesunken - entsprechend groß dürfte die Erleichterung bei Gerolsteiner Mieterinnen und Mietern der Siedlung "Am Rasbach" sein, dass sie seit Dienstagvormittag nicht mehr im Kalten sitzen. Das bestätigte Gerolsteins Stadtbürgermeister Uwe Schneider (SPD) dem SWR.
Demnach hat der neue Verwalter der Siedlung, Volkan Kilic vom Unternehmen OCD West, den neuen Liefervertrag für Gas mit der WEMAG AG geschlossen. Er und der Heizungsbauer hätten dem Bürgermeister nun bestätigt, dass das Gas wieder fließt.
Besserer Überblick über Nebenkosten
Wie die unbezahlten Rechnungen beim bisherigen Gasversorger bezahlt werden sollen, muss demnach noch geklärt werden. Schneider, der neue Verwalter Kilic, Vertreter der Verbandsgemeinde Gerolstein, der Heizungsbauer und einige Eigentümer von Wohnungen in der Siedlung hätten sich am Freitag zu einem Ortstermin an den beiden Heizkesseln der Siedlung getroffen.
Demnach könne der kleinere der beiden Kessel vorerst das Heizen übernehmen. Der größere ist kaputt. Ziel sei es langfristig, dass jedes Haus einen Gasbrenner bekomme, sodass besser geprüft werden kann, wer wie viel Gas verbraucht.
Dadurch und durch eine neue Kontonummer für die Nebenkosten soll es einen besseren Überblick geben, wer wie viel zahlen muss. Die neue Kontoverbindung sei den Mietern am Freitag mitgeteilt worden. Laut Schneider haben alle Beteiligten die Hoffnung, dass es jetzt dauerhaft warm bleibt.
Mieter frieren seit Wochen
Anfang vergangener Woche sieht die Situation noch ganz anders aus: "Wir sind mit den Nerven am Ende. Wir frieren, meine Kinder sind krank. Ich decke mich mit zwei Decken zu. Der Boden ist kalt. Im Schlafzimmer schimmelt es, weil die Wände kalt sind", berichtet eine Mieterin. Sie ist den Tränen nah.
Mieter in Daun und Gerolstein sind sauer Kalte Wohnungen in der Vulkaneifel: Aussage gegen Aussage
In einer Gerolsteiner Siedlung wurden die Heizungen schon kurzzeitig abgestellt, in Daun soll Heizöl fehlen. Für beide ist derselbe Verwalter zuständig. Der verteidigt sich.
Ihre Wohnung wird von der Saad Immo GmbH verwaltet. Und die hat laut dem Gasversorger Deutsche Industriegas GmbH (DIG) von Januar bis Juli diesen Jahres erneut die Gasrechnungen nicht bezahlt. Deshalb wurde der Gashahn abgedreht. Das war bereits mehrfach im vergangenen Winter der Fall oder es wurde zumindest damit gedroht. Die Verbandsgemeinde Gerolstein hatte damals vermittelt.
Die Folgen der erneuten Sperrung für die offiziell 221 Menschen in der Siedlung sind schlimm, sagt die Mieterin, die anonym bleiben will: "Ich kenne eine Familie, die habe ich vor dem Supermarkt getroffen. Die saßen da, weil es da wärmer war als in ihrer Wohnung. Die Kinder sind dauerhaft krank, die Nasen laufen, die husten."
Ausziehen aus der Siedlung für viele keine Option
Viele ihrer Nachbarn seien ältere Menschen mit kleiner Rente oder Alleinerziehende, die Sozialleistungen beziehen. Denen falle es schwer, eine neue Wohnung zu finden. Und wenn, könnten sie sich die Kaution nicht leisten.
Zur Kälte kämen auch noch Mietmängel wie Schimmel hinzu, die nicht behoben würden. "Das ist eine große Last, wir machen uns Sorgen. Das macht mich fix und fertig. Es wird nur geredet, aber niemand macht etwas. Die Verwaltung reagiert nicht auf Mails, Post oder Anrufe."
Im August hatte Anis Saad, Geschäftsführer der Saad Immo, dem SWR erklärt, die Mieter hätten immer noch nicht alle Nebenkosten aus den Vorjahren nachgezahlt und auch jetzt keine höheren Abschläge geleistet. Die Mieterin sieht das anders. Zwar hätten einige Mieter wegen Mietmängeln die Kaltmiete gekürzt. Aber: "Wir haben die Nebenkosten bezahlt. Wo ist das Geld hin?"
Wo ist das Geld aus Gerolstein hin?
Warum abermals kein Geld geflossen ist, sodass der Gashahn zugedreht werden musste, lässt sich kaum klären: Die Deutsche Industriegas, die die Gasversorgung seit Januar übernommen hat, erklärt auf SWR-Anfrage, man habe einen Ratenzahlungsvertrag für die ausstehenden Gelder mit Anis Saad vereinbart.
Nach einer ersten Rate der insgesamt ausstehenden 120.000 Euro sei aber kein Geld mehr gekommen. Deshalb habe die DIG den Vertrag wieder gekündigt und Anwälte eingeschaltet. Der ehemalige Verwalter der Wohnungen der Saad Immo bestätigt eine Zahlung von rund 50.000 Euro an die DIG. Das beweise ein Zahlungsnachweis. Dieser liegt dem SWR vor.
Gasanschluss gesperrt Erneut Probleme mit Gasversorgung in Gerolsteiner Siedlung
Nichts geht mehr: In der Gerolsteiner Siedlung "Am Rasbach" wurde der Gasanschluss gesperrt. Probleme gab es schon öfter. Das sagen Eigentümer, Verbandsgemeinde und Energieversorger.
Auch die Zahlung weiterer "Abschläge" sei sichergestellt, sagt der ehemalige Verwalter. Zudem habe es bis diesen Juli gar keinen rechtsverbindlichen Vertrag mit der DIG gegeben. Dieser sei nachträglich unterzeichnet worden und Anis Saad und er, der ehemalige Verwalter, hätten persönlich gebürgt: "Von einer Veruntreuung oder Zurückbehaltung der von den Mietern geleisteten Heizkostenvorauszahlungen kann keine Rede sein." Er ist aber laut eigener Aussage nicht mehr bei Saad beschäftigt.
Der neue Verwalter, Volkan Kilic, verweist auf SWR-Anfrage nach dem fehlenden Geld dennoch auf seinen Vorgänger. Er selbst sei erst seit Kurzem als Verwalter tätig und ihm gehe es jetzt vorrangig darum, dafür zu sorgen, dass wieder dauerhaft Gas fließt. Und auch um die Heizungsanlage und den Strom kümmere er sich.
Auch Heizung kaputt und Allgemeinstrom teils weg
Das fehlende Gas ist nämlich nicht das einzige Problem in der Siedlung "Am Rasbach": Nach Informationen von Anwohnern und der Verbandsgemeinde Gerolstein ist einer der beiden Heizkessel kaputt. Der andere diene nur als Ersatz und würde es vermutlich nicht schaffen, die Leistung des ersten vollständig zu übernehmen, sollte wieder Gas fließen.
Zudem waren Teile des Allgemeinstroms abgestellt, den auch die Heizanlage benötigen würde. Warum, das sagt Kilic nicht. Er habe aber Anfang Oktober die Mitteilung vom Stromversorger bekommen, dass die Sperrung aufgehoben wird. Mittlerweile ist der Strom wieder da. "Die Situation in der Siedlung ist eine Herausforderung. Ich werde jetzt oft vor Ort sein, um die Probleme dort zu lösen", sagt Kilic.
Suche nach langfristiger Lösung in Gerolstein
Wie aber können diese Probleme langfristig gelöst werden? Da diese privatrechtlicher Natur sind, ist die Verbandsgemeinde Gerolstein nach eigener Aussage eigentlich nicht zuständig. Dennoch möchte Bürgermeister Hans Peter Böffgen erneut vermitteln.
Seiner Ansicht nach müsste eine neue Verwaltung die Siedlung übernehmen: "Ich glaube nach den Erfahrungen der letzten zwölf Monate nicht mehr, dass es mit den jetzigen Akteuren die Lösung geben kann." Deshalb versuche die Verbandsgemeinde aktuell, die Besitzer der Wohnungen in der Siedlung ausfindig zu machen.
Denn die Siedlung wird zwar komplett von Saad verwaltet, aber nur gut die Hälfte der Wohnungen gehören dem Unternehmen noch. Der Rest wurde laut Informationen der Verbandsgemeinde an private Eigentümer, meist aus Belgien, verkauft. Bei einer Eigentümerversammlung hätte Saad immer noch die Mehrheit und könnte die anderen überstimmen.
Videokonferenz in dieser Woche geplant
Und auch die Gasversorgung, an der alle Wohnungen, unabhängig von ihrem Besitzer, gleichermaßen hängen, ließe sich nicht durch einzelne Eigentümer lösen, meint Böffgen. Die Verbandsgemeinde hat dennoch die Hoffnung, dass die anderen Eigentümer zumindest bei den Mietmängeln, den erforderlichen Reparaturen und dem Zustand der Wohnungen etwas ausrichten können.
Diese Woche soll es deshalb eine Videokonferenz zumindest mit Vertretern der Eigentümer geben. Ein Interessenvertreter der Teileigentümer von etwa 90 Wohnungen in Gerolstein und auch in Daun sagt auf SWR-Anfrage, dass diese vom fehlenden Gas und Mietmängeln nur nach und nach und teilweise aus den Medien erfahren hätten. Man wolle jetzt herausfinden, in welchem Zustand sich der eigene Besitz befinde.
Zudem seien Wohnungen unbewohnt, ohne dass die Saad Immo die Eigentümer darüber informiert hätte. Renovierungen, die vertraglich zugesichert und bereits durch die Eigentümer bezahlt wurden, seien trotzdem von der Saad Immo nicht durchgeführt worden.
Die Wohnungen würden durch die Mietmängel an Wert verlieren. Der Interessenvertreter sagt, die Anwälte der Eigentümer prüften derzeit, was zu tun ist. Zwar versuche man, rechtliche Schritte zu vermeiden. Wenn es aber keinen anderen Weg gibt, müsse sich die Sache vor Gericht klären.
Kurzfristige Hilfe angeboten
Die Eigentümer sind nicht die einzigen, die Anwälte eingeschaltet haben. Auch mehrere Mieter berichten dem SWR, dass sie gerichtlich gegen die Saad Immo vorgehen wollen. Kurzfristig sollte den Menschen in der Siedlung geholfen werden, indem der Verein "Eifellicht" ihnen wieder Heizöfen zur Verfügung gestellt hat, sagt Böffgen.
Die Öfen fressen aber zusätzlichen Strom. Mieter, die mit diesen Kosten Probleme haben, sollen sich daher ans Sozialamt im Gerolsteiner Rathaus wenden, sagt Böffgen. Versprechen könne man zwar nichts, man werde aber gemeinsam nach Lösungen suchen.
Die Mieterin, die noch in ihrer kalten Wohnung sitzt, hat mittlerweile eine neue Wohnung in Aussicht. Eigentlich will sie nicht ausziehen, weil sie ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn hat und die Kinder gerne zusammen mit den anderen in der Siedlung draußen spielen.
Aber die Zustände waren unmenschlich: "Man hört immer, die Leute, die hier wohnen, sind Assis und Ausländer. Aber jeder hat doch das Recht, eine warme Wohnung zu haben. Wir sind ja alle Menschen." Ob wirklich noch 221 Menschen in der Siedlung wohnen, versucht die Verbandsgemeinde jetzt, herauszufinden. Denn zuletzt waren Umzugswagen in der Siedlung "Am Rasbach" zu sehen.