Ein Mann mit Handschuhen und Mütze fasst eine kalte Heizung an. (Foto: IMAGO, IMAGO / Westend61)

Mieter in Daun und Gerolstein sind sauer

Kalte Wohnungen in der Vulkaneifel: Aussage gegen Aussage

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Anna-Carina Blessmann
Anna-Carina Blessmann am Mikrofon (Foto: SWR)

In einer Gerolsteiner Siedlung wurden die Heizungen schon kurzzeitig abgestellt, in Daun soll Heizöl fehlen. Für beide ist derselbe Verwalter zuständig. Der verteidigt sich gegen Vorwürfe.

Eisige Temperaturen bis minus neun Grad gibt es diese Woche in der Vulkaneifel. Und in dieser Situation müssen wieder Mieter bangen, ob sie bald im Kalten sitzen. Diesmal nicht wie zuletzt in einer Siedlung in Gerolstein, sondern in Daun. Wie zunächst der Trierische Volksfreund berichtet hat, fehlt in den Miethäusern in der Basaltstraße in Daun seit vergangenem Jahr immer wieder Heizöl.

"Im Jahr 2022 ist sechsmal die Heizung ausgefallen, weil kein Öl da war. Und in diesem Jahr schon dreimal. Das war Januar und Anfang Februar", berichtet Klaus Manderscheid. Seine Lebensgefährtin lebt seit vielen Jahren in der Siedlung und als Stadtratsmitglied hat er nach eigener Aussage mit einigen Mietern gesprochen.

Besitzer der mehr als 40 Wohnungen in Daun ist die Saad Immo GmbH. Diese war zuletzt in den Medien, weil in einer Siedlung in Gerolstein, in der die Saad Immo Wohnungen besitzt und verwaltet, die Heizung wegen unbezahlter Rechnungen abgestellt wurde. Dort wurde unter Vermittlung der Verbandsgemeinde ein neuer Gasversorger und ein Arrangement mit dem alten gefunden.

Unterschiedliche Angaben zu fehlendem Öl

In der Dauner Siedlung hingegen sei die Stimmung mies, sagt Manderscheid: "Da wohnen ältere Leute, die älteste Dame ist 88 oder 89. Da wohnen Familien mit Babys. Wenn die im Kalten sitzen, dann ist das kein Vergnügen für die Leute." Er selbst habe deswegen bei der Saad Immo angerufen. Wenn er telefonisch überhaupt durchgekommen sei, dann habe man ihm gesagt, Öl sei bestellt: "Aber dann werden 1.000 Liter getankt. Dann dauert es vielleicht 14 Tage bis das Öl aufgebraucht ist."

Der SWR hat bei Saad Immo nachgefragt: Der zuständige Hausverwalter Mehmet Kurt sagt, er wisse nichts von Menschen, die im Kalten sitzen. Er ist dafür zuständig, Gas und Heizöl zu bestellen: "Das kann nicht sein. Wir haben dort Hausmeister, die Bescheid geben. Wenn wir am Morgen angerufen wurden, dass Heizöl fehlt, ist das auch prompt geliefert worden."

Der Verbrauch habe in letzter Zeit stark geschwankt. Kurt behauptet, es könne also etwas mit der Heizanlage nicht stimmen, es könne ein Leck geben. Die Anlage wolle man jetzt überprüfen lassen.

Offene Rechnungen und fehlende Kommunikation

In Daun wird aber auch spekuliert, dass der Saad Immo Heizöl nur noch gegen Vorkasse geliefert wird. "Nein, das stimmt nicht", sagt Verwalter Kurt. Einer der Heizöllieferanten hat dem SWR aber bestätigt, dass es Öl für die Basaltstraße nur noch gegen Vorkasse gibt, weil die Saad Immo beim Lieferanten offene Rechnungen habe. Damit die Forderungen nicht noch größer werden, lasse man sich jetzt im Voraus bezahlen.

Anis Saad, Geschäftsführer der Saad Immo, gibt gegenüber dem SWR zu, dass offenbar die interne Kommunikation nicht gut funktioniert: "Das mit der Vorkasse weiß ich jetzt nicht, ich weiß nur, dass Herr Kurt das überweist." Und er kündigt an, dass ab 1. März ein weiterer Hausverwalter eingesetzt wird, um Kurt zu unterstützen: "Damit wir das wirklich vernünftig in den Griff kriegen."

Vermieter: Mieter hätten erhöhte Nebenkosten nicht gezahlt

Der neue Verwalter soll für die Objekte der Saad Immo in Rheinland-Pfalz zuständig sein, also auch für die Siedlung "Am Rasbach" in Gerolstein. Dort wurde im Herbst wegen nicht bezahlter Rechnungen der Gashahn zugedreht.

Die Mieter dort beteuerten, sie hätten ihre Mieten inklusive der Nebenkosten bezahlt. Das Geld sei vom Vermieter aber nicht an den Energieversorger weitergeleitet worden, so der Vorwurf. Anis Saad stellt das gegenüber dem SWR jetzt anders dar: "Als die Energiepreise letztes Jahr um das Dreifache, Vierfache gestiegen sind, hat Herr Kurt schon Schreiben geschickt und darauf hingewiesen. Damit die Mieter nicht bis zur Endabrechnung warten, sondern schon direkt einen Aufschlag zahlen."

"Wenn man nur einen Bruchteil der Nebenkosten zahlt, wie soll das dann gehen?"

Dem sei aber nur ein kleiner Teil der Mieter nachgekommen, der Rest nicht, sagt Saad: "Wenn man nur einen Bruchteil der Nebenkosten zahlt, wie soll das dann gehen?" Deshalb hätten die Rechnungen nicht bezahlt werden können, wirft Saad den Mietern vor.

Probleme bei der Nebenkostenabrechnung

Ein weiterer Vorwurf, der sowohl in Daun als auch in Gerolstein gegen die Saad Immo erhoben wird: Sie hätte seit 2020 keine Jahresendabrechnung gemacht. Auch hier weist Verwalter Kurt den Vorurf zurück: "Für 2021 hatten wir Zeit, bis Ende 2022 abzurechnen. Das ist auch fristgemäß abgerechnet worden." Laut Anis Saad wartet man jetzt auf die Nachzahlungen: "Irgendwann im März wird es dann die Abrechnung für 2022 geben. Die wird natürlich teurer. Das wird die Leute treffen und für uns bleibt die Frage: Bezahlen sie alles oder nicht?"

"Das Vertrauen ist weg. Dem Mann glaubt man nichts mehr."

Die Mieter in Gerolstein haben allerdings Zweifel an der Richtigkeit der jüngsten Nebenkostenabrechnungen, sagt ein Anwohner: "Ich habe Auszüge verschiedener Abrechnungen gesehen. Und darin stehen dieselben Beträge, obwohl sie für unterschiedliche Wohnungen erstellt wurden. Das Vertrauen ist weg. Dem Mann glaubt man nichts mehr." Schon die Verbandsgemeinde hatte im Januar gesagt, in den Abrechnungen gebe es Rechenfehler.

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Mietmängel werden nur schleppend behoben

Ein weiterer Vorwurf, den sowohl Mieter in Daun als auch in Gerolstein erheben, ist, dass Mietmängel und Gefahren auf dem Grundstück von der Saad Immo nicht behoben würden. Das hat Klaus Manderscheid in der Dauner Siedlung beobachtet: "Die Anlage ist unwahrscheinlich ungepflegt. Da wird nichts mehr gemacht. Die Platten vor dem Haus sind alle locker, das ist vor allem gefährlich, wenn es dunkel ist. Einige Beleuchtungen brennen nicht mehr."

In Gerolstein soll es Wasserschäden geben. Außerdem sei ein Heizkörper in einem Kinderzimmer ausgebaut, aber nicht wieder eingebaut worden. Die Mieter hätten das angezeigt und auch die Miete gemindert, es sei aber trotzdem nichts passiert. Die Verbandsgemeinde hatte die Mieter in einer Informationsveranstaltung im Januar darauf hingewiesen, nur die Kaltmiete zu kürzen, nicht aber die Nebenkosten.

Saad und Kurt begründen die nicht behobenen Mietmängel damit, dass sie die Anlagen 2020 übernommen hätten und umfangreich sanieren wollten. Corona, die Flutkatastrophe und der damit verbundene Handwerkermangel seien dazwischen gekommen. Es geht bei den Beschwerden der Mieter aber nicht um den Sanierungsstand, sondern um gravierende Mietmängel, die sofort behoben werden müssten.

Saad entgegnet: "Diese ganzen Mängel, die die Mieter nennen, die gab es schon zehn Jahre, bevor wir die Anlage gekauft haben. Ich kann deren Frust ja auch verstehen. Aber wirtschaftlich ging es einfach nicht, weil die ganzen Krisen alle hintereinander kamen."

Hausverwalter Kurt stellt das ähnlich dar: Die Meldungen von Mietmängeln seien von den Hausmeistern weitergegeben worden und würden nach und nach abgearbeitet. Feuchtigkeitsschäden lägen laut einem Gutachter am falschen Lüftungsverhalten, verteidigt sich Kurt: "Wenn da die Heizung ausgebaut ist, ist das natürlich nicht tragbar. Aber das sind Einzelfälle."

Trotz der vielen Vorwürfe sieht Kurt bei sich keine Fehler, sagt er auf SWR-Nachfrage: "Keiner ist fehlerfrei. Wir sind dem vielleicht bei dem einem oder anderen nicht nachgekommen. Aber im Großen und Ganzen schon."

Gleiche Vorwürfe gegen Kurt in NRW

Dabei gab es die gleichen Vorwürfe wie in Gerolstein auch im Sommer in Nordrhein-Westfalen: Wie die Aachener Zeitung im August berichtete, drohte auch einer Siedlung in Aldenhoven, die einer Firma von Saad gehört und von Mehmet Kurt verwaltet wird, die Abschaltung von Strom, Wärme und Wasser. Auch dort seien die Rechnungen nicht bezahlt worden, auch dort habe es Mietmängel gegeben. Kurt weist auch diese Vorwürfe von sich.

Was läuft schief bei der Saad Immo?

Auch Spekulationen in Gerolstein, die Saad Immo sei insolvent, weist Kurt von sich: "Wir haben keine wirtschaftlichen Schwierigkeiten." Dennoch scheint bei der Fülle der Vorwürfe etwas schief zu gehen, zumindest in der Kommunikation. Eine Mail des SWR an die offizielle Adresse der Saad Immo erhält Anis Saad nach eigener Aussage nicht. Mehmet Kurt sitzt in Duisburg und scheint nicht alles in Rheinland-Pfalz mitzubekommen.

Darauf angesprochen, sagt Saad: "Was heißt, es funktioniert nicht ganz? Der Punkt ist ja, dass sehr vieles auf einmal kommt. Und wenn 50 Leute gleichzeitig ihre Sache bearbeitet haben möchten, das funktioniert ja nicht so." Auch Kurt sagt, die Kommunikation laufe gut, auch mit den Hausmeistern vor Ort. Auf seiner Internetseite wirbt das Unternehmen mit 15 Jahren Erfahrung auf dem deutschen Immobilienmarkt.

Hoffnung auf Besserung

Die Verbandsgemeinde Gerolstein steht nach ihrer Vermittlung im Januar nach Angaben des Bürgermeisters weiter in Kontakt mit Saad und Kurt. Neu hinzugekommene Probleme seien nicht bekannt. Dafür bestünden aber die Mietmängel weiter, die Nebenkostenabrechnung für 2020 sei noch gar nicht erstellt und die Nebenkostenabrechnung für 2021 fehlerhaft.

Auch dem Verbandsgemeindebürgermeister von Gerolstein hat Saad in einem Gespräch am Dienstag mitgeteilt, dass der neu eingesetzte Hausverwalter diese Mängel zusammen mit einem Handwerker jetzt abarbeiten soll. Sie will außerdem bei Bedarf Räume zur Verfügung stellen, in denen der neue Verwalter regelmäßig Sprechstunden anbieten soll.

Wunsch nach Ruhe

Laut Bürgermeister Böffgen überlegt Anis Saad auch, eine Infoveranstaltung für die Mieter in Gerolstein durchzuführen. Saad selbst will nach eigener Aussage, dass Ruhe einkehrt: "Ich als Geschäftsführer kann nur die Konsequenzen ziehen und sagen: So, wie ändern wir es ab für die Zukunft? Es macht uns auch keinen Spaß, immer irgendwo negativ dazustehen."

Eine Anwohnerin der Siedlung in Gerolstein berichtet, die Stimmung sei weiter gedrückt: "Dieses Ungewisse macht einen kaputt." Sie selbst zieht bald aus und auch andere Mieter würden sich etwas Neues suchen: "Ich sehe immer mehr dunkle Fenster in den Häusern."

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