Jeannette Spanier ist Gerüstbaumeisterin und arbeitet in einer Männerdomäne. Sie wünscht sich mehr Frauen im Handwerk weil das eine andere Atmosphäre in Teams bringt. (Foto: SWR, Ludger Peters)

Frauen im Handwerk gesucht

Hoch hinaus: Jeanette Spanier ist Chefin einer Gerüstbaufirma

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Ludger Peters

Deutschland gehen die Handwerker aus. Daher sind Frauen wie Jeanette Spanier gefragt. Was Frau mitbringen muss, um in typischen Männerjobs Fuß zu fassen, hat die Chefin erlebt.

"Als Frau hat man es im Handwerk schwerer. Ich musste mich an den rauhen Umgangston gewöhnen und mich vor den Kollegen beweisen und durchsetzen. Das ist für Jungs anders."

Jeanette Spanier aus Longuich ist eine der wenigen Gerüstbaumeisterinnen in Deutschland. Kein Wunder: der Job ist eine reine Männerdomäne.

Keine einzige Frau auf dem Gerüst

Seit zwei Jahren gibt sie in ihrer Firma den Ton an. Die junge Frau hat die Geschhäftsführung von ihrem Vater übernommen. 25 Mitarbeiter beschäftigt sie.

Jeannette Spanier ist Gerüstbaumeisterin und arbeitet in einer Männerdomäne. Sie wünscht sich mehr Frauen im Handwerk weil das eine andere Atmosphäre in Teams bringt. (Foto: SWR, Ludger Peters)
Auf den Baustellen, auf denen das Team von Firmenchefin Jeanette Spanier unterwegs ist, trifft sie selten auf andere Frauen. Sie selber ist weit und breit die Ausnahme.

Die Baustellen sind fast reine Männersache. Frauen arbeiten in Handwerksbetrieben meist im Büro. Die letzte Frau, die in Jeanette Spaniers Gerüstbaufirma mit angepackt hat, war sie selber. Heute wäre sie froh, wenn die eine oder andere in ihre Fussstapfen treten würde.

"Frauen können den Job auch. Nur eben anders. Wir gehen bewusster an die Dinge und kommen auch ans Ziel. Und diese Mischung aus Mädels und Jungs im Team, die schafft auch eine ganz andere Harmonie und einen respektvolleren Umgang."

Immer weniger Auszubildende in der Region Trier

Dass Frauen im Handwerk gebraucht werden, hat aber auch andere Gründe. Denn viele Betriebe suchen händeringend nach Auszubildenden. In den letzten zehn Jahren ging die Zahl der Auszubildenden in der Region Trier um ein Viertel zurück.

Aus den Zahlen der Handwerkskammer Trier (HWK) geht hervor, dass Frauen im Jahr 2021 gerade mal 17 Prozent aller Auszubildenden stellten. Hier sieht die Kammer ein großes Potential. Würden sich mehr Frauen für Handwerksberufe interessieren, könnte die Lücke ein wenig geschlossen werden, so die Hoffnung.

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Die Handwerkskammer Trier wirbt daher zusammen mit der Investitions- und Strukturbank um Frauen im Handwerk. Am Mittwoch mit der Veranstaltung "This Girl is on fire". Schülerinnen können dabei Handwerksberufe kennen lernen.

Und Frauen treffen, die es im Handwerk geschafft haben. So wie Jeanette Spanier, die aber noch mehr fordert, als Info-Nachmittage in der Handwerkskammer.

Handwerks-Workshops für Mädchen ohne Jungs

Neben Veranstaltungen wie dem Girls-Day müsse man auch in die Schulen gehen, sagt Jeanette Spanier. Und dort Workshops für 14 oder 15-jährige Mädchen anbieten. Am besten über mehrere Tage und ohne Jungs. Die würden die Mädchen nur hemmen.

"Da kann man sagen: Ihr seid ganz unter euch. Es schaut kein Junge zu. Hier ist ein Hammer und eine Ratsche und jetzt baut mal ein Gerüst auf."

Jeannette Spanier ist Gerüstbaumeisterin und arbeitet in einer Männerdomäne. Sie wünscht sich mehr Frauen im Handwerk weil das eine andere Atmosphäre in Teams bringt. (Foto: SWR, Ludger Peters)
Firmenchefin Jeanette Spanier kritisiert die Ausbildung im Gerüstbau. Die Strukturen seien völlig überholt. Junge Menschen müssten viel zu weit von zu Hause weg, um die Schule für Gerüstbauer zu besuchen.

Bis zur Ausbildung im Betrieb ist es aber trotz aller Info-Veranstaltungen immer noch ein weiter Weg, sagt Jeannette Spanier. Auch wegen unsinniger Hürden, wie sie findet.

"Die Schule für Gerüstbauer ist in Frankfurt. Ich hatte hier schon unterschriebene Ausbildungsverträge liegen. Da haben die Eltern gesagt. Wo muss mein Kind nochmal hin? Frankfurt! Nein, das lassen wir dann mal."

Tipps für Junge Frauen im Handwerk

Wenn es dann doch klappt mit der Ausbildung, sollten sich die Mädchen nicht einschüchtern lassen, rät Jeanette Spanier. Denn irgendwann würden auch die härtesten Kerle erkennen, was die Kollegin drauf habe.

"Man muss den Willen haben zu sagen: Leute ich beweise euch, dass ich das kann. Und sein Ziel konsequent verfolgen. Dann findet sich immer einer, der einen unterstützt. Auch Kollegen, von denen man es am wenigsten erwartet hätte."

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