Ein emotionales Wochenende liegt hinter Michael Frisch. Denn der Fraktionsvorsitzende der rheinland-pfälzischen AfD hat in den vergangenen Tagen erleben müssen, wie sich seine Partei auf offener Bühne zerstritten hat. Und am Ende sogar den Bundesparteitag in Riesa vorzeitig abbrach.
Frisch war dabei nicht nur Zuschauer, sondern Delegierter. Und er macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Auftritt seiner Partei an diesem Wochenende nicht gefallen hat: "Mit Blick auf die Wähler ist es nicht gut, wenn eine Partei ihren Streit öffentlich austrägt."
Höcke gewinnt bei Parteitag an Einfluss
Was Frisch nach eigenen Angaben besonders beunruhigt, ist, dass der umstrittene thüringische Landeschef Björn Höcke beim Parteitag "einen nicht unerheblichen Einfluss ausgeübt" habe.
Höcke, der Kopf des offiziell aufgelösten rechten Flügels der AfD, hielt in Riesa in der Tat lange Reden und brachte mehrere Anträge ein. Unter anderem forderte er, die AfD solle auf eine Auflösung der Europäischen Union hinwirken, was letztlich zum Streit und zum Abbruch des Parteitags führte.
Michael Frisch wünscht sich "Neuanfang" der AfD
Zudem setzte sich das rechte Lager bei der Wahl des Bundesvorstands durch. Marc Jongen und Maximilian Krah stehen laut dem Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden etwa "für die enge Verbindung mit dem rechtsextremen Institut für Staatspolitik in Schnellroda (IfS)". Und mit Christina Baum sei "auch die radikale Querdenker-Szene im Vorstand der AfD vertreten".
Eher gemäßigte Kandidaten wie der Augsburger Norbert Kleinwächter, der von Frisch unterstützt wurde, schafften es nicht in die Spitze der Partei. Der rheinland-pfälzische Fraktionschef, der sich zur bürgerlich-konservativen Gruppierung seiner Partei zählt, spricht von einer "Machtverschiebung" und würde sich einen "Neuanfang" der AfD wünschen.
Gemäßigte Politiker haben AfD verlassen
Björn Höcke sieht der Trierer Frisch allerdings nicht als eine solche Persönlichkeit: "Ein Bundesvorsitzender Björn Höcke wäre eine rote Linie für mich." Dann dächte er sogar über einen Austritt nach, so Frisch. Den Weg aus der Partei haben inzwischen schon viele Politiker angetreten.
Chaos-Parteitag der AfD in Riesa Meinung: Björn Höcke – Fischer im Sumpf
So krude Björn Höcke redet und schreibt – er könnte die AfD erfolgreich in ruhige, allerdings sumpfige Gewässer führen, meint Martin Rupps.
Der prominenteste Abgang war im Januar der frühere Parteivorsitzende Jörg Meuthen, der damals beklagte, die Partei sei von Rechtsextremen übernommen worden. Aber auch Uwe Junge, ehemaliger Chef der rheinland-pfälzischen AfD, verließ im Sommer 2021 nach eigenen Angaben wegen des großen Einflusses rechtsextremer Kräfte die Partei.
Frisch sieht keinen Rechtsruck der AfD
Frisch hingegen sieht durch die Entwicklungen auf dem Parteitag eher "seinen Kampfeswillen" entfacht. Er wolle nicht aufgeben, sagt er. Auch, weil er glaubt, dass das bürgerliche Lager nach wie vor Einfluss in der AfD habe.
Einen inhaltlichen Rechtsruck könne er nicht erkennen, so Frisch. Auch hält er Björn Höcke nicht für einen Rechtsextremisten: "Ich sehe nicht, dass er die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will, auch wenn wir häufig unterschiedlicher Meinung sind", relativiert er seine Kritik an Höcke.
Was ihn an Höcke und dem Flügel vor allem störe, sei deren "Wagenburgmentalität" und "mangelnde Anschlussfähigkeit an die Mitte der Gesellschaft". "Als reine Protestpartei gewinnt man keine Wahlen", so Frisch.
Politikwissenschaftler: "Frisch fungiert als Feigenblatt"
Der Trierer Politikwissenschaftler und Rechtsextremismusexperte Markus Linden schätzt die Lage ganz anders ein: "Es ist offensichtlich, dass die AfD von rechtsradikalen und rechtsextremistischen Kräften dominiert wird.
Einige Funktionäre, wie zum Beispiel Herr Frisch, fungieren als Feigenblatt. Programmatisch spielen die angeblich gemäßigten Kader keine Rolle, sondern fokussieren sich auf die Wahrung eines äußeren Scheins."
Zur Aussage Frischs, dass er einen Bundesvorsitzenden Höcke nicht akzeptieren würde, erklärt der Trierer Politikexperte: "Höcke muss derzeit kein Bundesamt anstreben, um die AfD mit seinen Delegiertenstimmen zu lenken, das hat der Parteitag gezeigt.
Mit der Möglichkeit der Ein-Personen-Spitze hat er die Weichen für eine zukünftige Übernahme der Chefposition gestellt. Als ideologisch geprägter Rechtsextremist denkt er in langen Linien."