Ein helles Piepsen, ein dunkles Rauschen oder ein ganz anderes Geräusch im Ohr, laut oder leise, nur kurzzeitig oder chronisch: Die Ausprägungen von Tinnitus sind vielfältig. "Um welches Geräusch es sich dabei handelt, ist unerheblich", sagt Berit Hackenberg. Tinnitus sei jedes Geräusch, das ein Mensch ohne externe Geräuschquelle wahrnehme. Hackenberg ist Ärztin an der HNO-Klinik der Unimedizin Mainz und setzt dort einen Forschungsschwerpunkt auf das Thema.
Belastung für Betroffene sehr unterschiedlich
Woher ein Tinnitus genau komme, sei in der Wissenschaft noch nicht vollständig erforscht. Als eigenständige Krankheit gelte er nicht, sagt Hackenberg. Doch er ist weit verbreitet: "Wir wissen, dass etwa jeder Vierte einen Tinnitus kennt", sagt die Ärztin. Wie viele davon einen chronischen Tinnitus haben, geht aus den Daten nicht hervor. Genauso unterschiedlich wie die Ausprägung sei die Belastung der Betroffenen.
Mit den Daten der letzten Erhebung der Gutenberg-Gesundheitsstudie (siehe Infobox) konnten Hackenberg und ihre Kolleginnen und Kollegen nun einen Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen und Depressionen nachweisen: "Ein Ergebnis der Studie ist, dass das Auftreten von Tinnitus bei Teilnehmenden mit Depression deutlich erhöht war." Je stärker die Depression, desto größer war die subjektive Belastung durch den Tinnitus.
Für die Praxis ergebe die Studie damit wichtige Anhaltspunkte: "Wir möchten für den Zusammenhang zwischen Tinnitus und Depression sensibilisieren", sagt Hackenberg. "Uns ist wichtig, dass der behandelnde HNO-Arzt oder -Ärztin bei Tinnitus auf mögliche Symptome einer Depression achtet und Betroffenen somit eine frühzeitige Behandlung ermöglicht."
Über die Ergebnisse berichtet sie gemeinsam mit der Autorengruppe der Studie am Freitag auch beim HNO-Kongress in Leipzig.
Gutenberg-Gesundheitsstudie läuft weiter
Ob ein Tinnitus nun durch eine Depression ausgelöst wurde oder umgekehrt, sei in ihren Daten nicht erkennbar. "Das ist eine spannende Frage", sagt Hackenberg. Die HNO-Daten wurden bei der letzten Befragung der Gutenberg-Studie erstmals erhoben. Die Studie werde aber mit den gleichen Befragten weitergeführt, aktuell laufe die nächste Runde. So könne man vielleicht in ein paar Jahren mit Daten im Zeitverlauf mehr zu Ursache und Folge sagen.