Auf den ersten Blick wirkt am Samstag eigentlich alles normal im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim: Die Leute sind unterwegs, machen Einkäufe, sitzen in der warmen Oktobersonne vor einem Café und genießen die Sonnenstrahlen. Alles wie immer, könnte man meinen - wäre nicht wenige Meter entfernt einer der Tatorte der tödlichen Messerattacke.
Drogeriemarkt in Oggersheim: Blumen und Kerzen
Vor dem Drogeriemarkt haben Menschen Blumen abgelegt und Kerzen aufgestellt, ein Security-Mann bewacht neuerdings den Eingang. Man spürt – Oggersheim steht unter Schock nach der Bluttat.
Eine Frau erzählt, sie sei in Oggersheim aufgewachsen, habe sich hier immer sicher und geborgen gefühlt. Das sei jetzt vorbei. Sie realisiere immer mehr, was da am Dienstag passiert ist.
Aber nicht nur für sie selbst: "Das ist ein Trauma für unseren ganzen Stadtteil", sagt die Anwohnerin. "Das wird sehr lange dauern, bis es aufgearbeitet ist." Mit ihrer achtjährigen Tochter wohnt sie nur 300 Meter vom Drogeriemarkt entfernt.
Messerangriff: Angreifer tötet zwei Männer und verletzt einen weiteren schwer
Die Polizei hatte den mutmaßlichen Angreifer am Dienstag im Drogeriemarkt gestellt. Ein Beamter schoss auf den 25-jährigen Mann und verletzte ihn schwer. Laut Staatsanwaltschaft soll der 25-Jährige - ein anerkannter Asylbewerber aus Somalia - zuvor zwei Handwerker in einem Wohngebiet in der Nähe unvermittelt mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser angegriffen und getötet haben. Danach floh der Angreifer zu Fuß, so die Polizei, und griff im Drogeriemarkt einen 27-Jährigen mit dem Messer an. Der Mann überlebte schwer verletzt. Das Motiv für die Messerattacke ist bislang völlig unklar.
Getötete waren Zufallsopfer Tödlicher Messerangriff in Ludwigshafen: Tatverdächtiger in Gefängnis verlegt
Der Tatverdächtige im Fall des Messerangriffs mit zwei Toten in Ludwigshafen-Oggersheim soll psychiatrisch untersucht werden. Das haben die Ermittler mitgeteilt.
Anwohnerin in Oggersheim hat Angst ums Kind
Eine Alleinerziehende lebt ganz in der Nähe. Am Dienstag wollte sie sich zuhause mit ihrer Tochter auf den Weg zum Spielplatz machen, als die Nachricht von der Messerattacke per WhatsApp bei ihr ankam. Kann sie die Tochter jetzt noch allein auf den Spielplatz lassen? Die Verunsicherung ist groß, die Angst auch.
Den Müll jedenfalls bringe sie abends nicht mehr raus, wenn es dunkel ist. In ihrem Kopf, erzählt sie, drehen sich die Fragen: "Was wäre, wenn keine Schulferien gewesen wären, was wäre, wenn dein Kind allein unterwegs gewesen wäre? Was wäre, wenn ich an dem Tag im Drogeriemarkt einkaufen gewesen wäre?" Sie glaubt, eine Trauergruppe könne helfen, das Trauma zu verarbeiten - eine für alle Oggersheimer und Oggersheimerinnen.
Eine andere Anwohnerin verlässt gerade den Drogeriemarkt. "Ich habe keine Angst. Es ist nicht so, dass ich mich nicht mehr traue, durch Oggersheim zu laufen! Aber es ist bedrückend, dass sowas von jetzt auf nachher passieren kann", sagt die Frau, die bei einem Pflegedienst arbeitet. "Der junge Mann, der sein Leben verloren hat, war 20, mein Sohn ist 28. Das kann jeden treffen!" Genau das macht die Menschen in Oggersheim so fassungslos.
Trauer am Tatort in der Philipp-Scheidemann-Straße
Nur 500 Meter vom Drogeriemarkt entfernt erinnern Kerzen und Blumen an die beiden Todesopfer, die hier in der Oggersheimer Philipp-Scheidemann-Straße mitten in einem Wohngebiet erstochen wurden. Menschen haben hier seit der Tat dutzende Kerzen aufgestellt und Blumen abgelegt.
Es ist ein Ort der Trauer für Angehörige, Nachbarn, Anwohner und damit für ganz Oggersheim geworden. Hier treffen sich die Menschen: "Es gibt natürlich auch welche, die aggressiv reagieren und sagen: Das ist doch unnötig, dass ihr hier steht! Aber für uns ist das wichtig!", sagt die gelernte Krankenschwester. "Wir trauern mit den Angehörigen. Mehr können wir ja nicht machen. Wir können nur so unsere Trauer ausdrücken."