Mein erster Gedanke war, als ich von dem Trainingscamp in Kusel gehört habe, die lernen da sicherlich welcher Kleber sich am besten zum Festkleben auf einer Straße eignet. Außerdem habe ich damit gerechnet, auf zig Teilnehmer zu treffen, die die Grundlagen zum Widerstand in einem straff organisierten Vortrag erläutert bekommen. Tatsächlich haben sich in dem Hinterzimmer aber gerade einmal eine handvoll Leute getroffen, die bei Tee und Kaffee geplaudert haben.
Micha Frey, ein junger Mann von 24 Jahren, hat den Vortrag gehalten. In dem Zeitabschnitt, in dem Pressevertreter zugelassen waren, sprach die Gruppe unter anderem darüber, wie man sich am besten auf eine Straße setzt um sich beim Wegtragen durch die Polizei nicht zu verletzen. Das wurde dann auch interaktiv mit den Teilnehmern trainiert. Außerdem gab es Tipps für die angehenden Aktivisten, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie beispielsweise von wütenden Autofahrern angeschrien werden, weil die seit Stunden nicht durch die Straßenblockade kommen.
Allerdings war das nur in dem Zeitraum, in dem wir von der Presse dabei sein durften. Wir haben wahrscheinlich das zu sehen bekommen, was die "letzte Generation" transportiert haben wollte. Wir können nur vermuten, ob in den Stunden vorher vielleicht Dinge besprochen wurden, die durchaus auch eine strafrechtliche Relevanz haben könnten, wenn sie umgesetzt werden. Des weiteren darf man sich auch darüber wundern, wer dieser radikalen Gruppierung freiwillig seine Räumlichkeiten für solche Camps vermietet. Da könnte man sich schon die Frage stellen, ob der Vermieter vielleicht mit ihnen sympathisiert?
Warum tun sie, was sie tun?
In dem anschließenden Interview machte der Leiter des Trainings, Micha Frey, unmissverständlich klar, warum die Aktivisten der "letzten Generation" tun, was sie tun. Alle Proteste und Demonstrationen bisher hätten einfach nicht ausgereicht, um den Klimakurs der Politik zu ändern. Deshalb sahen die Aktivisten eigenen Angaben nach keine andere Möglichkeit, als die Suppenwerfaktionen oder Sitzblockaden, die von immer mehr Menschen als extrem störend und anmaßend wahrgenommen werden. Auch nehmen die Aktivisten immer wieder leichtfertig in Kauf, dass durch ihre Aktionen auch Menschen und Gegenstände zu Schaden kommen können.
Weltrettung als Lebensziel
Der junge Mann sprach so eindringlich ins Mikrofon, dass man den Eindruck bekam, sein komplettes Leben drehe sich ausschließlich um die Rettung der Welt. Es sei kein friedliches Weihnachtsfest möglich, sagte er, wenn in Pakistan so viele Menschen wegen des Klimawandels keine Zuflucht mehr haben. Auch Haftstrafen und damit einhergehende Vorstrafen interessieren den jungen Mann offenbar nicht. Denn wenn es in 20 Jahren kein Essen und kein Wasser mehr gibt, wie er sagt, dann würden auch niemanden mehr irgendwelche Vorstrafen jucken.
Klima-Aktivisten "Letzte Generation" RLP-Verfassungsrichter hält Proteste der Bewegung "Letzte Generation" für gerechtfertigt
Viele, vor allem junge Menschen, sind wegen der Klimapolitik frustriert. Sie greifen zu immer radikaleren Protestmitteln auch in Rheinland-Pfalz. Ist das angemessen?
Verblendete Weltsicht
Seine Aussagen erwecken bei mir den Eindruck, dass dieser Mann tatsächlich glaubt, zu den letzten Menschen auf der Welt zu gehören. Dass wenn ER jetzt nichts gegen den Klimawandel unternimmt, dass es morgen schon keine Zukunft mehr für unseren Planeten gibt. Er wirkt in seinen Aussagen auf mich extrem verblendet.
Die anderen Kursteilnehmer wirken dagegen schon eher verhalten. Auf die Straße setzen ja, dafür in den Knast gehen, nee, muss dann doch nicht sein. Die Teilnehmer an dem Kurs sind, wie sie selbst sagen, aus Neugier dazugestoßen, weil sie es nicht mehr ertragen hätten, dem fortschreitenden Klimawandel weiter tatenlos zuzusehen. Ob sie auch bereit wären, an zukünftigen Aktivistenaktionen aktiv teilzunehmen, blieb in den Gesprächen offen.
Aktivistenaktionen sollen ausgeweitet werden
Allerdings hat der Leiter der Camps bereits angekündigt, dass sich im kommenden Jahr die Klimaaktionen der "letzten Generation" weiter über das Bundesgebiet ausbreiten werden und damit auch Regionen betroffen sein werden, die bislang von solchen Aktionen verschont geblieben sind.
Ein Ende der Protestbewegung ist, nach Meinung von Protestforscher Simon Teune von der FU Berlin, auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Erst wenn die Politik ihren Klimaweg radikal ändere, so seine Einschätzung, ließen die Aktionen nach.