Interview zum Thema Lebensmittel retten in Kaiserslautern (Foto: SWR)

Muss das weg oder kann man das noch essen?

Expertin aus Kaiserslautern: So retten sie Lebensmittel

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AUTOR/IN
Johannes Zinßmeister
Bild von Johannes Zinßmeister, Redakteur im SWR Studio Kaiserslautern (Foto: SWR)

Etwa 150 Frauen und Männer retten in Kaiserslautern regelmäßig Lebensmittel. Entweder verbrauchen sie diese selbst oder sie spenden sie. Eine von ihnen ist Christina Mohrbacher.

Christina Mohrbacher ist eine von etwa 150 registrierten Foodsharern in Kaiserslautern (Foto: Christina Mohrbacher)
Christina Mohrbacher aus Kaiserslautern hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lebensmittel vor dem Mülleimer zu retten.

SWR Aktuell: Frau Mohrbacher, sie geben ihr Bestes, keine Lebensmittel in den Müll zu werfen. Sie versuchen alle Produkte, die sie kaufen oder retten zu verbrauchen. Welche Lebensmittel können sie denn retten?

Christina Mohrbacher: Im Grunde können wir (die Lebensmittelretter) alles retten. Wir retten auch Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist oder auch schon zubereitete Speisen. Lebensmittel, die wir nicht retten dürfen, sind die, die schon über dem Verbrauchsdatum liegen. Das erkennt man auf den Verpackungen – da steht dann zum Beispiel drauf: ungeöffnet verbrauchbar bis dann und dann.

SWR Aktuell: Wie funktioniert so eine Lebensmittelrettung denn?

Christina Mohrbacher: Wir, die Lebensmittelretter, haben verschiedene Kooperationspartner, wie beispielsweise Supermärkte, Restaurants, Wochenmärkte oder auch Firmen, bei denen wir regelmäßig Lebensmittel abholen können. Die allererste Grundregel, die bei uns gilt, ist aber: Tafeln first. Wir haben einen Vertrag mit dem Dachverband der Tafeln. Der besagt, dass die Tafel immer als erstes kommt. Die Tafeln dürfen sich ihre Tage aussuchen, an denen sie Lebensmittel abholen wollen. Sie können sich dann die Produkte raussuchen, die sie brauchen. Danach kommen wir, wenn noch etwas übrig ist. Oder wir kommen eben an Tagen, an denen die Tafeln nicht aktiv sind.

SWR Aktuell: Was geschieht dann mit den geretteten Lebensmitteln?

Christina Mohrbacher: Jedes unserer Mitglieder entscheidet selbst, wohin seine geretteten Produkte kommen. Wir haben auch da viele Kooperationspartner und Kooperationspartnerinnen wie zum Beispiel das Frauenhaus oder die Schwester Susanna, die im St. Franziskus Gymnasium für Obdachlose kocht. Außerdem haben wir einen "Fairteiler" im Fairnesskaufhaus Kaiserslautern. Das sind Kühlschrank und Regal. Da bringen wir dann Lebensmittel hin und die Bürgerinnen und Bürger können sich dort dann kostenlos bedienen. Wir dürfen für das gerettete Essen und die Getränke kein Geld nehmen.

SWR Aktuell: Das heißt, die Lebensmittel kommen oft auch bedürftigen Menschen zugute.

Christina Mohrbacher: Ja, aber das ist nicht unser erstes Ziel. In erster Linie sind wir eine ökologische Bildungseinrichtung. Das heißt, dass es uns vor allem darum geht, die Ressourcen wieder zurück in den Kreislauf zu bringen, beziehungsweise die Ressourcenverschwendung zu minimieren. Wir wollen uns nicht anmaßen zu sagen, dass es der eine mehr verdient hat, als der andere. Deswegen darf jeder Lebensmittelretter selbst entscheiden, was er mit den Produkten macht. Trotzdem werden in der Regel auch viele Menschen von uns unterstützt, die nicht so viel Geld haben.

SWR Aktuell: Angenommen, ich würde auch gerne Lebensmittel retten. Was muss ich dafür tun?

Christina Mohrbacher: Sie würden sich dafür bei uns auf www.foodsharing.de registrieren. Da müssen sie dann ein kleines Quiz machen. Dann zeigen wir den Leuten, wie Foodsharing funktioniert. Wir nennen das Probeabholung. Und dann darf man schon für uns mitretten.

SWR Aktuell: Am Wochenende (25. und 26. März) sind sie mit einem Infostand auf der Nachhaltigkeitsmeile bei "Lautern blüht auf". Was erwartet die Besucher da?

Christina Mohrbacher: Wir verteilen kostenlos gerettete Lebensmittel an Bürgerinnen und Bürger. Das sind Lebensmittel mit Schönheitsfehlern oder Produkte, bei denen beispielsweise die Verpackung auf war, diese aber noch zu 100 Prozent verzehrfähig sind. Außerdem kommen wir mit den Leuten ins Gespräch. Das ist wichtig, weil wir ja eine Bildungseinrichtung sind. Mit denen reden wir über Lebensmittelverschwendung und zeigen, wie viele Lebensmittel heute noch im Müll landen. Wir merken nämlich immer wieder, dass viele Leute glauben, dass die Bäckereien und Supermärkte ein Tag alte Brote einfach am nächsten Tag verkaufen oder dass das sogenannte "30 Prozent-Regal" immer leer gekauft wird. Das ist das Regal mit den stark reduzierten Lebensmitteln, die bald ablaufen. Das ist aber oft nicht der Fall. Deswegen ist es für uns auch so wichtig, regelmäßig in Schulen zu sein und mit den Schülerinnen und Schülern über Lebensmittelverschwendung zu sprechen.

SWR Aktuell: Was kann ich denn selbst machen, um weniger Lebensmittel zu verschwenden? Haben sie da einen Tipp?

Christina Mohrbacher: Ja da habe ich sogar viele Tipps. Das fängt schon damit an, saisonal und maßvoll einzukaufen. Da ist es gut, sich Gedanken darüber zu machen, was man die Woche über gerne essen würde und sich dann entsprechend einen Einkaufszettel zu schreiben. Ein anderer Tipp ist, wieder zu lernen, wie man Lebensmittel länger haltbar macht. Wenn man braune Bananen hat, die am nächsten Tag vielleicht nicht mehr genießbar sind, dass man sich am Tag zuvor beispielsweise Bananenbrot daraus backt. Eine andere Möglichkeit ist es, Lebensmittel einzulegen oder zu trocknen. Da gibt es ganz viele Ideen und Beispiele.

Das Interview führte Johannes Zinßmeister

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