Die EU-Kommission hat vorgeschlagen: Menschen allen Alters sollen alle 15 Jahre ihre Führerscheine erneuern müssen, Autofahrende über 70 sogar alle fünf Jahre. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Felix Kästle/dpa | Felix Kästle)

EU lässt Ländern freie Hand

Senioren und der Führerschein - Nein zum Gesundheitscheck in Deutschland

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Ingrid Reitenbach
Susanne Weber
Bild von Susanne Weber, Redakteurin bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz (Foto: SWR)

Sollen Senioren ihren Führerschein ab einem gewissen Alter abgeben? Diese Frage stellt sich immer wieder, gerade nach tödlichen Unfällen. Die EU überlässt diese Frage den Ländern.

Ein 83-jähriger Autofahrer hat in Berlin zwei Menschen mit dem Wagen erfasst, die Fußgängerin sowie ihr Kind kamen dabei ums Leben. Nach dem tödlichen Unfall steht wieder die Frage im Raum: Wie fahrtauglich sind Senioren ab einem gewissen Alter noch im Straßenverkehr? Müssen sie sich regelmäßig prüfen lassen?

EU: Länder entscheiden über Medizinchecks

Über diese Fragen sollen die EU-Länder selbst entscheiden, sagt die Europäische Union. Das EU-Parlament hat Ende Februar beschlossen, dass regelmäßige, verpflichtende Medizinchecks für Autofahrer Ländersache bleiben.

Zuvor hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, dass Autofahrerinnen und Autofahrer ihren Führerschein alle 15 Jahre neu beantragen müssen. Dazu wäre ein medizinischer Test oder eine Selbstauskunft über die eigene Gesundheit notwendig gewesen.

Fehlverhalten im Straßenverkehr im Jahr 2022: Menschen unter und über 65 Jahren. (Foto: SWR, Grafik/Monika Schimmelpfennig)
Fehlverhalten im Straßenverkehr im Jahr 2022: Die Unfallursachen unterscheiden sich bei älteren Menschen von jüngeren - sie sind anteilig aber seltener in Unfälle verstrickt.

Deutschland: Nein zum Medizincheck

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lehnte im Vorfeld die Verpflichtung für Gesundheitstests ab. "Ich halte staatliche Vorgaben, verpflichtende Selbstauskünfte auszufüllen und ärztliche Gutachten zur Fahrtauglichkeit auszustellen, für einen enormen Bürokratieaufwand", sagte Wissing dem "Tagesspiegel". Autofahrer könnten selbst am besten einschätzen, ob sie noch fahren können.

Auch der ADAC lehnt es ab, ältere Autofahrerinnen und -fahrer zu einer amtlichen Überprüfung ihrer Fahreignung zu verpflichten. Zwar könne es mit zunehmendem Alter zu Leistungseinbußen kommen, dennoch sei das Unfallrisiko älterer Autofahrer nicht außergewöhnlich hoch. Freiwillige Fitness-Checks können hingegen dabei helfen, die eigenen Fahrfähigkeiten zu erhalten.

Fahruntüchtig - ja oder nein: Soll der Arzt entscheiden?

Nicht nur mangelnde Fitness, auch gesundheitliche Probleme können das Autofahren erschweren. Neben einem Gesundheitstest wird deshalb auch die Meldepflicht bei bestimmten Erkrankungen diskutiert. Das würde dann bedeuten, dass Ärzte die Fahrerlaubnisbehörde informieren und Patienten dann möglicherweise den Führerschein zeitweise oder für immer abgeben müssten.

Der Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherer, Siegfried Brockmann, sieht die Ärzte in dieser Frage vor einer einsamen Entscheidung. "Das ist vor allem ein Gewissensproblem des Arztes, der leider nicht eine Liste hat, wo er nur reingucken und sagen muss: Das darf ich melden, das darf ich nicht melden. Das ist sehr individuell und ein schmaler Grad manchmal."

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Ältere Menschen vergleichsweise seltener in Unfälle verstrickt

Das Statistische Bundesamt weist in der Unfallstatistik 2022 darauf hin, dass ältere Menschen im Verhältnis seltener in Verkehrsunfälle verstrickt sind als jüngere. 77.700 Menschen ab 65 Jahren waren an Unfällen mit Personenschaden beteiligt, das waren 15,1 % aller Unfallbeteiligten.

Für Rheinland-Pfalz sehen die aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2023 ähnlich aus. Zwar seien Unfälle mit Beteiligung von Senioren 2023 gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent gestiegen, erklärt Volker Weicherding, Koordinator der Verkehrsunfallprävention beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz. Sie lägen aber bemessen an der Gesamtzahl der Unfälle bei rund 21 Prozent. Insgesamt habe es 29.477 Unfälle gegeben, bei denen Senioren entweder als Verursacher oder als Beteiligte dabei waren. Dazu zählen sowohl Unfälle mit dem Auto als auch mit dem Fahrrad. 141.043 Unfälle waren es hingegen 2023 in ganz Rheinland-Pfalz, stellt Weicherding fest.

Keine Altersgrenze beim Führerschein in Deutschland

In Deutschland hat die Fahrerlaubnis für Pkw und Motorräder grundsätzlich kein Verfallsdatum. Einmal bestanden gilt sie ein Leben lang, Ausnahmen gelten nur für Lkw-Fahrer. In Deutschland gibt es kein Gesetz, dass es Senioren verbietet, mit einem Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehr unterwegs zu sein. Weiterhin existieren keine grundsätzlichen Vorschriften, dass Senioren ihren Führerschein ab einem gewissen Alter abgeben oder sich regelmäßig auf ihre Fahrtauglichkeit testen lassen müssen.

Zum Thema Fahreignung gibt es allerdings einen Paragrafen im Straßenverkehrsgesetz (StVG):

Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.

So regeln das andere EU-Länder

In vielen europäischen Nachbarländern sind - im Gegensatz zu Deutschland - regelmäßige Gesundheitschecks für ältere Autofahrer gesetzlich bereits vorgeschrieben. Dabei geht es um körperliche Fitness, Seh- und Hörfähigkeit.

Beispielsweise ist in Spanien der Gesundheitscheck ab 65 Jahren obligatorisch und zwar alle fünf Jahre. In der Schweiz müssen alle Fahrzeuglenker ab 75 Jahren alle zwei Jahre zu einer medizinischen Kontrolle. In Italien gibt der Gesundheitscheck für Senioren ebenfalls alle zwei Jahre durchgeführt, aber erst ab 80 Jahren.

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