Diskussion um Fahrtauglichkeit

Sollten Senioren zum Führerschein-"TÜV"?

Stand
Autor/in
Susanne Weber
Bild von Susanne Weber, Redakteurin bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Immer wieder gibt es Diskussion, ob ältere Autofahrerinnen und Autofahrer den "Lappen" besser abgeben sollten. Wie ist die Rechtslage und was können Angehörige tun?

Ein 90-Jähriger verursacht als Falschfahrer einen schweren Unfall auf der Autobahn, eine betagte Fahrerin kracht gegen ein Hindernis, weil sie Gas und Bremse verwechselt. Solchen und ähnlichen Meldungen folgt regelmäßig die Diskussion, ob Senioren künftig zum "Führerschein-TÜV" müssen - also nachweisen, dass sie noch fahrtauglich sind.

Die EU-Kommission hatte für 2024 eine umfassende Reform geplant, die auch Gesundheitstests für ältere Verkehrsteilnehmer vorgesehen hätte. Das wurde vom Europäischen Parlament im Februar allerdings abgelehnt. Es bleibt also den Mitgliedsstaaten überlassen, ob sie solche Tests, freiwillig oder verpflichtend, einführen wollen. Für Deutschland hat Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) das bereits kategorisch abgelehnt.


Wie ist die Rechtslage in Deutschland?

In Deutschland hat die Fahrerlaubnis für Pkw und Motorräder grundsätzlich kein Verfallsdatum. Einmal bestanden gilt sie ein Leben lang, Ausnahmen gelten nur für Lkw-Fahrer. Und es gibt in Deutschland kein Gesetz, das es Rentnern verbietet, mit einem Kraftfahrzeug im öffentlichen Verkehr unterwegs zu sein. Weiterhin existieren keine grundsätzlichen Vorschriften, dass Senioren ihren Führerschein ab einem gewissen Alter abgeben oder sich regelmäßig auf ihre Fahrtauglichkeit testen lassen müssen.

Zum Thema "Fahreignung" gibt es allerdings einen recht eindeutigen Paragrafen im Straßenverkehrsgesetz (StVG): Dort heißt es:

"Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat."

Wann sollten Ältere besser aufs Autofahren verzichten?

Eins vorweg: Statistisch gesehen sind Senioren keineswegs die schlechteren Autofahrer. Fest steht aber auch, dass Reaktionsvermögen, Seh- und Hörvermögen und die Beweglichkeit im Alter abnehmen. Verschiedene Krankheitsbilder oder die Einnahme von Medikamenten können die Fahrtüchtigkeit ebenfalls einschränken.

Wenn der Hausarzt der Meinung ist, dass ein älterer Mensch aufgrund seiner Krankengeschichte auf das Autofahren verzichten sollte, kann er ein ärztliches Fahrverbot aussprechen. Das ist allerdings eher als Empfehlung zu verstehen und nicht bindend. Ärzte und Ärztinnen sind nicht per se verpflichtet, die Behörden in Kenntnis zu setzen. Also ist Eigenverantwortung angesagt - und die Aufmersamkeit von Angehörigen oder Beifahrern.

Auf welche Warnzeichen sollten Angehörige achten?

Unabhängigkeit auch im Alter ist vielen wichtig. Mit dem eigenen Fahrzeug einkaufen fahren oder Freunde besuchen - gerade im ländlichen Raum wollen viele Senioren auf ihre Mobilität nicht verzichten. Das kann aber schnell dazu führen, dass man die eigene Fahrfähigkeit überschätzt und Defizite nicht sieht. Senioren werden in der Regel eher von Mitfahrern und Angehörigen darauf hingewiesen.

Fahrtraining für Ältere - oder Führerschein abgeben

Ältere davon zu überzeugen, im Zweifel auf den Führerschein zu verzichten oder zumindest die eigenen Fähigkeiten neutral zu überprüfen, ist sicher nicht einfach und erfordert Fingerspitzengefühl.

Helfen kann da ein professionelles Sicherheitstraining, das sich speziell an Ältere richtet. Es gibt zahlreiche Anbieter, die solche Überprüfungen der Fahrtauglichkeit durchführen - etwa der ADAC, ausgewählte Fahrschulen und der TÜV.

Wer beschließt, freiwillig auf das Autofahren zu verzichten, kann seinen Führerschein bei der zuständigen Behörde abgeben. Einige Kommunen bieten Älteren als Anreiz - zumindest temporär - kostenlose Nutzung des ÖPNV an.

Wie sind die Regeln in anderen EU-Ländern?

In vielen europäischen Nachbarländern sind - im Gegensatz zu Deutschland - regelmäßige Gesundheitschecks für ältere Autofahrer gesetzlich vorgeschrieben.

In der Schweiz sind alle Fahrzeuglenker im Alter von 75 Jahren und mehr alle zwei Jahre zu einer medizinischen Kontrolle (Prüfung der Fahrtüchtigkeit) bei ihrem Hausarzt verpflichtet.

Auch in den Niederlanden gibt es eine Attest-Pflicht. Die gilt auch ab 75, allerdings wird hier nur alle fünf Jahre gecheckt, ob man noch fit genug ist, ein Auto zu fahren. Autofahrer in Dänemark müssen ab 80 jährlich zum Test.

In Italien müssen Menschen unter 50 alle zehn Jahre zur Kontrolle. Ab dem 50. Lebensjahr werden die Intervalle kürzer - dann muss man alle fünf Jahre den Führerschein verlängern, ab 70 alle drei Jahre und ab 80 dann alle zwei Jahre. In Spanien ist der Gesundheitstest ab 65 Jahren obligatorisch und zwar alle fünf Jahre.

Portugal ordnet einen Test bereits ab 50 Jahren an, zunächst alle fünf Jahre. Ab 70 beträgt die Frist zwei Jahre. Auch Tschechien verpflichtet bereits 60-Jährige, sich alle fünf Jahre überprüfen zu lassen, danach werden die Intervalle mit zunehmendem Alter kürzer.

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