Symbol der Solidarität - die rote AIDS-Schleife (Foto: dpa Bildfunk, picture-alliance / dpa/dpaweb | Patrick_Seeger)

"Leben mit HIV: Anders als du denkst"

Welt-AIDS-Tag 2023: Die neuesten Daten und Fakten

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Menschen mit HIV können heute leben wie alle anderen auch. Aber immer noch gibt es Unwissenheit und Vorurteile. Am 1. Dezember ist wieder Welt-AIDS-Tag. Wie ist die Situation in RLP?

"Leben mit HIV. Anders als du denkst". So lautet das Motto der diesjährigen Kampagne zum Welt-AIDS-Tag 2023 am 1. Dezember. Dabei soll nach Angaben der Initiatoren deutlich werden, dass mittlerweile ein entspanntes und respektvolles Zusammenleben von Menschen mit und ohne HIV möglich ist. Dazu geben AIDS-kranke Menschen Einblicke in ihr Leben.

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Wie hat sich die Zahl der Infektionen in Rheinland-Pfalz entwickelt und wie kann man sich vor einer Infektion schützen? Können mit HIV infizierte Personen geheilt werden und warum gibt es noch keine Schutzimpfung? Diese Fragen wollen wir in diesem FAQ beantworten.

Warum brauchen wir einen Welt-AIDS-Tag?

Der 1. Dezember ist dazu da, den Fokus gezielt auf AIDS zu richten und die Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Schließlich werden mit HIV infizierte Menschen oft noch ausgegrenzt oder diskriminiert. Die Weltgesundheitsorganisation WHO rief im Jahr 1988 den ersten Welt-AIDS-Tag ins Leben. Auf der ganzen Welt erinnern dann Organisationen an das Thema AIDS und bringen es wieder ins Bewusstsein.

Und so hat das damalige SWF Fernsehen vor genau 31 Jahren über den Welt-AIDS-Tag berichtet, am 1.12.1992.

Was genau ist AIDS?

AIDS steht für "Acquired Immune Deficiency Syndrome", was so viel wie "Erworbenes Immunschwächesyndrom" bedeutet. Wer AIDS hat, leidet also unter einem Immundefekt. Menschen mit AIDS erkranken häufig an Lungenentzündungen und Pilzerkrankungen. Zum ersten Mal diagnostiziert wurde AIDS im Jahr 1981. Unbehandelt ist AIDS meist tödlich.

Was ist HIV?

HIV ist ein Virus, das "Human Immunodeficiency Virus". Eine Infektion mit diesem Virus schädigt oder zerstört bestimmte Zellen der Immunabwehr. Es macht so den Körper anfällig für Erkrankungen, die bei Menschen, die dieses Virus nicht haben, in der Regel eher unproblematisch verlaufen. Wenn AIDS also die Krankheit ist, ist HIV das Virus, das sie auslöst. Wer das HI-Virus in sich trägt, muss aber nicht zwangsläufig sofort an AIDS erkranken.

Symbol für Kampf gegen Aids: Rote Schleifen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Jens Kalaene/dpa-Zentralbild/dpa | Jens Kalaene)
Die rote Schleife ist das Symbol der Soldiarität mit HIV-Infizierten und AIDS-Kranken.

Wie viele Menschen in Deutschland haben HIV?

Das Robert Koch-Institut (RKI) meldet für das Jahr 2022 insgesamt 3.239 Neudiagnosen mit dem HI-Virus in Deutschland, ein Anstieg von 43 Prozent gegenüber 2021. Damals hatte es 1.800 Neudiagnosen gegeben. Das war allerdings noch Corona-Hochzeit und viele Menschen hielten sich gezwungenermaßen oder auch freiwillig bei ihren sozialen Kontakten zurück. Möglicherweise erklären sich die niedrigeren Zahlen mit diesem Umstand.

724 Neudiagnosen entfielen in 2022 zudem auf Geflüchtete aus der Ukraine, die aber möglicherweise schon in ihrer Heimat als infiziert erfasst wurden. 2.236 Betroffene waren männlich, 997 weiblich. Dies bestätigt die Tendenz, dass vor allem Männer sich mit dem HI-Virus infizieren. Die Gesamtzahl der bekannten Infektionen liegt damit in Deutschland bei rund 94.000.

Spitzenwerte erreichten die jährlichen Neuinfektionen in den 1980er Jahren - mit Werten von teils mehr als 5.000. Danach waren die Zahlen bis Ende der 1990er deutlich gesunken. Es kam dann jedoch zu einem Wiederanstieg bis zirka 2007, danach stagnierten die Werte einige Zeit bei um 2.500.

Welche Zahlen gibt es für Rheinland-Pfalz?

Für Rheinland-Pfalz gibt das RKI die angenommene Zahl der HIV-Neuinfektionen im Jahr 2022 mit 252 an, im Jahr 2021 waren es 60. Insgesamt gab es 2022 geschätzte 2.346 Menschen in Rheinland-Pfalz mit HIV. Wie im Bund gilt, die meisten Betroffenen sind männlich.

Ungeschützte Sexualkontakte sind der häufigste Übertragungsweg. Übertragungen von HIV im Rahmen der Schwangerschaft, durch intravenösen Drogengebrauch oder berufliche Exposition sind ebenfalls möglich.

Wie stecke ich mich mit dem HI-Virus an?

Übertragen wird das Virus durch Körperflüssigkeiten, vor allem beim Geschlechtsverkehr. Aber auch über Spritzen beim Drogenkonsum, also durch HIV-infiziertes Blut. "Ungeschützte Sexualkontakte sind der häufigste Übertragungsweg. Übertragungen von HIV im Rahmen der Schwangerschaft, durch intravenösen Drogengebrauch oder berufliche Exposition sind ebenfalls möglich", sagt Daniel Grimm von der Universitätsmedizin Mainz. Wer beruflich mit Körperflüssigkeiten wie Blut zu tun hat - zum Beispiel im Gesundheitswesen - hat theoretisch ebenfalls ein höheres Risiko, sich mit HIV anzustecken. Relativ unkritisch sind dagegen Tränen, Schweiß oder Speichel. Hier reicht die Konzentration für eine Ansteckung nicht aus.

Wie schütze ich mich vor HIV?

Der sicherste Weg, sich beim Sex vor HIV zu schützen, sind immer noch Kondome. Es gibt mittlerweile aber auch Medikamente, die gesunde Menschen nach einem Risikokontakt vor einer Infektion schützen. Die sogenannte Post-Expositionsprophylaxe verhindert, dass AIDS ausbricht. Die Prä-Expositionsprophylaxe, kurz PrEP wird dagegen vorsorglich eingenommen. Gesunde Sexualpartnerinnen und -partner von möglicherweise ansteckenden Menschen können sich so schützen.

Erklärgrafik zur Präexpositionsprophylaxe (Foto: SWR)
Was bei der Einnahme von "PrEP" beachtet werden muss.

Wer Spritzen - aus welchen Gründen auch immer - benutzt, sollte diese nicht mit anderen teilen. Bei werdenden Müttern mit HIV kann eine spezielle Therapie verhindern, dass das Virus bei der Geburt auf das Kind übertragen wird.

Woher weiß ich, ob ich HIV habe?

Wer ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte oder sonst einer Risikosituation ausgesetzt war, kann einen HIV-Test machen. In Deutschland bieten viele Gesundheitsämter anonyme und kostenlose Tests an. Auch bei Ärzten und einigen AIDS-Hilfen kann man sich testen lassen.

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Selbststests aus der Apotheke oder dem Internet können erst zwölf Wochen nach einer möglichen Infektion durchgeführt werden. Schlägt der Test positiv an, sollte man sich die Diagnose aber noch mal durch einen Arzt absichern lassen.

Ist eine Infektion mit HIV heilbar?

Eine Infektion mit HIV ist auch nach jahrelanger Forschung noch immer nicht heilbar. Und auch eine Impfung, die vor einer Ansteckung schützt, gibt es noch nicht. Ein Grund hierfür ist, dass das HI-Virus eine sehr hohe Mutationsrate hat. Auch ist die Oberfläche des HI-Virus anders aufgebaut als die Oberfläche zum Beispiel des Coronavirus: Es gibt weniger "Andockstellen" für Antikörper. Was es aber gibt, sind Behandlungsmöglichkeiten. Etwa mit Medikamenten, die verhindern, dass sich die HI-Viren immer weiter ausbreiten. "Inzwischen stehen uns eine Vielzahl sogenannter antiretroviraler Wirkstoffe zur Verfügung. Nach entsprechender Beratung entscheiden wir mit den Betroffenen gemeinsam, welches Therapiekonzept zur individuellen Situation passt", erklärt Grimm. Außerdem gebe es auch noch die Möglichkeit einer Therapie mit Depotspritzen, die alle zwei Monate verabreicht werden. Damit entfalle laut Grimm die tägliche Tabletteneinnahme.

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Gegen das neue Coronavirus wurden in Rekordzeit gleich mehrere vielversprechende Impfstoffe entwickelt. Warum gibt es gegen HIV auch nach mehr als 40 Jahren noch keinen?

HIV-positive Menschen können damit oft gut leben und sind nicht ansteckend. Allerdings sind regelmäßige Arztbesuche nötig, damit die Medikamente richtig eingestellt sind. Denn ihre Wirkung kann nachlassen oder es können sich Unverträglichkeiten entwickeln. Dr. Daniel Grimm von der Universitätsmedizin Mainz rechnet in den nächsten Jahren mit weiteren Fortschritten. "Hier sind langwirksame Wirkstoffe zu nennen, die nicht mehr täglich eingenommen werden müssen. Zudem werden auch im Bereich der Depotpräparate vielversprechende Ansätze verfolgt", so der Oberarzt zum SWR.

Die meisten Menschen mit HIV, die in ärztlicher Behandlung sind, können heute lange Zeit mit dem Virus leben, ohne an AIDS zu erkranken. 

Was hat es mit der roten Schleife auf sich?

Seit Anfang der 1990er Jahre ist die rote AIDS-Schleife auf der ganzen Welt das Symbol für die Solidarität mit HIV-Infizierten und AIDS-Kranken. Wer sie trägt, setzt damit ein klares Zeichen der Anteilnahme. Vorbild für die rote Schleife war die gelbe Schleife, die erstmals während der Geiselnahme von Teheran und zur Begrüßung der befreiten amerikanischen Geiseln verwendet wurde.

Übrigens: Die vermutlich längste AIDS-Schleife der Welt wurde am 1. Dezember 2013 um den Regensburger Dom gewickelt. An dem 1,5 Kilometer langen Schal aus roter Wolle hatten mehr als 500 Menschen gestrickt.

AIDS-Kampagne zur Aufklärung in den 1980er-Jahren

picture alliance  dpa | Daniel Karmann (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Mit diesem Slogan versuchte eine AIDS-Kampagne aus den späten 1980ern auf die Krankheit aufmerksam zu machen.

Als Reaktion auf die Entdeckung von AIDS rief die Bundesregierung Ende der 1980er-Jahre die Aufklärungskampagne "Gib AIDS keine Chance" ins Leben. Plakate und TV-Spots klärten auf und gingen gegen Scham und Informationsdefizite an - oft mit viel Humor. Kult-Status erreichte ein Spot mit Hella von Sinnen und Ingolf Lück. Der Spruch: "Tina, was kosten die Kondome?" verbinden heute noch viele mit der Kampagne.

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Rheinland-Pfalz

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SWR