Die SPD hat die Landtagswahl in Brandenburg gewonnen. Parteichefin Saskia Esken sieht jedoch das hohe Ergebnis der AfD mit Sorge und ergänzt, man werde dagegen kämpfen.
"Wir werden das Erstarken dieser Partei niemals hinnehmen", sagt Esken im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderator Jonathan Hadem. Das gute Abschneiden der AfD bei den jungen Menschen bewertet sie als Weckruf, dass diese von Politik und Staat nicht wahrgenommen würden. Esken versprach, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und auch "Kritik ernst zu nehmen, auch wenn diese manchmal schmerzt".
Brandenburg steht vor einer schwierigen Regierungsbildung. SPD und CDU haben zusammen keine absolute Mehrheit im Landtag in Potsdam.
SWR Aktuell: Wenn Sie die Meinung ihrer Wählerinnen und Wähler in Brandenburg anschauen - inwiefern ist dieser Wahlsieg in Potsdam gleichzeitig auch eine Niederlage für die SPD in Berlin?
Saskia Esken: Das ist erstmal ein Wahlsieg für Dietmar Woidke und seine Landes-SPD. Die haben hart gekämpft und eine fulminante Aufholjagd hingelegt. Deswegen feiern die heute zu Recht. Und dann haben sie die schwierige Aufgabe, eine Landesregierung zu bilden.
SWR Aktuell: Trotzdem haben viele Menschen in Brandenburg die SPD nicht wegen ihrer Inhalte gewählt, sondern um die AfD zu verhindern. Das ist doch eigentlich ein Armutszeugnis.
Esken: Die SPD hat in Brandenburg eine Regierung angeführt, die sehr viel Erfolg gehabt hat. Die haben entgegen dem Trend in Deutschland ein starkes Wirtschaftswachstum hinlegen können. Die Einkommen sind gestiegen. Da wird gute Politik gemacht. Wir sind sehr froh und Brandenburg kann sehr froh sein, eine sozialdemokratisch geführte Landesregierung zu haben, die genau in diesem Sinne Verantwortung übernimmt, damit das Leben der Menschen besser wird. Das wird die SPD auch weiterhin tun, auch wenn die Regierungsbildung nicht einfach wird.
SWR Aktuell: Die wird nicht einfach, weil das BSW in irgendeiner Form mitspielen wird. Wie zuversichtlich sind Sie, dass eine Koalition zustandekommt?
Esken: Ich bin sehr zuversichtlich, weil Dietmar Woidke es gewohnt ist, nicht einfache Koalitionen zu führen. Auch mit der Kenia-Koalition (Anm.d.Red: Koalition aus SPD, CDU und Grünen) ist es ihm gelungen, geräuschlos und effizient zu regieren. Das ist etwas, was man von der SPD geführten Regierung im Bund gerne erwarten würde und es gelingt nicht oft - aber schon hin und wieder. Das muss man auch sagen.
SWR Aktuell: Olaf Scholz hat sich aus dem Wahlkampf in Brandenburg weitestgehend herausgehalten - er wurde auch herausgehalten. Stärkt dieser SPD-Sieg Scholz parteiintern oder zeigt das Ergebnis, dass Sie mit anderem Spitzenpersonal wahrscheinlich bessere Ergebnisse erzielen würden?
Esken: Die SPD hat gestern und in den vergangenen Wochen in Brandenburg gezeigt, dass sie kämpfen und aufholen kann. Das haben wir vor drei Jahren auch im Bund gezeigt. Wir haben uns ausgehend von einer schlechten Situation herausgekämpft. Wir wissen: Die SPD kann kämpfen, sie muss kämpfen und sie wird kämpfen.
SWR Aktuell: Noch hat die SPD Olaf Scholz nicht offiziell als Kanzlerkandidaten nominiert. Wann wird darüber entschieden und gibt es auch die Möglichkeit, dass andere Kandidaten ins Rennen gehen könnten?
Esken: Für uns ist ganz klar, dass wir mit einem starken Kanzler und einem starken Kanzlerkandidaten in dieses Rennen gehen werden: Das ist Olaf Scholz. Das machen wir gemeinsam. Wir haben die letzte Wahl gemeinsam gewonnen und wir wollen auch die nächste Wahl gemeinsam gewinnen. Die SPD hält an dieser Stelle zusammen und weiß auch, ihre Pfunde gut einzusetzen.
SWR Aktuell: Wenn man die Wahl in Brandenburg nach Altersgruppen analysiert, sieht man, dass die SPD bei den über 70-Jährigen die meisten Stimmen geholt hat. Bei den 16- bis 24-Jährigen liegt die AfD deutlich vorn. Wie wollen Sie die jungen Wähler zurückgewinnen?
Esken: Das ist ein schweres Manko dieses Wahlergebnisses. Wir blicken mit einem großen Schmerz auf ein erneut hohes Ergebnis der rechtsextremen AfD. Wir werden das Erstarken dieser Partei niemals hinnehmen und weiter um unsere Demokratie und um den Zusammenhalt in unserem Land kämpfen.
Die AfD nutzt eine Spaltung in der Gesellschaft aus - dass die Menschen von den vielen Krisen erschöpft und veränderungsmüde sind, und dass gerade junge Menschen große Sorgen um ihre Zukunft haben. Sie fühlen sich von Politik und Staat nicht wahrgenommen. Da müssen wir ran, dass in diese Lücke die AfD springt und den Eindruck vermittelt, sie habe etwas zu bieten. Doch wenn man in die Programmatik schaut und ihren Spitzenkandidaten zuhört, dann sieht man, dass sie nichts zu bieten haben außer Hass und Hetze. Dagegen müssen wir uns stellen. Da haben wir viel zu tun, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, zuzuhören, ihre Sorgen und Nöte auch ernst zu nehmen, auch ihre Kritik ernst zu nehmen - auch wenn sie manchmal schmerzt.