Donald Trump, ehemaliger US-Präsident und Bewerber um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner, spricht bei einer Vorwahlparty (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/AP | Alex Brandon)

Die Welt in einem Jahr

Meinung: März 2024 – eine glückliche Zeit

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Stefan Giese
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So schlecht ist die Lage im Moment gar nicht – zumindest nicht, wenn man sie von der Zukunft aus betrachtet, meint Stefan Giese.

Wenn wir uns in einem Jahr an den März 2024 erinnern, werden wir denken: Ach, was waren das für glückliche Zeiten! Vergleichsweise unbeschwerte Tage mit beherrschbar erscheinenden Problemen und offenen Weichenstellungen. Aus, vorbei, lange her.

Vom netten Kerl zum Horrorclown

Man erinnere sich: Im Weißen Haus saß im März 2024 ein alter Mann namens Joe Biden, der zwar den Eindruck, zunehmend senil zu sein, nie richtig widerlegen konnte, aber im Grunde ein guter Kerl war. Jetzt, ein Jahr später, dagegen haben wir es wieder mit Donald Trump zu tun. Auch er alt und offenkundig nicht ganz Herr seiner Sinne – doch noch dazu ein polternder Horrorclown mit bemerkenswerten Charakterschwächen.

Glückliche Selbstblockade

Und in Berlin hatten wir es vor einem Jahr noch mit dieser vollkommen zerstrittenen Ampelregierung zu tun. Sie unfähig zu nennen wäre eine reine Beschönigung. Die damals kursierende Namensliste von Politikern und Politikerinnen der Union, die bereit wären, in die Bundesregierung einzutreten, wenn die Ampelkoalition platzt, hat uns nicht viel mehr als ein müdes Lächeln gekostet. Und jetzt, ein Jahr später? Lastet wieder einmal eine Große Koalition wie ein Mühlstein auf den Schultern des Landes. Julia Klöckner als Familienministerin und Alexander Dobrindt als Finanzminister sind die Aushängeschilder einer glücklich sich selbstblockierenden Bundesregierung, die nichts will und nichts macht.

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Eine Meinung von Stefan Giese

Gestern Ukraine, heute Baltikum

Und das zu einem Zeitpunkt, an dem die siegestrunkene russische Armee an der polnischen Ostgrenze steht, und Wladimir Putin den „nazistischen“ Regierungen des Baltikums ankündigt, der ach so drangsalierten russischen Minderheit in ihren Ländern zu Hilfe zu eilen. Da wünscht man sich doch die Zeiten zurück, als man sich in Deutschland noch mit Vorliebe der Frage widmete, welche Waffen man der Ukraine in ihrem letztlich erfolglosen Abwehrkampf gegen Russlands Größenwahn verweigern soll.

Dauerstreik bei der Bahn

Und erinnern Sie sich noch an den Lokführerstreik vor einem Jahr? Großer Aufreger damals! Verzweifelte Pendler, ein Gewerkschaftsführer mit historischer Mission und ein Bahnvorstand, der sich ohne ersichtlichen Grund mit Boni und Gehaltssteigerungen die eigenen Taschen vollstopft. Da dachten wir noch, ach, das geht vorbei. Die einigen sich schon irgendwann und dann rollt die Bahn wieder. Heute wissen wir es besser. An die Stelle der Lokführer sind Brücken, Weichen und Gleise getreten. Die „streiken“ aus Altersgründen jetzt dauerhaft.

Tagesgespräch Friedrich Merz: CDU muss Antworten auf Krisen und Herausforderungen geben

Im Jahr 2007 hat die CDU zum letzten Mal schriftlich festgelegt, wo sie politisch steht. Jetzt, im Wahljahr 2024 braucht die Partei unter Friedrich Merz eine neue Verortung. Auf sechs Konferenzen soll über ein neues Grundsatzprogramm diskutiert werden. Titel: "In Freiheit leben. Deutschland sicher in die Zukunft führen" Im SWR2 Tagesgespräch hat CDU-Chef Merz darauf hingewiesen, dass die Welt derzeit eine Häufung von Krisen durchlebe: "Insofern müssen wir auf diese ganzen Fragen auch Antworten geben." So spreche sich die CDU "ohne Wenn und Aber" dafür aus, "dass Deutschland ein Einwanderungsland ist." Allerdings gebe es ein Problem mit illegaler Migration, sowie mit Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen. "Wir müssen aufpassen, dass wir unser Land nicht überfordern. Deshalb wollen wir eine gemeinsame Asyl- und Flüchtlingspolitik. Wir wollen stärkere Kontrollen der Außengrenzen." Eine Möglichkeit, diese Kontrollen durchzusetzen, sei "die Unterbringung von Flüchtlingen in Drittstaaten. So wie Italien ein Abkommen mit Albanien geschlossen hat und die Briten mit Ruanda." Dabei müsse darauf geachtet werden, dass die Versorgung und Unterbringung "nach den Standards und rechtlichen Grundlagen vollzogen werden, die bei uns gelten."

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