WikiLeaks-Gründer Julian Assange steht an einem Fenster der ecuadorianischen Botschaft. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/PA Wire | Dominic Lipinski)

Groß-Leaker Assange vor Londoner Gericht

Meinung: Julian Assange, der moderne Martin Luther

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Martin Rupps
Martin Rupps (Foto: SWR, SWR/Kristina Schäfer)

Julian Assange wird davonkommen so wie einst Martin Luther, meint Martin Rupps. Assange ist der Luther im digitalen Zeitalter.

Groß-Leaker Julian Assange kämpft vor einem Gericht in London gegen seine Auslieferung an die USA. Dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Ich frage mich, weshalb der Mann noch immer wechselnde Gerichte beschäftigt und sein Schicksal Menschen rund um den Globus bewegt.

Wie Amnesty International auf den Fall Assange blickt, erklärt der stellvertretende Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation, Christian Mihr, im Gespräch mit SWR Aktuell-Moderatorin Marie Gediehn:

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Für mich ist Julian Assange ein moderner Martin Luther. Der Luther im digitalen Zeitalter. Luther und Assange haben die jeweils bestehende Ordnung erschüttert – der Mönch mit seinen Thesen gegen das Papsttum, der Journalist als „Verräter“ geheimer US-Dokumente über Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan. Der eine widersetzt sich einer kirchlichen, der andere einer politischen Autorität. Ihre Motive sind idealistisch. Mit wachsender Aggressivität kämpfen sie für eine bessere, weil offenere Gesellschaft.

Martin Rupps (Foto: SWR, SWR/Kristina Schäfer)
Die Meinung von Martin Rupps

Julian Assange steht am Dienstag und Mittwoch vor dem Londoner High Court so wie Martin Luther am 17. und 18. April 1521 vor Kaiser Karl V. auf dem Reichstag zu Worms. Der eine wie der andere trifft jeweils auf einen Mittler, nicht auf den Hauptfeind selbst. Die Hauptfeinde, der Papst und die US-Administration, erwarten schon sehnlichst ihre Auslieferung. Die ist keinesfalls ausgemacht. Denn Martin Luther und Julian Assange haben nicht nur Gegner, sondern auch Unterstützer mobilisiert. Politische, juristische, moralische Argumente gehen munter durcheinander.

Martin Luther bleibt der Ketzer-Tod auf dem Scheiterhaufen bekanntlich erspart. Er muss noch eine Weile abtauchen auf der Wartburg und ist dann ein freier Mann. Und Julian Assange? Ich tippe darauf, dass er weiter in britischer Haft bleibt, aber letztlich davonkommen wird. So wie Martin Luther. Die „Wartburg“ von Julian Assange steht irgendwo im fernen Australien.

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