Das Christentum verliert in Deutschland zunehmend an Bedeutung und gesellschaftlichem Einfluss. Insbesondere die katholische Kirche steht massiv in der Kritik. Das hat auch in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz dazu geführt, dass immer mehr Menschen den Kirchen den Rücken kehren. In den bundesweiten Mitgliederzahlen schlägt sich die Entwicklung ebenfalls nieder: Während 2010 noch 68,7 Prozent aller Bürger und Bürgerinnen in Deutschland (auf dem Papier) dem Christentum angehörten, waren es 2020 schon 2,7 Prozent weniger (also 66 Prozent).
Und diese Entwicklung setzt sich fort. 2022 sind gut 380.000 Menschen aus der evangelischen Kirche ausgetreten, das war fast ein Drittel mehr als im Jahr davor. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz veröffentlicht ihre Zahlen für 2022 erst in diesem Sommer. Im Jahr 2021 war die Zahl der Kirchenaustritte mit knapp 360.000 auf einen Rekordwert gestiegen.
Prognose für 2050
Für das Jahr 2050 prognostiziert das "Pew Research Center", ein US-amerikanisches Meinungsforschungsinstitut, dass noch 59,3 Prozent der Bevölkerung Deutschlands Christen sein werden - während zum Beispiel der Anteil muslimischer Bürgerinnen und Bürger laut Prognose langsam, aber kontinuierlich steigen wird. Die derzeit am schnellsten wachsende Gruppierung ist allerdings ganz eindeutig: die der Konfessionslosen.
Feiertage ohne religiösen Hintergrund?
Längst hat die Debatte die Mitte der Gesellschaft erreicht: Wieso sollten religiöse Feiertage für alle Menschen gelten, wieso nicht stattdessen andere Tage von gesellschaftlicher Bedeutung zu gesetzlichen Feiertagen werden? Und was ist eigentlich mit den Feiertagen andersgläubiger Menschen, die genauso Teil der Gesellschaft sind? Sollte sich am Ende gar jeder selbst aussuchen dürfen, wie er sein "Feiertagskontingent" verteilen möchte? Das würde auch die Tatsache ausgleichen, dass es in den katholisch geprägten Bundesländern mehr Feiertage gibt.
Wie ein Tag zum gesetzlichen Feiertag wird
Zum gesetzlichen Feiertag wird ein Tag dann, wenn ein Bundesland dies in einem Abstimmungsverfahren beschließt. Die Regelungen, die für die jeweiligen Feiertage gelten, sind im Gesetz über die Sonntage und Feiertage im Feiertagsgesetz auf Landesebene festgelegt. Feiertage, die vom Bund oder den Ländern bestimmt wurden, können von ihnen auch wieder abgeschafft werden.
Der Tag der Deutschen Einheit, der einzige Feiertag, der vom Bund für alle Länder festgelegt wurde, ist ein nicht-beweglicher Feiertag. Er wird unabhängig vom Wochentag gefeiert, Jahr für Jahr am selben Datum. Bewegliche Feiertage wiederholen sich genau wie nicht-bewegliche Feiertage, sind aber nicht an ein festes Datum gebunden. Sie haben meist einen Bezug zum Kirchenjahr: So finden Fronleichnam und Pfingsten immer im selben Abstand zu Ostern statt.
Für viele Menschen sind Feste wie Weihnachten und Ostern längst nicht primär von religiöser, sondern eher von kultureller Bedeutung. Sie sind also Teil ihrer Identität, wecken Erinnerungen an Familientreffen und die Kindheit. Ihre "Berechtigung" als gesetzliche Feiertage ergibt sich heutzutage auch daraus, dass sie historisch ebenso gewachsen sind. Nur wandelt sich die Gesellschaft, und wenn über Weihnachten alle mit ihrer Familie feiern können - wieso sollte das dann nicht für alle Religionsgemeinschaften möglich sein?
Verschiedene Ausnahmen und Lösungen in den Bundesländern
Für eine Beurlaubung an einem islamischen oder jüdischen Feiertag können Schüler und Schülerinnen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einen schriftlichen Antrag stellen, wenn sie diese Feste feiern möchten, ohne nebenbei im Alltag verhaftet zu bleiben. Außerdem haben die Länder Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz beide Gesetze über ihre Verträge mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs bzw. mit den jüdischen Gemeinden von Rheinland-Pfalz erlassen. Sieben jüdische Feiertage sind somit kirchlichen Feiertagen gleichgestellt, darunter etwa der Versöhnungstag Jom Kippur oder das Laubhüttenfest (Sukkot). Viele andere Bundesländer machen diese Ausnahmen ebenfalls.
Welche Feiertage sind uns wichtig?
Es stellt sich aber nicht nur die Frage, ob bei der Vergabe von gesetzlichen Feiertagen nicht auch die wichtigen Feste anderer Glaubensrichtungen, die genauso Teil der deutschen Gesellschaft sind, berücksichtigt werden sollten. So machte zum Beispiel 2019 das Berliner Abgeordnetenhaus den 8. März, den Internationalen Frauentag, zum gesetzlichen und damit arbeitsfreien Feiertag in Berlin. 2023 folgte Mecklenburg-Vorpommern. In Thüringen ist seit 2019 der Weltkindertag am 20. September ein Feiertag.
Andere Bundesländer könnten diesem Beispiel folgen, und Feiertage, die keine religiöse Bedeutung haben, aber eben eine gesellschaftliche, in ihrem Landesgesetz verankern - auch, um die Werte, für die sie stehen, zu honorieren. Und auch, wenn heute viele Menschen nur noch auf dem Papier christlich sind: Feiertage sind und bleiben wichtig für die Gesellschaft, weil sie eine soziale Funktion erfüllen und die Gemeinschaft fördern.
Die Abstimmung ist bereits beendet.
Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.