Zweimal im Jahr werden in der EU die Uhren umgestellt. Daran wird sich so schnell wohl auch nichts ändern. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert)

EU-Beschluss nicht umgesetzt

Winterzeit - darum stellen wir die Uhr noch immer um

Stand
ONLINEFASSUNG
Rafaela Rübsamen
SWR Aktuell, Logo (Foto: SWR, SWR)

Seit Jahren sollte mit der Zeitumstellung Schluss sein, aber noch immer stellen wir brav zweimal im Jahr die Uhren um. SWR-Korrespondent Stephan Ueberbach in Brüssel erklärt, wo das Problem liegt.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wieder von Sommerzeit auf Winterzeit gewechselt. Eingeführt wurde das Prozedere letztmalig 1980, um Energie zu sparen. 2018 wurden die EU-Bürger und -Bürgerinnen befragt und die Mehrheit der Teilnehmenden sprach sich für eine Abschaffung der Zeitumstellung aus. Seitdem ist aber nichts passiert.

SWR Aktuell: Schon 2018 hat die EU angekündigt, die Zeitumstellung im Frühjahr und im Herbst abzuschaffen sowie eine einheitliche Zeitzone zu schaffen. Warum ist bis heute nichts passiert?

Stephan Ueberbach: Weil die Sache komplizierter ist als gedacht. Die EU-Kommission und das Europaparlament haben nämlich damals die Mitgliedsstaaten aufgefordert, sich in Absprache mit ihren Nachbarn entweder für dauerhafte Sommer- oder Normalzeit zu entscheiden. Und ab dem Zeitpunkt begannen die Probleme: Manche Länder sind nämlich für die ewige Sommerzeit, andere wollen lieber die Winterzeit, die meisten haben sich noch nicht entschieden. Außerdem gibt es Länder wie Portugal oder Griechenland, die gar nichts ändern wollen.

Es droht also das Ende der großen gemeinsamen Zeitzone zwischen Spanien und Polen. Und einen kleinteiligen Flickenteppich will keiner, weil das zu gewaltigen Problemen führen würde. Für Grenzpendler zum Beispiel, für die Bahn oder für Fluggesellschaften. Die EU-Länder haben sich deshalb schon seit 2019 nicht mehr mit dem Thema beschäftigt. Man könnte es auch so sagen: Der damalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wollte sich kurz vor der Europawahl 2019 besonders bürgernah zeigen, hat aber die Umsetzung seiner Idee den Mitgliedsstaaten vor die Füße gekippt - und da liegt sie bis heute.

Video herunterladen (51,5 MB | MP4)

SWR Aktuell: Die Deutschen haben sich bei einer Umfrage ja mehrheitlich für eine durchgängige Sommerzeit ausgesprochen. Was würde dies konkret für Länder weit im Osten wie Polen und weit im Westen wie Spanien bedeuten?

Bei ewiger Sommerzeit würde es in Bilbao an der spanischen Atlantikküste im Winter erst um kurz vor zehn Uhr am Vormittag hell.

Ueberbach: Das hätte zur Folge, dass es dann zum Beispiel in Warschau, in Polen und in anderen Ländern im Osten von Europa im Winter nicht mehr ganz so früh dunkel wird wie jetzt, die würden also profitieren. Aber: Bei ewiger Sommerzeit würde es in Bilbao an der spanischen Atlantikküste im Winter erst um kurz vor zehn Uhr am Vormittag hell, hier in Brüssel um halb zehn, das heißt, weite Teile von Westeuropa würden morgens deutlich länger im Dunkeln sitzen. Was ich für den Weg zur Arbeit oder in die Schule ziemlich schwierig finde.

Zu diesen Uhrzeiten würde die Sonne im Winter und Sommer aufgehen wenn es dauerhaft Sommerzeit wäre (Foto: SWR, Maike Koller)
Wenn sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine dauerhafte Sommerzeit einigen würden, hätte das zur Folge, dass beispielsweise in Madrid im Sommer die Sonne um 6:44 Uhr, im Winter aber erst um 9:36 Uhr aufgehen würde. In Amsterdam würde sie Mitte Januar dann sogar erst um 9:44 Uhr aufgehen.

SWR Aktuell: Wäre dann nicht eine durchgängige Winterzeit, die ja vor Einführung der Zeitumstellung die Standardzeit war, eine Lösung für Europa?

Ueberbach: Naja, dann wären die hellen Sommerabende deutlich kürzer, in Osteuropa wäre dann schon um acht Uhr Schluss, in Deutschland um halb neun, und genau das wollen die Sommerzeit-Fans ja nicht, die möchten ja gerade, dass es abends - wenn man im Straßencafé oder im Garten sitzt - lange hell bleibt. Also: Egal, ob dauerhafte Sommerzeit oder dauerhafte Normalzeit ist - für einen Teil Europas bringt das Nachteile. Auch das ist ein Grund, warum es bei diesem Thema keine Bewegung gibt, obwohl sich ja gezeigt hat, dass die Zeitumstellung so gut wie keine Energieeinsparung bringt. Dafür aber bei einer Reihe von Menschen zu gesundheitlichen Problemen führt. Eigentlich gibt es also viele Gründe, sich diesem Thema ernsthaft zu widmen.

Zu diesen Uhrzeiten würde die Sonne im Winter und Sommer aufgehen wenn es dauerhaft Winterzeit wäre (Foto: SWR, Maike Koller)
Wenn sich die EU-Mitgliedsstaaten auf eine dauerhafte Winter- oder Normalzeit einigen würden, hätte das zur Folge, dass beispielsweise in Warschau im Winter die Sonne um 7:39 Uhr, im Sommer aber schon um 3:14 Uhr aufgehen würde. In Stockholm würde sie Mitte Juni dann sogar schon um 2:31 Uhr aufgehen.

SWR Aktuell: Glauben Sie als langjähriger Brüssel-Korrespondent noch daran, dass die Zeitumstellung noch einmal abgeschafft wird?

Ueberbach: Nein. Wenn sich in absehbarer Zeit kein EU-Land, keine Regierung für das Ende der Zeitumstellung stark macht und neuen Schwung in die Debatte bringt - wonach es nicht aussieht - dann wird das Ganze im Sand verlaufen. Es gibt zwar ein paar deutsche Europaabgeordnete, die sich zuverlässig alle sechs Monate melden und sagen: Es kann doch nicht sein, dass hier der Wille von Millionen Menschen einfach ignoriert wird und die EU ihren Bürgerinnen und Bürgern zweimal im Jahr einen Mini-Jetlag verordnet.

Übrigens scheint das Thema vor allem die Deutschen zu beschäftigen. Dem Rest von Europa ist es ziemlich egal.

Aber ohne die Mitgliedsstaaten geht es nicht - und die wollen an diese heiße Kartoffel einfach nicht dran. Wir werden die Uhren also auf absehbare Zeit weiter umstellen, und sehr wahrscheinlich sogar für immer. Übrigens scheint das Thema vor allem die Deutschen zu beschäftigen. Dem Rest von Europa ist es ziemlich egal. Hier in Belgien oder den Niederlanden zum Beispiel wird zweimal im Jahr die Uhr umgestellt - und fertig.

Die Abstimmung ist bereits beendet.

Soll in der EU die Uhrenumstellung abgeschafft werden?

  • Ja, lasst uns bitte dauerhaft bei der Sommerzeit bleiben 18,5%
  • Ja, lasst uns bitte dauerhaft bei der Winterzeit bleiben 40,9%
  • Nein, bitte lassen wir alles so wie es ist 19,4%
  • Ja, bitte nur eine Zeit, aber jedes Land in der EU kann selbst entscheiden welche 12,0%
  • Ich bin das Thema so leid, alle halbe Jahr wieder 9,2%

Hinweis: Das Abstimmungsergebnis zeigt ein Meinungsbild unserer Nutzer*innen und ist nicht repräsentativ.

Rheinland-Pfalz

SWR Aktuell - der Morgen in Rheinland-Pfalz Jetzt abonnieren: Newsletter mit RLP-Nachrichten am Morgen

Noch vor dem Frühstück auf Stand sein? Mit dem neuen Newsletter "SWR Aktuell - der Morgen in Rheinland-Pfalz" landen die Top-News und alles Wichtige für den Tag im Mailpostfach.

Mehr zur Zeitumstellung

Deutschland

Eselsbrücke, Argumente, Abschaffung Das müssen Sie zur Zeitumstellung am Sonntag wissen

In der Nacht von Samstag auf Sonntag wird die Uhr wieder eine Stunde zurückgestellt auf Winter- oder Normal-Zeit. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu gibt es hier.

Guten Morgen RLP SWR1 Rheinland-Pfalz

Freiburg

Uhren werden in der Nacht auf Sonntag umgestellt Warum das Beibehalten der Sommerzeit beim Energiesparen nichts bringt

In der Nacht auf Sonntag werden die Uhren eine Stunde zurückgestellt. Damit wird es früher dunkel. Könnte man mit dem Beibehalten der Sommerzeit Energie einsparen?

SWR Aktuell Baden-Württemberg mit Sport SWR Fernsehen BW

Traben-Trarbach

Zeitumstellung am Wochenende Bei Udo Nehls aus Traben-Trarbach ticken die Uhren immer richtig

Im Traben-Trarbacher Hotel Bellevue ist Udo Nehls der Herr der Uhren. Er kümmert sich darum, dass jede Uhr richtig tickt. Besonders wichtig wird seine Arbeit zur Zeitumstellung.