So viele von ihnen leben im Land

Wölfe in BW: Fachleute ziehen Bilanz für 2024

Stand

Baden-Württemberg ist alles andere als ein Wolfsland. Die Zahl der sesshaften Wölfe ist gesunken, die der Übergriffe auch. Dennoch sorgen Zwischenfälle immer wieder für Aufsehen.

Wölfe haben in Baden-Württemberg im Verlauf der vergangenen Monate seltener zugeschlagen und weniger Schafe und Ziegen gerissen als im Jahr zuvor. Von Jahresbeginn bis Anfang Dezember erfasste das Umweltministerium ein Dutzend Zwischenfälle bei Weidetieren, bei denen Wölfe als Verursacher offiziell bestätigt wurden. Insgesamt 28 Schafe und Ziegen wurden gerissen, 11 weitere verletzt, 4 Tiere gelten als verschwunden. 2023 wurden hingegen 15 Fälle mit 42 gerissenen Tieren nachgewiesen, ein Jahr zuvor waren es 29 Fälle mit 19 verendeten Nutztieren. 

Am meisten Wolfs-Vorfälle im Kreis Rastatt

Besonders betroffen war der Kreis Rastatt mit fünf Rissen. Dort streunt ein Wolf mit der wissenschaftlichen Kennzeichnung GW852m als Stammgast umher. Er reißt gelegentlich und vor allem rund um Forbach ein Schaf oder eine Ziege. Das bereitet Halterinnen und Haltern Sorgen. Zwar gilt das Tier im Murgtal als Wiederholungstäter. Aber damit ein Abschuss möglich ist, muss er zweimal in engem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang einen ausreichenden Herdenschutz überwinden, was bislang nicht der Fall war. Dennoch ist das Tier nach einem weiteren Fall im Forbacher Ortsteil Gausbach angezählt. Im Kreis Lörrach gab es außerdem laut Umweltministerium drei, im Rems-Murr-Kreis zwei und im Schwarzwald-Baar-Kreis sowie im Ortenaukreis je einen Fall.

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Mitte Oktober ist ein Wolf in Müllheim im Markgräflerland in eine Fotofalle getappt. Kurz danach wurde ein weiterer in Donaueschingen gesichtet. In beiden Fällen handelt es sich um bisher noch unbekannte Wolfsgebiete.

So viele Wölfe leben in Baden-Württemberg

Drei Wölfe sind derzeit länger in Baden-Württemberg und gelten deshalb als sesshaft. Das bedeutet, dass sich ihre Spuren über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten im selben Territorium verfolgen lassen. Derzeit leben in Baden-Württemberg neben dem Rüden GW852m (Territorium "Enz") noch die Tiere GW1129m ("Schluchsee") und GW2672m ("Hornisgrinde"). Die Zahl der bestätigten Sichtungen - der sogenannten C1-Nachweise - ist binnen Jahresfrist aber gestiegen von 154 auf 171 (bis 1.12.). Es gibt neben den drei Stamm-Regionen viele Flächen, die als geeigneter Lebensraum für Wölfe gelten. "Nach wie vor finden die Wölfe in Deutschland und den angrenzenden Ländern noch freie und - aus Sicht des Wolfes - geeignete Habitate", sagt Wildtierexperte Michael Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg. 

Ein Rudel gibt es allerdings nicht mehr, weil der einzig lebende Welpe Ende des vergangenen Jahres in der Nähe des Schluchsees und das Muttertier Mitte April bei Lenzkirch überfahren wurden. Das weibliche Tier war trächtig mit mehreren Welpen. Weibchen für möglichen Nachwuchs gibt es also in Baden-Württemberg derzeit nicht.

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Bundesweit ist die Zahl der in Deutschland nachgewiesenen Wolfsrudel im Monitoring-Jahr 2023/24 (bis 30. April) auf 209 gestiegen. Nach Angaben des Bundesamts für Naturschutz (BfN/Bonn) hatte Brandenburg mit 58 die meisten Wolfsfamilien, gefolgt von Niedersachsen (48) und Sachsen (37). Außer den 209 Wolfsfamilien wurden weitere 46 Wolfspaare sowie 19 sesshafte Einzelwölfe bestätigt. 

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Zahl der Wölfe wächst langsamer als gedacht

Nach Einschätzung des Naturschutzbunds Deutschland (NABU) verlangsamt sich das Wachstum der Wolfspopulation. "Das oft behauptete exponentielle oder gar unkontrollierte Wachstum der Wolfspopulation in Deutschland gibt es nicht", sagt NABU-Wolfsexpertin Marie Neuwald. Da viele weitere Regionen Deutschlands passend seien für Wölfe, aber bisher nicht besiedelt, könne es nach und nach eine weitere Ausbreitung geben. Auch Rösler betont, das Wachstum der Wolfsrudel und der Territorien habe zuletzt zum fünften Mal in Folge unter den oft behaupteten jährlichen 30 Prozent Zuwachs gelegen.

Nach Röslers Einschätzung haben sich die Wölfe der sogenannten polnisch-norddeutschen Flachlandpopulation rasch in der norddeutschen Tiefe von Sachsen bis zur Nordsee ausgebreitet. "Erstaunlich langsam nimmt ihre Zahl hingegen derzeit im Bereich der Mittelgebirge Deutschlands und damit auch in Baden-Württemberg zu." Da Wölfe weiter zuwandern können, wäre eine weitere Wolfs-Familiengruppe in Baden-Württemberg aus Sicht von Experten im kommenden Jahr keine Überraschung. "Es kommen immer wieder Wölfe nach Baden-Württemberg und einige davon werden sich auch hier niederlassen, sich verpaaren und Rudel bilden", sagt FVA-Wildtierexperte Herdtfelder.

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Land bezuschusst Wolfszäune

Damit die Halter ihre Herden vor allem mit speziellen Zäunen vor dem Wolf schützen können, hat das Land laut Umweltministerium 2024 insgesamt rund 4,1 Millionen Euro ausgegeben. Im vergangenen Jahr waren es weitere 4,5 Millionen Euro. Das seien Investitionen, die wichtig seien, sagt Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) und wirbt für Elektrozäune und Herdenschutzhunde: Ein Schutz sei "das wichtigste Instrument, um ein konfliktarmes Zusammenleben von Wolf, Mensch und Weidetieren zu ermöglichen." Deshalb würden Nutztierhalter in den Fördergebieten zur Wolfsprävention unterstützt.

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