Der Ulmer Drogerieunternehmer Erwin Müller ist von seinen drei erwachsenen Adoptivkindern verklagt worden. In dem Erbschaftsstreit soll es nach Medienberichten um 500 Millionen Euro gehen. Eine Summe, die das ganze Unternehmen mit seinen 900 Drogerie-Filialen gefährden könnte, hieß es aus dem Hause Müller. Am Montagnachmittag ist der Fall am Landgericht Ulm verhandelt worden.
Erbschaftsstreit: Erwin Müller erscheint nicht vor Gericht
Die Adoptivkinder aus dem Allgäu, alle drei mindestens um die 60 Jahre alt, sind vor Gericht erschienen sowie Müllers Ehefrau Anita. Der 91-jährige Firmenchef Erwin Müller ist nicht da. Er lässt sich durch eine Vollmacht vertreten.
Es geht um einen Vertrag, den Erwin Müller mit den drei Jagdfreunden abschloss, als er sie 2015 adoptierte. Damals hatten die drei aus dem Allgäu, zwei Brüder und die Ehefrau eines der beiden, unterschrieben, dass sie im Todesfall Erwin Müllers auf ihren Pflichtteil des Erbes verzichten. Heute empfinden sie den Vertrag als sittenwidrig und formnichtig. Sie wollen den Verzicht auf ihren Pflichtanteil rückgängig machen. Sie fühlen sich hintergangen, denn ihrer Meinung nach sei die Adoption nur aus den Beweggründen passiert, Erwin Müllers leiblichen Sohn Reinhard aus dem Unternehmen zu drängen.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Klage allerdings wenig Aussicht auf Erfolg. Die Kammer ging in ihrer vorläufigen Rechtsauffassung am Abend nicht davon aus, dass der Vertrag formnichtig oder sittenwidrig ist. Einen genauen Streitwert legte die Kammer am Montag nicht fest, da dieser auf jeden Fall den Höchstwert laut Gerichtskostengesetz von 30 Millionen Euro übersteigen würde.
Adoptivkinder: mit dem Privatjet zur Jagd nach Ungarn
Zuvor hatte einer der beiden Adoptivsöhne vor Gericht sein Verhältnis zu Erwin Müller geschildert. Es sei sehr innig gewesen, nachdem ihn Müller mitgenommen hatte zum Beispiel mit seinem Privatjet zu einer Jagd in Ungarn oder auf seine Finca nach Mallorca. Als man sich auf einer Hütte im Allgäu traf, hatte Müller 2015 die Adoption der drei vorgeschlagen. "Es soll euch an nichts fehlen. Geld spielt keine Rolle", soll der Drogeriemarkt-König gesagt haben. Sie müssten jedoch, um die Firma zu schützen, auf ihren Pflichtteil am Erbe verzichten.
Doch später seien die vielen versprochenen Schenkungen ausgeblieben. "Wir haben das Gefühl, benutzt worden zu sein", erklärte der Adoptivsohn vor Gericht. Er habe damals den Vertrag mit dem Erbverzicht unterschrieben ohne wirklich zu wissen, was er bedeutet. Jetzt wollten er, seine Frau und sein Bruder Gerechtigkeit.
Geschätztes Vermögen von Erwin Müller: 1,3 Milliarden Euro
Auf der Gegenseite ist Anita Müller, Ehefrau des Drogerieunternehmers, mit zwei Anwälten erschienen. Es sei von vornherein über einen Verzicht auf den Pflichtteil beim Erbe gesprochen worden. Als Ausgleich seien Schenkungen von 400.000 Euro, alle zehn Jahre, vereinbart worden.
Im Vorfeld hatte Anita Müller gegenüber einer Boulevardzeitung erklärt, wenn es zur Auszahlung der Pflichtteile komme, seien das ganze Unternehmen und tausende Arbeitsplätze bedroht. Die Leiterin der Unternehmenskommunikation des Müller-Konzerns hatte das am Rande der Verhandlung allerdings dementiert. Es handle sich um ein rein privatrechtliches Verfahren, dass in keinem Bezug zum Unternehmen stehe, zitiert die Südwest Presse.
Die Ulmer Drogeriemarktkette Müller betreibt 900 Filialen in Europa mit rund 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Nach jüngsten Schätzungen des "Manager-Magazins" hat Erwin Müller ein Vermögen von rund 1,3 Milliarden Euro. Eine Entscheidung im laufenden Zivilverfahren soll am 29. Juli verkündet werden.