Bei der Kommunalwahl am Sonntag hat es im Horber Stadtteil Dettensee (Kreis Freudenstadt) eine leere Liste für den Ortschaftsrat gegeben. Das ist nicht ungewöhnlich - in Baden-Württemberg kam das bei der letzten Kommunalwahl in über 200 Ortschaften vor. In Dettensee gab es aber besondere Gründe.
Viele haben das Gefühl, ihr Ort mit seinen knapp 550 Einwohnern habe gegenüber der Kernstadt Horb am Neckar nicht viel zu melden. Früher gab es noch die unechte Teilortswahl, die allen Teilorten mindestens einen Vertreter im Gemeinderat garantierte. Aber die wurde vor mehr als 15 Jahren abgeschafft.
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Frank Bernhardt, der jetzt zehn Jahre im Ortschaftsrat ist, beklagt, dass man zwar bei Kleinigkeiten mitentscheiden könne. Bei größeren Plänen beschränke aber alleine schon das Budget die Möglichkeiten. Da brauche man die Unterstützung der Kernstadt Horb und die fehle oft. Aber die Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes machten einen dafür verantwortlich, wenn sich zu wenig bewege.
Gute Wahlbeteiligung in Dettensee
Horbs OB Peter Rosenberger (CDU) hat diese Vorwürfe im Gespräch mit dem SWR von sich gewiesen. In vielen Ortschaften erinnere man sich eben noch daran, wie es vor der Kreisreform vor 50 Jahren war. Aber ein Teilort habe im Verhältnis zur ganzen Gemeinde dasselbe Problem wie die Kommune im Verhältnis zum Kreis: Man könne immer nur ein Stückchen vom Kuchen abbekommen. Und Horb sei keine reiche Stadt.
Nun konnte am Sonntag jede Einwohnerin und jeder Einwohner in Dettensee auf den Zettel geschrieben werden. Über 150 Namen kamen auf diese Weise zusammen. Die Wahlbeteiligung war nach einer ersten Schätzung mit über 70 Prozent so gut wie bei früheren Kommunalwahlen auch. Ortsvorsteher Tobias Hellstern und weitere amtierende Räte haben demnach so viele Stimmen bekommen, dass einige von ihnen das Ehrenamt voraussichtlich weiterhin ausüben müssen.
Denn wer ausreichend Stimmen bekommt, muss die Wahl dann auch annehmen, es sei denn, sie oder er kann sehr gute Gründe dagegen vorweisen. Besonders häufig werden bei "Wilden Wahlen" erfahrungsgemäß Vereinsvorsitzende und Feuerwehrleute auf die Liste geschrieben. Leute eben, bei denen man denkt, dass sie es gewohnt sind, sich zu engagieren.
Bei den Wählerinnen und Wählern in Dettensee stieß es teilweise auf wenig Verständnis, dass sie selbst entscheiden mussten, welche Namen sie auf die Liste schreiben.
Leere Listen gab es auch in anderen Ortschaften. Allerdings hat man anderswo Lösungen gefunden, um zu verhindern, dass Menschen gewählt werden, die das gar nicht wollen. Im Münsinger Teilort Apfelstetten (Kreis Reutlingen) beispielsweise ging die Ortsvorsteherin vor der Wahl durch den Ort und sprach mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten. Die Liste derer, die auch wirklich bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, wurde dann im "Blättle" veröffentlicht. Nach dem vorläufigen Ergebnis wurden für den Ortschaftsrat Münsigen-Apfelstetten fünf Sitze vergeben, für die Ersatzpersonen steht noch ein Losentscheid an. Die Wahlbeteiligung lag bei 72 Prozent.