Rund um die Nutzung des Kirchentellinsfurter Baggersees gab und gibt es zwischen dem Fischereiverein als Besitzer des Epplesees und der Gemeinde immer wieder Streit. Der gipfelte nun in einem Rechtsstreit: 2023 klagte der Fischereiverein Reutlingen gegen den Bebauungsplan der Gemeinde Kirchentellinsfurt. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg mit Sitz in Mannheim hat jetzt den Bebauungsplan der Gemeinde für rechtswidrig und somit unwirksam erklärt.
Doppeltes Nein zur Wakeboard-Anlage am Kirchentellinsfurter Baggersee
Das Gericht erklärte am Freitagmittag, die Gemeinde dürfe durch einen Bebauungsplan den Baggersee nicht in Zonen unterteilen und damit den Gemeindegebrauch festlegen. Auch das Verhalten und Betreten am See könne damit nicht geregelt werden. Das hatte die Gemeinde mit dem Bebauungsplan aber beabsichtigt. Der Baggersee gehört außerdem zum Landschaftsschutzgebiet. Deshalb bekäme eine Wakeboard-Anlage wohl keine Freigabe, so das Gericht.
Bürgermeister Haug: "Wir werden alle verlieren"
Der Kirchentellinsfurter Bürgermeister Bernd Haug ist negativ überrascht über das Urteil. Die Dimensionen dieser Entscheidung könne man derzeit noch nicht fassen. Jetzt gelte es erst einmal, die Gründe für das Urteil abzuwarten. Außerdem müsse man mit dem Landratsamt klären, ob der Kiosk mit Vorplatz bleiben dürfe. Denn dafür hatte das Landratsamt damals eine Baugenehmigung erteilt.
Stand heute wird es am See nur Verlierer geben - vor allem die Menschen, die gerne an den See kommen.
Er wolle sich weiterhin für den Erhalt und die Weiterführung für das, was seit Jahren gut laufe, einsetzen, sagte der Bürgermeister dem SWR. Es gebe eine klare Entwicklungsperspektive für die Region und für die Menschen vor Ort. Haug bedauert die Lage und möchte den Zustand "heilen". Es brauche eine geeinte Perspektive und hierfür müssen sich alle Parteien zusammensetzen. Die Gemeinde sei zu hundert Prozent gesprächsbereit, so Haug.

Gastrobetrieb am Ufer des Badesees gefährdet
Gastronomie-Betreiber Vildana und Clemens Vohrer haben als Investoren viel Geld in die Hand genommen, um aus dem weithin beliebten Baggersee eine Freizeitoase zu machen. Der Bebauungsplan sah unter anderem eine Wakeboard-Anlage, einen Tretbootverleih und eine Aufsandung für die Zukunft vor. Vildana Vohrer ist geschockt über das Urteil. Sie könne nicht verstehen, wie trotz genehmigter Baufreigabe und gemeinsamen Gesprächen über den Bebauungsplan jetzt alles gekippt werden konnte.
Es geht hier ja nicht um ein paar Euro, es geht ja wirklich um sehr viel Geld und um unsere Existenz, unsere Familie. Es droht uns jetzt, dass wir wirklich alles verlieren.
Für Familie Vohrer zählt jetzt jeder Cent, der in dieser Saison reinkommt, bis das Urteil rechtskräftig wird. Obwohl sie nicht am Verfahren beteiligt sind, seien sie doch die Leidtragenden dieses Streits, so Vohrer. Sie ist mehr als verärgert über die Klage des Fischereivereins und nicht bereit sich mit den Fischern an einen Tisch zu setzen, "die unsere Existenz aufs Spiel setzen", so Vohrer.
Fischer zufrieden mit Urteil
Die Normenkontrollklage sei die letzte Option gewesen nach den gescheiterten Gesprächen, so der Vorsitzende des Fischereivereins Reutlingen Christian Becker. Der Verein freut sich nach eigenen Angaben über das Urteil. Er habe nun die gewünschte Klarheit in dieser Sache erhalten. Vor allem die Wakeboard-Anlage war einer der großen Streitpunkte gewesen. Auch der Verein sei für konstruktive Gespräche auf Augenhöhe mit der Gemeinde bereit. Die Fischer bekräftigen, für Badebesucher weiterhin eine gute Lösung finden zu wollen.