Für ihre Studie haben sich drei Tübinger Wirtschaftswissenschaftlerinnen von börsennotierten Unternehmen in Deutschland Teilnahmelisten von Aufsichtsratssitzungen aushändigen lassen. Wichtig für die Studie war außerdem der Anteil von Frauen in den Gremien und der Gewinn des jeweiligen Unternehmens.
Tübinger Studie: Diskussionen mit Frauen kultivierter
Kerstin Pull führte gemeinsam mit zwei weiteren Wirtschaftswissenschaftlerinnen 17 Interviews mit Aufsichtsratsmitgliedern. Insbesondere Männer hätten betont, dass sich im Gremium etwas verändere, sobald sie nicht mehr unter sich seien. Diskussionen verliefen kultivierter, wenn Frauen anwesend seien. Außerdem lasse man andere eher ausreden und höre auch besser zu, sagte Pull im SWR-Interview.
Unterschiedliche Perspektiven, bessere Entscheidungen
Frauen in Aufsichtsräten gelänge es gut, emotional geführte Debatten zu entschärfen und auch bei verschiedenen Interessen auszugleichen, so die Tübinger Wissenschaftlerin. In Gremien, in denen mehr als eine Frau vertreten sei, gebe es nicht nur einen "produktiveren Umgangston", sondern auch ein "verstärktes Urteilsvermögen".
Pull: "Frauen sind immer gut vorbereitet"
In den Interviews mit den Tübinger Wissenschaftlerinnen hätten die Männer berichtet, dass ihre Kolleginnen in den Aufsichtsratssitzungen immer gut vorbereitet seien. So hätten sie beispielsweise wichtige Unterlagen stets mit bunten Post-it-Klebezetteln vermerkt, so Pull. Der Wissenschaftlerin fällt auf, dass Frauen in den Sitzungen andere Fragen stellen als Männer. Somit eröffneten sie neue Perspektiven.
Frauen alleine unter Männer fühlen sich häufig nicht ernst genommen
Allerdings: Säßen Frauen ganz alleine unter Männern in Aufsichtsräten, fühlten sie sich häufig nicht ernst genommen, beobachtet Kerstin Pull. Würden sie in Männerrunden sitzen, zähle ihre Expertise weniger – dann würden sie vor allem als Repräsentantinnen ihres Geschlechts wahrgenommen werden.
Frauenquote könnte Unternehmen sensibilisieren
Die Wissenschaftlerin Kerstin Pull befürwortet die 2016 eingeführte Frauenquote. Dabei fällt ihr auf, dass Mitarbeiter über die Frauenquote entscheiden, die oft dieselbe Stereotype über Führungskräfte im Kopf hätten. Wenn es um die Besetzung von Chefposten gehe, würden nicht alle Talente angeschaut werden sondern lediglich die Personengruppe, die typische Klischees erfülle, so Pull. Diese unbewusste Verzerrung in den Köpfen sei schwer zu überwinden. Eine Frauenquote zwinge Unternehmen, da systematischer zu schauen, und solche Stereotype aufzubrechen.