Der Stühlinger Kirchplatz in Freiburg - eine einladende grüne Wiese mit regionalem Markt, er gilt in Freiburg aber auch insgeheim als "Hotspot" für Drogenhandel und Kriminalität. Immer wieder gibt es hier größere Polizeikontrollen, um Straftaten und Drogenmissbrauch zu bekämpfen. Der SWR war am Mittwoch vor den Wahlen vor Ort um zu fragen: Fühlen sich die Menschen hier sicher? Was wünschen Sie sich von der Kommunalpolitik und gehen Sie überhaupt wählen?
Friederike Heym, Mutter von zwei Kindern, ist an diesem Tag zum Frühstück auf dem kleinen Markt unter der Stadtbahnbrücke. Sie wohnt aber inzwischen nicht mehr hier, im Stadtteil Stühlinger. Für sie war es eine gute Entscheidung, nach der Geburt ihres zweiten Kindes vom Stühlinger Kirchplatz nach Gundelfingen (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald) zu ziehen. Kurz zuvor hatte es hier in einem Parkhaus eine versuchte Vergewaltigung gegeben. Seitdem fühlte sie sich nicht mehr uneingeschränkt wohl.
Was macht den Stühlinger Kirchplatz sicherer?
Aus Polizeiperspektive ist der Stühlinger Kirchplatz allerdings kein besonderer Brennpunkt: Im gesamten Innenstadtgebiet ist die Zahl der Agressionsdelikte im öffentlichen Raum gestiegen, sagt Polizeisprecher Özkan Cira. Dennoch erleben die Anwohnenden am Kirchplatz jeden Tag viel Polizei. Mit der Sicherheitspartnerschaft zwischen dem Land und der Stadt Freiburg soll in Zukunft der kommunale Vollzugsdienst personell verstärkt werden, ebenso wie die Nachtmediatoren.
Das gebe zwar auch ein Gefühl von Sicherheit, aber man frage sich auch, warum die Polizei so viel vor Ort sein müsse, sagt Friederike Heym. Sie wünscht sich von der Kommunalpolitik Lösungen und Projekte für alle Beteiligten. Einem anderen Marktbesucher ist hier besonders Prävention und Deeskalation wichtig, außerdem ein "offenerer Austausch über Konsum" und Drogenhandel. Als Mensch mit Migrationshintergrund fühle er sich durch die Polizeipräsenz nicht unbedingt sicherer, sondern "eher verdächtigt".
Viele Anwohner fühlen sich sicher
Trotz der Polizeipräsenz sagen die meisten Anwohner gegenüber dem SWR, dass sie sich am Stühlinger Kirchplatz sicher fühlen. So auch eine 87-jährige Anwohnerin, die sich als "Urgestein" vom Kirchplatz bezeichnet. Sie ist hier geboren und lebt nach wie vor sehr gern in dem gerade bei jungen Menschen beliebten Stadtteil in unmittelbarer Nähe des Freiburger Bahnhofs. Leerstand und Wohnungsmangel für Familien - das seien für sie hier deutlich größere Probleme, für die es Lösungen brauche.
Wohnungsmangel plagt die Freiburger noch stärker
Dem stimmt auch Friederike Heym zu: "Einen schönen Wohnraum für eine Familie zu finden, erscheint mir in Freiburg fast unmöglich", sagt sie. Besonders für Familien, aber auch insgesamt für junge Menschen fehlten Wohnungen und Räume, um sich auszuleben, bekräftigen verschiedene Marktbesucher. Auch kulturelle Räume fehlten für ein buntes Nachtleben, findet eine Studentin. Nicht zuletzt deshalb gehe sie am 9. Juni wählen, um sich dafür einzusetzen, dass die Stadt mehr Räume für Kultur schafft.
Viel Motivation zur Wahl
Am Stühlinger Kirchplatz sind kurz vor der Wahl alle Befragten hochmotiviert, zur Urne zu gehen: ob um ein Mitspracherecht zu haben, ein Zeichen gegen Rechts zu setzen oder um auf die großen Themen einzuwirken. Zumindest für die Kommunalwahl - die Europawahl ist für manche nicht ganz so griffig: "Da kann man sowieso nichts beeinflussen", meint ein Marktbesucher.
Das Stühlinger "Urgestein" hingegen ist motivierter, bei der Europawahl ihre Stimme abzugeben, als bei der Kommunalwahl. Da brauche die 87-Jährige nämlich die Hilfe ihrer Kinder, um sich durch die 20 Listen zu arbeiten und ihre 48 Stimmen zu vergeben, sagt sie. Denn mit dem Vergleich von über 800 Kandidierenden bei der Kommunalwahl 2024 haben die Freiburger Wählerinnen und Wähler im Landesvergleich am meisten zu tun!
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Der Kommunal-O-Mat für die Freiburger Kommunalwahl am 9. Juni soll helfen, sich über die Themen und Positionen zu informieren. Das Angebot wurde bereits 30.000 mal genutzt.