Der Prozess um den Mord an Ayleen aus Gottenheim hat ein erschreckendes Muster zutage gefördert: Täter Jan P. manipulierte und bedrohte die Jugendliche zunächst übers Netz. Als er dann plötzlich mit dem Auto in ihrer Straße stand, wollte sie eigentlich nicht einsteigen, wie Chatverläufe zeigen. Sie tat es dann doch. Ein paar Stunden später war sie tot. Ermordet. Dazu die Meinung von SWR-Redakteurin Nadine Zeller:
Der Fall Ayleen ist ein schockierendes Beispiel für sogenanntes Cybergrooming. Dabei nehmen Sexualstraftäter ganz gezielt Kontakt mit Kindern und Jugendlichen im Netz auf – ohne dass Eltern, Lehrerinnen oder andere Vertrauenspersonen irgendetwas davon ahnen. Deswegen müssen wir Kinder vor diesen Erpressungsmethoden besser schützen und ihnen erklären, mit welch perfiden Tricks solche Täter vorgehen.
Im Alter zwischen 13 und 16 experimentieren Kinder mit ihrer Sexualität. Manche finden es cool, sexy oder erfahren zu wirken. Werden sie dazu gedrängt, Nacktbilder von sich selbst zu verschicken, interpretieren das manche von ihnen als Mutprobe. Meist verschicken sie die Bilder von zu Hause aus, wo sie sich sicher fühlen. Doch genau diese vermeintliche Sicherheit nutzen die Täter aus und erpressen die Kinder später mit dem Bildmaterial. Auch Jan P. drohte Ayleen, ihren Eltern Fotos und Chatverläufe zu zeigen. Er schüchterte sie ein. Erfolgreich.
Höchststrafe für sexuell motiviertes Verbrechen Lebenslange Haft und Sicherungsverwahrung für Mord an Ayleen
Für den Mord an der 14-jährigen Ayleen aus Gottenheim in der Nähe von Freiburg muss Jan P. lebenslang in Haft. Das Landgericht Gießen hat die Höchststrafe verhängt.
Kinder sind viel leichter zu beeinflussen als Erwachsene. Es fällt ihnen schwerer, ihre Grenzen zu wahren und manipulatives Verhalten zu erkennen. 14-Jährige mögen heutzutage zwar mit dem Smartphone umgehen können, aber sie wissen noch nicht, wie man unangemessene Erwartungen ins Leere laufen lässt und Erpressungsversuche durchschaut. Erfüllen die Jugendlichen den Tätern bestimmte Wünsche nicht, reagieren diese zudem oft enttäuscht oder aggressiv. Viele Jugendlichen halten diesen Druck schwer aus und kommen den Erwartungen nach.
Der Fall Ayleen zeigt, wie wichtig es ist, Kinder über die Risiken des Internets und die Methoden des Cybergroomings aufzuklären. Und zwar BEVOR sie Zugang zum Internet erhalten. Wir sollten sofort damit anfangen. Denn bis die großen Technologieunternehmen sicherere Online-Umgebungen schaffen, wird zu viel Zeit vergehen. Heute ist Jan P. zu lebenslänglicher Haft verurteilt worden. Aber in dieser Sekunde belästigen andere Sexualstraftäter Kinder und Jugendliche im Netz.