David Wang, Geschäftsführer der Firma Wandaa in Marbach, mit einem E-Bike, das mit Wasserstoff angetrieben wird. (Foto: SWR, Philipp Pfäfflin)

Eine Alternative zur Batterie?

E-Bike aus Marbach fährt mit selbst produziertem Wasserstoff

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Philipp Pfäfflin
Bild von Philipp Pfäfflin (Foto: SWR, SWR - Foto: Alexander Kluge)

E-Bikes haben in der Regel einen Akku. Ein Pedelec aus Marbach setzt auf Wasserstoff. Dieser muss nicht getankt, sondern kann selbst hergestellt werden. Was ist davon zu halten?

E-Bikes sind in. Doch sie haben Nachteile: Die Produktion von Akkus ist energieintensiv und damit klimaschädlich, außerdem werden seltene Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Seltene Erden benötigt. Ein mit Wasserstoff angetriebenes E-Bike könnte eine Alternative sein, meint David Wang, Geschäftsführer der Firma Wandaa aus Marbach (Kreis Ludwigsburg). Er vertreibt ein E-Bike, bei dem der Wasserstoff nicht getankt werden muss, sondern zu Hause erzeugt werden kann.

Wie aus Wasser und Strom Wasserstoff gewonnen wird

Mit dem Fahrrad zur Tankstelle fahren, das wäre unpraktisch, sagt David Wang. Vor allem, wenn man Wasserstoff tanken will, denn Wasserstoff-Tankstellen sind immer noch selten. Deswegen bietet er die Wasserstoff-Fahrräder zusammen mit einem etwa Computer-großen Kasten an und zeigt, wie man damit eigenen Wasserstoff erzeugen kann. In einen Becher füllt er 200 Milliliter destilliertes Wasser und drückt dann auf einen Knopf. Fünf Stunden später hat die Maschine das Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Elektrolyse nennt man das.

Der Wasserstoff befindet sich dann in einer Flasche, die an eine Kohlendioxid-Kartusche erinnert, die in Privathaushalten zum Herstellen von Sprudel genutzt wird. Die vollgefüllte Wasserstoff-Kartusche entnimmt David Wang dem hinteren Teil des Wasserstoff-Erzeugers und befestigt sie am Fahrrad - an einer Stelle, wo sich meist ein Fahrradflaschenhalter befindet. Von dort wird die Brennstoffzelle mit Wasserstoff gespeist, die wiederum den Strom für den Elektromotor liefert.

E-Bike mit selbstproduziertem Wasserstoff (Foto: SWR, Philipp Pfäfflin)
Der Wasserstoff-Erzeuger ist in etwa so groß wie ein Computer-Tower. Links oben wird destilliertes Wasser eingefüllt. Betrieben wird er mit Strom. Rechts steht eine Wasserstoff-Flasche

Wie weit kommt man mit einer Flasche Wasserstoff?

Der Inhalt reicht laut Hersteller für eine Strecke von rund 50 Kilometern. Die Akkus von herkömmlichen E-Bikes haben mittlerweile eine deutlich größere Reichweite. David Wang weist aber darauf hin, dass sich mit jeder weiteren mitgenommenen Wasserstoff-Flasche die Reichweite um weitere rund 50 Kilometer erhöhe.

Eine Flasche wiegt rund zwei Kilogramm. Der Wasserstoff ist laut Hersteller in Metall gebunden. Dadurch sei die Flasche sicher und könne nicht explodieren. Außerdem sei sie TÜV-geprüft. Den Preis gibt David Wang mit - Stand Januar 2024 - rund 170 Euro an.

Ist der selbst erzeugte Wasserstoff umweltfreundlich?

Die Wasserstoffproduktion benötigt - genauso wie ein Fahrrad-Akku - elektrischen Strom. 1,3 Kilowattstunden pro Flasche, sagt David Wang und empfiehlt auch den Strom selbst zu produzieren - zum Beispiel mit einer eigenen Solaranlage auf dem Dach oder einem Balkonkraftwerk: "Dann weiß man, wo der Strom herkommt."

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Ist die Technik ausgereift?

Das Fahrrad kommt aus China. Dort werde es seit zwei, drei Jahren in Serie produziert - hunderttausende Räder jedes Jahr, so David Wang. Das zeige, dass die Technik ausgereift sei, so der Marbacher Geschäftsmann. Er berichtet außerdem, dass gerade diese Technik in China bei Sharing-Angeboten eingesetzt werde. So wie bei uns beispielsweise E-Scooter, aber auch E-Bikes und Carsharing-Fahrzeuge an zentralen Plätzen stehen und per App ausgeliehen werden können. Bezahlt werden muss dann pro ausgeliehener Zeit oder gefahrenen Kilometern.

Leihfahrräder in China, die mit Wasserstoff betrieben werden. (Foto: Pressestelle, wandaa)
In China können die mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeuge ausgeliehen werden wie bei uns E-Scooter oder Leih-Räder.

Was sagt ein Radhändler zu der Wasserstoff-Technik?

Benjamin Winter setzt weiter auf den Verkauf von batteriebetriebenen E-Bikes. Der Fahrradhändler aus Ludwigsburg findet das Wasserstoff-Fahrrad zwar "technisch interessant", doch auf den ersten Blick zu komplex. Wer wolle schon selbst Wasserstoff erzeugen, wenn man einen Fahrrad-Akku einfach in die Steckdose stecken könne. Außerdem müssten Räder zu denen passen, die sie fahren. In seinem E-Bike Zentrum stehen Räder in unterschiedlichsten Größen, Ausstattungen und Preisklassen. Das Fahrrad mit dem Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb wird hingegen bislang nur in einer Größe und mit Standardausstattung angeboten.

Doch das soll sich bald ändern, verspricht David Wang. Neue Typen und Größen des Wasserstoff-E-Bikes würden derzeit geprüft und sollen dann auch produziert werden.

Warum ist der Verband der Zweirad-Industrie skeptisch?

Reiner Kolberg bezeichnet das Wasserstoff-betriebene Fahrzeug als "innovativ" und der Verband der Zweirad-Industrie begrüße immer Innovationen. Trotzdem zeigt sich der Verbandssprecher zurückhaltend gegenüber der alternativen Antriebstechnik. Beim Fahrradkauf seien vor allem die Betreuung und der Service wichtig. Zuletzt war der Verkauf von online gekauften Fahrrädern laut Fahrrad-Industrie-Verband deutschlandweit zurückgegangen, 73 Prozent der Räder seien im stationären Fachhandel gekauft worden. Das zeige: Fahrradfahrerinnen und -fahrer wünschten eine persönliche Betreuung, individuell angepasste Fahrräder und Service-Qualität vor Ort. All das sei bei der Wasserstoff-Technik zumindest bislang nicht gegeben.

Auch das Thema Gewährleistung spiele eine wichtige Rolle. Verschwinde ein Anbieter vom Markt, führe das zu großem Unmut bei den Kundinnen und Kunden. Dies spreche für etablierte Hersteller, die seit Jahrzehnten auf dem Markt seien und Kunden auch Jahre nach dem Kauf noch mit Ersatzteilen versorgten. Aber letztlich müsse der Markt zeigen, wie das Fahrrad angenommen werde.

Flasche mit Wasserstoff an einem E-Bike. Zu sehen ist auch die Brennstoffzelle. (Foto: SWR, Philipp Pfäfflin)
Die grüne Flasche versorgt die Brennstoffzelle mit Wasserstoff. Dort entsteht Strom, mit dem der Elektromotor des E-Bikes angetrieben wird.

Weshalb die Hochschule Esslingen das E-Bike bestellt hat

Walter Czarnetzki ist Professor an der Hochschule Esslingen. Als Leiter des Instituts für Nachhaltige Energietechnik und Mobilität hat er viel Erfahrung mit Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen. Mit seinen Studierenden hat er auch schon E-Bikes entwickelt, die vom Prinzip her genauso funktionierten wie das von der Firma Wandaa vertriebene. Doch die Esslinger haben bislang nur Prototypen entwickelt, im Gegensatz zu dem Rad aus China, das dort in Serie produziert wird. Das fasziniert den Esslinger Wasserstoff-Experten, der nach eigenen Angaben bereits eines der Räder bestellt hat - vor allem zu Forschungszwecken.

Die Wasserstoff-Flasche - der Experte spricht von einem Metallhydridspeicher - sei sehr, sehr sicher und "nicht explosionsgefährlich". Außerdem habe sie eine lange "Lebensdauer". Den derzeitigen Verkaufspreis von knapp 4.000 Euro für E-Bike plus Wasserstoff-Erzeuger findet er fair. Besonders gefällt Professor Walter Czarnetzki, dass der Wasserstoff immer dann produziert werden kann, wenn die Sonne scheint. Das würde zwar theoretisch auch mit einem Akku funktionieren, doch in der Regel habe man - aufgrund des hohen Preises - nur einen Akku und lade ihn, wenn er leer sei.

Warum ein Unternehmer aus NRW das Rad vertreiben will

Heinz-Jürgen Sahm hat das Wasserstoff-betriebene E-Bike zum ersten Mal auf der Messe Solar Solutions in Düsseldorf gesehen. Er sei sofort angetan gewesen, findet das Konzept "innovativ" und eine Alternative zum batteriebetriebenen Pedelec. Dabei gehe es ihm vor allem um den Umweltschutz, sagt der Geschäftsführer des Anbieters von Terrassenüberdachungen MACOJA aus Nettetal (Nordrhein-Westfalen). "Die in der Batterie verbauten Rohstoffe, der Kampf ums Lithium und die Entsorgung" - all das sei problematisch.

Deswegen will er das Wasserstoff-E-Bike mit Beginn der Saison im Frühjahr zusammen mit seinen Terrassenüberdachungen anbieten. Denn immer häufiger kauften Kundinnen und Kunden Überdachungen mit integrierten Solarzellen und könnten mit dem selbst erzeugten Solarstrom dann wiederum den Wasserstoff fürs Fahrrad produzieren.

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