Der ADAC-Pannenhelfer Alexander Weber verrichtet seinen Dienst seit Neuestem mit einem E-Lastenrad. (Foto: SWR, Gabi Krings)

Zeitenwende beim Automobilclub

In Freiburg ist der ADAC-Pannendienst mit E-Bike unterwegs

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Gabi Krings

Der ADAC öffnet sich für Energiesparen und Verkehrswende. In Freiburg ist jetzt ein "Gelber Engel" auf dem Fahrrad im Dienst.

Das Handy klingelt: Eine Autopanne in der Habsburgerstraße in Freiburg. Alexander Weber zieht seinen Fahrradhelm auf und radelt los - auf seinem neuen, gelben ADAC-Pannendienst-E-Bike mit Hänger. In wenigen Minuten ist er am Einsatzort, vorbei an Staus und zäh fließendem Verkehr.

ADAC hat Idee unterstützt

Im Frühjahr hatte der Mechatroniker beim ADAC Südbaden gefragt, ob er nicht künftig mit dem Fahrrad seinen Dienst verrichten dürfte. In Freiburg fand die Idee gleich Zuspruch und auch in der Münchner ADAC-Zentrale gab es grünes Licht. Wenig später bekam er E-Bike, Anhänger und passende Kleidung. Seit Ende April legt Alexander Weber seine Arbeitswege nun emissionsfrei und umweltfreundlich zurück. Bis zu 14 Einsätze hat er am Tag, zwischen 40 und 70 Kilometer muss er dafür in die Pedale treten.

Unterschiedliche Reaktionen

Die Reaktionen auf sein ADAC-E-Bike sind grundsätzlich positiv. Viele zeigen sich auch überrascht. Eine Kundin hätte erst mal fünf Minuten lang gelacht, als er angeradelt gekommen sei. Manche Kunden würden frotzeln, ob dem ADAC das Geld ausgegangen sei oder ob er den Führerschein habe abgeben müssen, berichtet der Pannenhelfer. Auch Kollegen hätten sich über ihn lustig gemacht, inzwischen bekomme er aber viel Anerkennung.

"Manchmal wird man auch als Postbote wahrgenommen, bis man sagt, 'hallo, ADAC, hier bin ich!' Und dann kommen erst mal große Augen."

Am Einsatzort steht ein Mercedes, der nicht mehr anspringen will. Wahrscheinlich die Batterie, sagt Adrian Fritsch. Der Student hat die Straßenwacht alarmiert und nicht schlecht gestaunt, als er das ADAC-Pannendienstrad sah.

Adrian Fritsch hat den ADAC-Pannendienst gerufen und war positiv überrascht, als der "Gelbe Engel" mit dem E-Bike angefahren kam.  (Foto: SWR, Gabi Krings)
Adrian Fritsch hat den ADAC-Pannendienst gerufen und war positiv überrascht, als der "Gelbe Engel" mit dem E-Bike angefahren kam.

"Ich war überrascht, ich habe nicht damit gerechnet, dass der ADAC mit dem Rad kommt. Aber das ist eine coole Sache."

Pannendienst-E-Bike ist voll ausgestattet

Alexander Weber öffnet seine Anhängerbox. In der ist alles drin, war man so braucht, um ein Auto wieder in Fahrt zu bringen, auch ein Diagnosegerät. Er zieht eine Batterie aus dem Kasten und gibt Starthilfe. Der Mercedesmotor beginnt zu rattern. Nach ein paar Tipps, wie lange das Auto jetzt laufen sollte, wird die Batterie wieder eingepackt. Schon gibt es den nächsten Notfall, diesmal im Stadtteil Littenweiler.

Der ADAC-Fahrradanhänger wiegt 80 Kilogramm. Dort ist fast alles drin, um ein Auto wieder in Gang zu bringen. (Foto: SWR, Gabi Krings)
Der ADAC-Fahrradanhänger wiegt 80 Kilogramm. Dort ist fast alles drin, um ein Auto wieder in Gang zu bringen.

ADAC-Pilotprojekt in Baden-Württemberg

Beim ADAC Südbaden ist man stolz auf die Pannenhilfe per E-Bike. Das gebe es in Baden-Württemberg noch nicht und deutschlandweit bisher erst zwei Mal, sagt Andreas Müller, Abteilungsleiter Verkehr, Technik und Umwelt. Er hofft, dass das Projekt bald in allen Bundesländern Nachahmer findet.

"Das Pilotprojekt soll bundesweit ausgerollt werden. Im Moment sind wir mit einem Fahrrad-Gelben-Engel in Berlin und München unterwegs und jetzt seit Neuestem auch in Freiburg. Und es kommen noch viele Städte dazu."

Paradigmenwechsel: Mobil nicht nur mit dem Auto

Der ADAC sehe sich nicht mehr nur als Automobilclub, sondern als Mobilitätsdienstleister, erklärt Andreas Müller. Und mobil sei man eben nicht nur mit dem Auto, sondern auch mit dem Rad, dem ÖPNV oder zu Fuß. In einem offenen Brief hatte das ADAC-Präsidium angesichts des Ukrainekriegs und gestiegener Spritpreise jüngst dazu aufgerufen, das Auto auch mal stehen zu lassen. Undenkbar, noch vor nicht allzu langer Zeit. Andreas Müller zufolge habe der ADAC eingesehen, dass der Spritverbrauch zu hoch sei und dass der Autoverkehr dem Klima schade. Die über 21 Millionen Mitglieder des größten Verkehrsclubs Europas könnten entscheidend dazu beitragen, den nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

Andreas Müller vom ADAC Südbaden will nicht mehr nur aufs Auto setzen. Auch der Automobilclub muss bei der Verkehrswende mitmachen. (Foto: SWR, Gabi Krings)
Andreas Müller vom ADAC Südbaden will nicht mehr nur aufs Auto setzen. Auch der Automobilclub muss bei der Verkehrswende mitmachen.

Nötiger Bewusstseinswandel beim ADAC

Der ADAC will bei der Verkehrswende offenbar nicht mehr als Bremser auftreten. Das "heilige Auto" könnte langsam von seinem Thron gehoben werden. Alexander Weber ist diesen Schritt schon gegangen. Zuhause steht zwar noch sein Dienst-Pkw, doch den brauche er eigentlich gar nicht mehr, erzählt der 43-Jährige. Radfahren sei einfach viel besser. Und das, obwohl er "Benzin im Blut" habe und "Autos liebe". Aber seine Kinder hätten sich oft über den Benzingestank und die Umweltverschmutzung beschwert. Hinzu kam, dass er abnehmen und mehr Sport treiben wollte. Jetzt sei er glücklich, dass er den ganzen Tag auf dem Rad sitzen könne.

"Ich bin 20 Jahre nicht auf dem Rad gesessen, weil ich totaler Autofan bin. Aber meine Kinder haben mich genötigt umzusteigen. Jetzt fahre ich nur noch Fahrrad, auch privat. Das macht einfach Spaß.“

Künftig auch ADAC-Pannendienst für Räder

Bei der Hauptversammlung am Samstag in Wiesbaden hat der ADAC weitere Weichen für mehr umweltfreundliche Mobilität gestellt: Mitglieder, die mit ihrem Rad liegen bleiben, können ab Juni nun auch den Pannendienst in Anspruch nehmen.  Die Gelben Engel helfen dann auch bei Reifen-, Ketten-, Brems- oder Akkuproblemen von Fahrrädern.  Mit dem neuen Leistungsangebot wolle der ADAC den Wandel der Mobilität mitgehen, sagte Präsident Christian Reinicke, „und zwar verkehrsmittelunabhängig“.

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