Die Region Stuttgart soll bis Ende 2025 der erste digitalisierte Bahnknoten in Deutschland werden. Die Arbeiten dafür bringen massive Einschränkungen, wie Anfang März bekannt wurde. Die Bahn arbeitet derzeit am Ersatzfahrplan. Hier die wichtigsten Informationen zu allem, was wir bislang wissen:
- Frühjahr/Sommer - welche Strecken sind betroffen?
- Herbst - welche Strecken?
- Gibt es einen Ersatzverkehr?
- Was ist mit der S-Bahn-Stammstrecke?
- Was ist der Grund für die Probleme?
- Welche Reaktionen gibt es?
- Was sagt die Bahn zu den Einschränkungen?
Frühjahr und Sommer 2023 – welche Streckensperrungen sind geplant?
Zwischen dem 21. April und Ende Juli wird es im Bereich Bad Cannstatt/Waiblingen in unterschiedlichen Phasen Unterbrechungen des Zugverkehrs geben. Für vier Wochen soll die Bahnstrecke Stuttgart-Waiblingen komplett gesperrt werden. Die anderen Unterbrechungen sind laut Bahnmanager Olaf Drescher so organisiert, dass es eine Teilsperrung gibt. Dann werden laut der Bahn also Züge fahren – aber deutlich eingeschränkt. Es wird Auswirkungen auf den S-Bahn- sowie den Fern- und Güterverkehr geben.
Störungen wird es dadurch auch für die Bahnstrecke zwischen Stuttgart und Aalen (Remsbahn) und die Strecke zwischen Stuttgart und Schwäbisch Hall geben (Murrbahn) geben, denn der Abschnitt Stuttgart-Waiblingen ist Teil dieser Verbindungen.
Auch der Bahnverkehr zwischen Stuttgart und Tübingen sowie Ulm wird ab April beeinträchtigt sein. Details dazu sind derzeit noch nicht bekannt.
Herbst 2023 – welche Strecken sind betroffen?
Auf den Strecken Rohr-Flughafen-Filderstadt sowie Stuttgart-Vaihingen-Böblingen wird es nach Bahn-Informationen zwischen November und Anfang Dezember 2023 in unterschiedlichen Phasen Einschränkungen geben.
In diesen Bereichen wird der Bahnverkehr eingeschränkt sein:

Gibt es einen Ersatzverkehr für die Streckensperrungen rund um Stuttgart?
Die Bahn arbeitet nach eigenen Angaben aktuell "intensiv an Kompensationen und Ersatzangeboten für die Kundinnen und Kunden" für die Sperrungen, die Anfang März bekannt wurden. Auf SWR-Anfrage konnte die Bahn bislang kein Datum nennen, wann Ersatzfahrpläne für die Sperrungen im Bereich Bad Cannstatt/Waiblingen (Frühling/Sommer 2023) und im Bereich Vaihingen/Stuttgart-Flughafen/Böblingen (Herbst 2023) präsentiert werden sollen.
Was ist mit der S-Bahn-Stammstrecke?
In den baden-württembergischen Sommerferien wird die Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn zwischen Stuttgart-Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen gesperrt sein.
Als Ersatz werden Regionalexpress-Züge fahren, als Direktverbindung zwischen Stuttgart Hauptbahnhof (Gleise 1-5) und Böblingen. Die Züge fahren laut Bahn im Halbstundentakt und halten jeweils in Stuttgart-Vaihingen.
Zusätzlich gibt es zwei Ersatzbuslinien, die im Zehn-Minuten-Takt fahren. Diese Busse stoppen unter anderem an den Halten Stadtmitte, Feuersee und Schwabstraße. Genaue Infos zu allen Alternativen während der Stammstreckensperrung und den Auswirkungen auf die verschiedenen S-Bahn-Linien gibt es auf dieser Webseite der Deutschen Bahn.
Was ist der Grund für die ganzen Probleme?
Im Zuge des Bahnhofsprojekts Stuttgart 21 soll die Region Stuttgart bis Ende 2025 der erste digitalisierte Bahnknoten in Deutschland werden. Vom Fahrplanwechsel im Dezember 2025 an sollen Züge dann auf einem Netz mit neuer Technik fahren. "Damit werden wir spürbar die Qualität der Stuttgarter S-Bahn verbessern", so Rüdiger Weiß von der DB Netz AG.
Dafür werden alle S21-Strecken und große Teile des S-Bahn-Netzes der Region Stuttgart mit dem digitalen Bahnleitsystem ETCS, digitalen Stellwerken und automatisiertem Zugbetrieb ausgestattet. Laut Bahn sind für die Modernisierung Kabeltiefbauarbeiten notwendig, die unter rollenden Zugrädern nicht möglich sind.
So funktioniert das Zugsicherungssystem ETCS:
Wie sind die Reaktionen auf die Pläne der Bahn?
Von der Landesregierung, der Stadt Stuttgart und der Region Stuttgart gab es heftige Kritik. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte, die Landesregierung sei von der Ankündigung der Bahn völlig überrascht worden, schon so bald wichtige Zulaufstrecken auf Stuttgart komplett zu sperren. Er sei "schockiert", sagte Herrmann dem SWR, "weil das ja eigentlich der Hinweis ist, dass man vergessen hat, dass man Kabel braucht. Das lässt ja tief blicken in die Planungskompetenz. Also das irritiert einen schon ziemlich." Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) sprach von einem "Riesenärgernis".
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert den Verzicht auf Vollsperrungen. "Die Bahnlinie von Stuttgart nach Waiblingen ist durchgängig mindestens viergleisig", so der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb. "Da muss es möglich sein, die Bauarbeiten so zu organisieren, dass wenigstens immer zwei Gleise weiterhin genutzt werden können und damit ein reduziertes Angebot von S-Bahnen und Regional- und Fernzügen für die Fahrgäste zur Verfügung steht", so Lieb. Dass mit nur wenigen Wochen Vorlaufzeit massive Sperrungen kommen, zeigt für Lieb "dramatische Planungsmängel". Offensichtlich würden der pünktlichen Eröffnung des Tiefbahnhofs Stuttgart 21 im Dezember 2025 alle anderen Aspekte eines zuverlässigen Bahnverkehrs untergeordnet, so der VCD.
Was sagt die Bahn zu den Einschränkungen?
Die Bahn gibt zu, dass der digitale Schienenknoten eine besondere Herausforderung sei. "Diesen digitalen Knoten gibt es so nirgends, nicht in Deutschland, nicht in Europa und wahrscheinlich weltweit nicht", so Thorsten Krenz von der Deutschen Bahn in der Sitzung des Verbands Region Stuttgart Mitte März. Olaf Drescher, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart–Ulm GmbH, ergänzt, ihm sei bewusst, dass die Einschränkungen auf dem Rücken der Fahrgäste ausgetragen werden: "Dafür möchte ich mich entschuldigen."