2021 erzielte der Handel noch Spitzenwerte beim Umsatz mit Bio-Lebensmitteln. Laut Marktforschern vom Arbeitskreis Biomarkt lag der bundesweite Absatz damals bei satten 15,8 Milliarden Euro - ein Rekordwert. Gerade während der Pandemie, als viele Menschen auf Urlaub und Freizeitaktivitäten verzichten mussten und sich Gedanken um ihre Gesundheit machten, gaben sie mehr Geld für Ökoware aus.
Markt mit Bioprodukten bricht ein
Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine aber wendet sich das Blatt. Angesichts von Rekordinflation und hohen Energiepreisen machen immer mehr Kunden einen Bogen um Bio-Produkte. Nach Informationen des Deutschen Bauernverbandes ist der Absatz bis Ende Oktober 2022 um 4,1 Prozent eingebrochen.
Biolandwirte aus Überzeugung
Das bekommen auch die Brüder Tobias und Michael Schiffmann aus Elztal (Neckar-Odenwald-Kreis) zu spüren. Sie sind Biolandwirte aus Überzeugung und produzieren auf ihrem Hof, der "Odenwälder Bioinsel", zahlreiche hochwertige Öko-Lebensmittel. Ihr Betrieb ist nach Angaben des Landesbauernverbands einer von knapp 4.500 Biohöfen in Baden-Württemberg.
Ihr ganzer Stolz sind die 3.000 Bio-Hühner. Das schmucke Federvieh lebt in mobilen Ställen. Die Hennen legen täglich etwa 1.500 Eier, die eingesammelt, nach Größen sortiert und abgepackt werden müssen. 50 Cent kostet das ganz normale Bio-Ei, fast doppelt so viel wie Eier aus Boden- oder Freilandhaltung. Weil vielen Kunden das Wohlergehen der Tiere überaus wichtig sei, sagt Landwirt Michael Schiffmann, könne die "Odenwälder Bioinsel" mit ihren glücklichen Hühnern noch am Markt punkten. Bei den Eiern sei der Absatz lediglich um 20 Prozent zurückgegangen.
Andere Produkte hingegen kann der Öko-Hof derzeit nur extrem schwer vermarkten. So sei der Umsatz etwa bei Roggen-, Weizen- und Dinkelmehl um fast 40 Prozent zurückgegangen, berichtet Bruder Tobias Schiffmann. Da helfe auch die edle Verpackung wenig, die der Familienbetrieb noch in liebevoller Handarbeit erledigt. Auch der koffeinfreie Lupinenkaffee, die Bionudeln und -linsen bleiben oft in den Regalen von Supermarktketten und Verkaufsautomaten liegen.
Reformhäuser und Bio-Supermärkte verlieren Kunden
Dabei wollten die Kunden durchaus noch Bio-Produkte kaufen, informiert das renommierte Marktforschungsinstitut "Gesellschaft für Konsumforschung" (GFK) - nur eben billiger. Um zu sparen, gingen sie lieber zum Discounter. Klassische Bio-Supermärkte und Naturkostläden mit ihren teureren Sortimenten haben hingegen das Nachsehen. Hier brach der Absatz laut GFK im vergangenen Jahr um bis zu 33 Prozent ein. Auch Händler in der Region bekommen diesen Negativ-Trend zu spüren.
Naturkostladen Kornblume schreibt 2022 erstmals rote Zahlen
So hat der Naturkostladen "Kornblume" in Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis) 2022 erstmals rote Zahlen geschrieben. Inhaber Kay Eulenbach fährt deshalb auf Sparflamme, hat eine frei gewordene Stelle erstmal nicht neu besetzt.
Der Biohändler schaut dennoch optimistisch in die Zukunft. Eulenbach hofft, dass sich die Situation wieder stabiliert. Um sich deutlicher vom Angebot der Discounter abzusetzen, plant er künftig noch mehr regionale Produkte in seinen Regalen zu platzieren und damit Kundschaft zurückzugewinnen.