Man sieht einen unterirdischen Gang. Er ist aus Backstein gemauert. (Foto: SWR)

Faszination Kanalisation

Tag des Wassers: Führungen durch Mannheims Unterwelt

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AUTOR/IN
Melanie Holstein

Zu besonderen Anlässen gewährt die Mannheimer Stadtentwässerung Einblicke in das unterirdische Kanalsystem. Hingucker ist ein aus Backsteinen gemauerter Gewölbekeller von 1891.

Zum Tag des Wassers hat die Stadt Mannheim Führungen durch den Untergrund angeboten. Normalerweise haben Kanalisationen keinen guten Ruf: Gestank, Ratten und Fäkalien. In Mannheim ist man aber stolz auf sein Kanalsystem. Der sogenannte Fremdeneinstieg zur Mannheimer Kanalisation wurde bereits 1891 gebaut, um der Bevölkerung das unterirdische Kanalsystem zu zeigen.

Einstieg: Mitten in der Mannheimer Innenstadt

Der zentral gelegene Einstieg befindet sich im Quadrat F1. Unter einem der vielen Gullideckel versteckt sich eine eiserne Wendeltreppe mit 14 Stufen, die Besucherinnen und Besucher knapp drei Meter in die Tiefe führt. Der kleine unterirdische Gang zeigt ein historisches Backsteingewölbe.

Mannheims Kanalsystem: Fast 900 Kilometer lang

Von dem insgesamt 890 Kilometer langen Kanalnetz sind nur 230 Kilometer begehbar, erklärt Abwassermeister Marlon Gamer. Der Rest ist niedriger als ein Meter. Man braucht allerdings Schutzausrüstung und spezielle Kleidung. Der Fremdeneinstieg zeigt nur einen kleinen Teil des riesigen Netzes. Von einer Galerie kann man den Hauptkanal besichtigen, in den zwei weitere Kanäle einmünden.

In dem Kanal fließt eine Mischung aus Regenwasser und Abwasser. Pro Tag werden bei trockenem Wetter etwa 81 Millionen Liter Abwasser durch das Mannheimer Netz gespült.

In Mannheims Unterwelt, der Kanalisation (Foto: SWR)
Der Blick auf Mannheims Abwasser. Die Stoffratte kam auch zur Führung.

Kanalisation: Pro Einwohner eine Ratte

Wider Erwarten riecht es in der Kanalisation nicht nach Fäkalien, sondern eher wie in einem klammen und feuchten Keller. Das Klischee mit den Ratten stimmt allerdings, bestätigt der Abwassermeister. Auf jeden Bürger kommt seiner Schätzung nach eine Ratte. Marlon Gamer ist für die Kanalreinigung zuständig und nutzt die Führungen auch für einen Appell: Speisereste sollten nicht im Klo entsorgt werden, weil sie das Rattenproblem noch verschärfen. Außerdem seien Feuchttücher und andere Hygieneartikel schädlich für die Kanalisation und würden die Reinigung erschweren. Unabhängig davon, ob man sie laut Hersteller in der Toilette entsorgen dürfe.

Wir haben schon Matratzen, Sessel, Bauschutt und alte Fernseher gefunden. Die Leute schmeißen alles rein, wenn sie das entsprechende Loch finden.

Die Führungen dauern 20 bis 30 Minuten. Auch mehr als 100 Jahre nach dem Bau des Fremdeneinstiegs haben die Mannheimerinnen und Mannheimer großes Interesse an der Untwerwelt ihrer Stadt. Während unten Dutzende Menschen zuhören, warten oben schon die Nächsten. Und das ist immer so, bestätigt Marlon Gamer. Er und seine Kollegen erzählen bei den Führungen Geschichten aus der Praxis, geben Einblicke in das System und zeigen die Besonderheiten der Anlage auf.

Am Weltwassertag (22. März) und am Tag das Denkmals (zweiter Sonntag im September) bietet die Stadt Mannheim Führungen im Untergrund an.

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