Stadt will "landwirtschaftliche Nutzflächen"

Mannheim: Gemeinschaftsäcker in Feudenheim vor dem Aus?

Stand
AUTOR/IN
Stephanie Ley
Bild Stephanie Ley, SWR Studio Mannheim (Foto: SWR)

Seit fünf Jahren gibt es im Mannheimer Stadtteil Feudenheim zwei sogenannte "Gemeinschaftsäcker". 400 Hobbygärtner bauen hier ihr Gemüse an. Doch jetzt droht den Projekten das Aus.

Nach der langen Winterpause kann es Schulrektorin Barbara Negrelli gar nicht abwarten, wieder in der Erde zu wühlen. Gemeinsam mit einem Bekannten setzt sie frische Salatpflanzen, sät Möhren und Dill auf dem angemieteten Beet. Das Gärtnern bereitet der Städterin große Freude.

"Das ist Lebensfreude pur. Nach der Arbeit zwei Stunden auf dem Acker zu verbringen - da ist man wie ausgewechselt."

400 Menschen bauen in Mannheim-Feudenheim Gemüse an

Seit fünf Jahren bauen auf den 12.000 Quadratmeter großen Arealen in der Hölderlin- und Feldstraße über 400 Bürgerinnen und Bürger ihr Gemüse an. Meist Städter aus der näheren Umgebung - ohne eigenen Garten. Viele Familien machen mit, Studenten und Senioren. Im Winter wachsen hier Rosen- und Grünkohl, Schnittlauch und Zwiebeln. Im Sommer gibt es Johannisbeeren, Zucchini, Auberginen, Tomaten, Paprika und viele Kräuter.

Bertram und Elena Fischer haben die Gemeinschaftsäcker gegründet

Das Ehepaar Bertram und Elena Fischer vom Verein Mikro-Landwirtschaft hat die Projekte ins Leben gerufen. Die Beiden faszinierte die Idee vom gemeinsamen Gärtnern. Sie pachteten Flächen von Privatleuten und der Stadt, suchten andere Hobbygärtner und legten los.  

"Damals hat sich innerhalb von vier Wochen der blanke Acker in ein kleines Paradies verwandelt."

Gemeinschaftsäckern droht das Aus

Doch jetzt droht den Paradiesen das Aus. Im nächsten Jahr soll an beiden Orten wieder eine reguläre Ackerfläche entstehen. Weil die Hobbygärtner ihr Gemüse nicht verkaufen, sei es keine "landwirtschaftliche Nutzung", argumentiert die Stadt. Für Bertram Fischer ist das bitter.

"Es ist schlimm, dass ein so innovatives Zukunftsprojekt an bürokratischen Hürden scheitern soll."

Öko-Landwirtschaft auch auf BUGA in Mannheim ein Thema

Dabei will die Stadt eigentlich alternative Gartenkonzepte unterstützen. Das vermitteln auch die Macher der Bundesgartenschau. Nachhaltigkeit und Öko-Landwirtschaft sind auf der BUGA 2023 ein großes Thema. Umso weniger verstehen die Hobbygärtner, dass ausgerechnet sie mit ihrer nachhaltigen Bodenbewirtschaftung weichen sollen. Auf den Gemeinschaftsäckern wachsen viele Kräuter, sagt Landschaftsökologe Rainer Oppermann. Über 150 Insektenarten finden hier Nahrung, und auch der Boden sei "ein Traum".

"In der Erde sind zehnmal so viele Regenwürmer aktiv, wie auf einem normalen Acker."

Kinder aus der Stadt lernen viel über die Natur

Doch nicht nur ökologisch sei das Aus für die Gemeinschaftsäcker "eine Katastrophe", findet Hobbygärtnerin Barbara Negrelli. Auch der soziale Aspekt sei wichtig. Kinder aus der Stadt würden hier lernen, die Zusammenhänge der Natur zu begreifen.

"Da geht was ganz Wertvolles verloren. Es muss weitergehen und zwar hier!"

Die Stadt hat angekündigt, alternative Standorte zu prüfen. Es bleibt also abzuwarten, ob die Mikro-Landwirtschaft in Mannheim eine Zukunft hat.

Schwetzingen

Städtischer Gemeinschaftsgarten mit hoher Nachfrage "Urban Gardening"-Projekt im Schwetzinger Marstallhof

Seit Mitte Juli gibt es im Marstallhof in Schwetzingen (Rhein-Neckar-Kreis) ein "Urban Gardening"-Projekt. Die Nachfrage nach einer Parzelle dort war und ist groß.

Solidarische Landwirtschaft Agrarwende von unten? – Bürger machen Landwirtschaft

Hegen, pflegen, ernten, mit Genuss verspeisen! Immer mehr Menschen legen selbst Hand an und arbeiten bei Landwirten mit. Das lassen sie sich einiges kosten.

SWR2 Wissen SWR2