Die komplexen Anforderungen des Denkmalschutzes kollidieren mit knappen Stadtkassen. Mannheim spürt jetzt schon die Folgen, die zum Beispiel in Stuttgart bei der Sanierung der Oper noch bevorstehen.
Nationaltheater Mannheim: Schwere Entscheidung im Sommer
Die Sanierung des Nationaltheaters in Mannheim wird auch wegen des Denkmalschutzes so enorm teuer. Eine Folge davon ist, dass für andere Projekte nur noch wenig Geld übrig bleibt. Im Sommer steht deshalb in Mannheim eine schwere Entscheidung an: Es geht darum, erneut viele Millionen Euro aufzutreiben, um einen Baustopp zu vermeiden. Noch ist unklar, wie das gelingen soll.
Aktuell hat das Landesdenkmalamt erneut Mannheim in den Fokus gerückt. Der Fernmeldeturm, das Parkhaus in N2 und die Synagoge stehen jetzt unter Denkmalschutz.

Denkmalschutz: Ungeliebtes Mannheimer Stadthaus muss bleiben
Das in Mannheim größtenteils unbeliebte Stadthaus N1 in der Stadtmitte muss stehen bleiben, weil die Denkmalschutzbehörde schon vor einiger Zeit überraschend eine einsame Entscheidung getroffen hat. Eine Mitarbeiterin der Behörde hatte die Begründung erarbeitet, die das Stadthaus als Bau der Postmoderne einordnet. Also muss es demnach so bleiben, wie es ist.
Das Stadthaus zeigt sich als exemplarisches Bauwerk der Postmoderne, das historische Bezüge nicht per Kopie herstellt, sondern reflektiert über zeitgenössische Formen erzählt.
Nach Auskunft des Denkmalschutzamtes wird eine solche Einordnung dann "landesweit" von weiteren Personen bestätigt. Eingriffsmöglichkeiten gegen die Amtsentscheidung gibt es praktisch nicht.
Damit sind Mannheims Stadtentwicklungspläne an zentraler Stelle hinfällig, der Bau einer neuen Stadtbibliothek im benachbarten Innenstadt-Quadrat N2 entfällt, der Mannheims Stadtzentrum neue Bildungsimpulse geben sollte. Im Jahr 2024 diskutierten Fachleute der Denkmalpflege in einem Symposium über Bürgerbeteiligung beim Denkmalschutz, für Mannheim allerdings kommt diese Diskussion zu spät.

Denkmalschützer sind ganz frei
Der Denkmalschutz in Baden-Württemberg basiert auf dem 1971 verabschiedeten Denkmalschutzgesetz, übrigens eines der ersten in Deutschland. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landesamtes für Denkmalpflege agieren weitgehend frei von ökonomischen Überlegungen, wie das Beispiel Mannheim zeigt. Die Tragweite ihrer Entscheidungen ist ihnen bewusst, spielt aber keine Rolle, bestätigte Fachgebietsleiter Jörg Widmaier dem SWR.
Wenn sich eine Stadt den Denkmalschutz nicht leisten kann, dann ist die Frage: Kann sie sich Neubau leisten?
Neubauten sind allerdings in aller Regel deutlich billiger. Der Denkmalschutz feiert sich zwar selbst, aber seit 2010 gibt es immer stärkere Kontroversen um den Erhalt von jüngeren Bauten, die teilweise überraschend den Status Denkmal erhalten. Die Entscheidungen des Denkmalschutzes werden bislang von allen Entscheidungsträgern hingenommen, manchmal murrend, aber widerstandslos.
Die teuren Folgen bürokratischer Entscheidungen Meinung: Nicht nur in Mannheim - so ist Denkmalschutz eine Belastung
Der Denkmalschutz für junge Gebäude wie in Mannheim blockiert Stadtentwicklung und belastet den Haushalt. So führt Denkmalschutz in die falsche Richtung, meint Christian Scharff.
Die drohende Finanzknappheit der Städte und Gemeinden in den kommenden Jahren wirft aber ein neues Licht auf die umfangreichen denkmalschützerischen Anforderungen, gerade wenn es um junge Bauten geht. In Bayern gibt es deshalb bereits Bestrebungen, Bauten, die jünger als 50 Jahre sind, grundsätzlich vom Zugriff des Denkmalschutzes auszunehmen.
Stadthaus Mannheim von Anfang an ungeliebt
So ist das Stadthaus N1 In Mannheim erst 34 Jahre alt, es war von Anfang ungeliebt. Es gab eine große Mehrheit in einem Bürgerentscheid dagegen, der aber das damals nötige Quorum von 30 Prozent knapp verfehlte. Also setzte Oberbürgermeister Gerhard Widder (SPD) den historisierenden Bau durch. Er soll an das frühere Kaufhaus- und Verwaltungsgebäude an dieser Stelle erinnern.
Das Stadthaus N1 hat als Anziehungspunkt in Mannheims City immer nur begrenzt funktioniert und droht langsam zur hässlichen Mitte zu werden, befürchten nicht nur die Geschäftsleute in der City. Die Entscheidung der Stadt, dort als Ausweichlösung in N1 die Stadtbibliothek neu aufzustellen, hängt allerdings wiederum vom Denkmalschutz ab. Die breiten Treppenaufgänge taugen dafür nicht, der Denkmalschutz müsste an dieser Stelle flexibel sein. Damit steht und fällt auch dieser Teil des Projekts.
Millionengrab Multihalle
Es gibt weitere Beispiele junger Gebäude unter Denkmalschutz in Mannheim. Die Synagoge (1987), das Bibliotheksgebäude in A3 (1988) und auch die Multihalle (1975) im Herzogenriedpark. Der filigrane Bau war nur für die Bundesgartenschau gedacht. Seit 1998 steht aber auch die Multihalle unter Denkmalschutz. Die Stadt stand plötzlich vor der Alternative: Sanierung oder Zerfall - und saniert die Halle jetzt für viele Millionen Euro, ohne zu wissen, was mit dem Gebäude anzufangen ist.