Am Samstagabend hat der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner seine eigene Veranstaltung in einem Gasthaus in Neulingen-Göbrichen (Enzkreis) verlassen müssen. Laut SWR-Informationen hat es einen Platzverweis gegen ihn gegeben. Die Polizei Pforzheim bestätigte, dass es einen Einsatz gab und zur Verhinderung von Straftaten ein befristetes Aufenthaltsverbot für Neulingen durchgesetzt wurde. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei die Person dem nachgekommen, heißt es von der Polizei weiter.
Neulingens Bürgermeister Michael Schmidt sprach das Aufenthaltsverbot gegen Martin Sellner spontan aus, nachdem klar wurde, dass die Veranstaltung in seiner Gemeinde stattfinden sollte. Für ihn sei klar gewesen, dass die Äußerungen von Sellner nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. "Dafür hat es in der Vergangenheit genügend Beispiele gegeben", so Schmidt auf Anfrage des SWR.
Einige Stunden zuvor hatte der Rechtsextremist in Stuttgart an einer Demonstration der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD, teilgenommen. Die Demonstration richtete sich gegen das Festival "Umsonst & Draußen".
Demo auf dem Pforzheimer Marktplatz gegen den Rechtsextremisten
Am Samstagnachmittag hatten auf dem Marktplatz in Pforzheim knapp 70 Menschen gegen den angekündigten Auftritt von Martin Sellner demonstriert. Die Pforzheimer Initiative gegen Rechts hatte zu der Demo gegen den Rechtsextremisten aufgerufen. Dem Protest auf dem Pforzheimer Marktplatz schlossen sich unter anderem die Parteien Die Linke und die SPD an. Vor Ort waren auch Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch (CDU) und der Erste Bürgermeister Dirk Büscher (CDU). Bis zum Schluss war nicht klar, wann und wo ein Auftritt Sellners stattfinden würde.
Politiker aus Pforzheim und Calw positionieren sich gegen Sellner
Der österreichische Rechtsextremist sorgt derzeit bundesweit mit einer sogenannten Lesereise für Proteste. Mehrere Politiker aus der Region Pforzheim und Calw haben in den vergangenen Tagen deutlich gemacht, dass er hier nicht erwünscht ist. So betonte Calws Landrat Helmut Riegger (CDU) am Freitag, dass Sellner in der Stadt und der Region nicht willkommen sei.
Weiter hieß es, der Kreis Calw wolle dem Rechtsextremisten Martin Sellner keinen Raum bieten. Man arbeite eng mit lokalen Behörden und zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammen, um diese Veranstaltung zu verhindern.
Die Stadt Pforzheim hatte sich bereits vor zwei Wochen gegen den Auftritt des Rechtsextremisten Sellner positioniert. Mitte Juli kündigte Oberbürgermeister Boch an, dass die Stadt deswegen mit der Polizei in Kontakt stehe und über ein Vorgehen berate.
Katz-und-Maus-Spiel von Rechtsextremist Sellner
Die Informationen zu den Veranstaltungsorten seiner "Lesungen" werden von Sellner und dessen Umfeld nicht öffentlich gemacht. Teilweise werden auch die Veranstaltungsorte kurzfristig gewechselt. Neben den sogenannten Lesungen scheint er gezielt für Provokationen zu sorgen.
So tauchte er am Donnerstag in Saarbrücken im Saarland kurzzeitig bei einer gegen ihn gerichteten Demo der "Omas gegen Rechts" auf und verschwand dann nach wenigen Minuten zu seiner eigenen Veranstaltung. Im hessischen Marburg demonstrierten am Montag rund 2.000 Menschen gegen eine Lesung von Sellner. Auch dort wurde der Veranstaltungsort lange geheim gehalten und kurz vorher noch gewechselt.
Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung
Der Österreicher Sellner ist Kopf der verfassungsfeindlichen rechtsextremen Identitären Bewegung im deutschsprachigen Raum. Er war laut Recherchen des Netzwerks "Correctiv" Redner bei dem Potsdamer Geheimtreffen von AfD-Mitgliedern und Rechtsextremen im November 2023, bei dem die massenhafte Vertreibung von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland besprochen worden sein soll.
Nachdem das Recherchezentrum "Correctiv" im Januar das Treffen öffentlich gemacht hatte, haben Millionen Menschen in ganz Deutschland gegen Rechtsextremismus demonstriert - auch in der Region Pforzheim und Karlsruhe.
Proteste in Karlsruhe, Pforzheim und Baden-Baden Gegen Rechtsextremismus: Über 20.000 Menschen bei Demo in Karlsruhe
Am Samstag sind in der Region Zehntausende gegen rechts auf die Straße gegangen. Allein in Karlsruhe nahmen laut Polizei mindestens 20.000 Menschen an einer Demo teil.