Es ist das größte und vielleicht auch das schönste künstliche Korallenriff in Deutschland. Und ausgerechnet dort im Karlsruher Naturkundemuseum wurden erst vor ein paar Tagen die Überreste eines rund 1,5 Meter langen Borstenwurms gefunden. Die Erleichterung war groß, denn der Wurm hatte jahrelang die Korallen angefressen. Was die Wissenschaftler aber stutzig machte: Bei dem Wurm fehlte der Kopf. Lebt der Wurm also in einer Kurzversion weiter im Karlsruher Aquarium?
Experten halten fortgesetzte Existenz für möglich
Der Leiter des Vivariums, Hannes Kirchhauser, will die Theorie nicht von der Hand weisen. Es gebe ernstzunehmende Wissenschaftler, die eine fortgesetzte Existenz des Borstenwurms durchaus in Betracht ziehen, bestätigt auch der Direktor des Karlsruher Naturkundemuseums, Martin Husemann. Denn unter den vielen hundert Arten, die es von den Borstenwürmern auf der ganzen Welt gibt, sind auch solche, die ihren Hinterleib beispielsweise zur Fortpflanzung gezielt abwerfen.

Hat ein Drückerfisch den Wurm kaputt gebissen?
Nun sah der im Aquarium gefundene Wurmrest bei genauerer Betrachtung nicht ganz unversehrt aus. Hannes Kirchhauser und seine Kollegen glauben, dass ein besonderer Fisch den Monsterwurm mehrfach gebissen haben könnte. Sie haben den sogenannten Rotzahn-Drückerfisch im Verdacht. Vielleicht ist ihm der Borstenwurm im Karlsruher Korallenriff am Ende zu nahe gekommen? Und vielleicht hat ein Fisch ja sogar den Kopf des Borstenwurmes gefressen?

Bislang sind das alles nur Spekulationen. Aber die Suche nach dem Kopfteil des Wurms geht weiter. Zumal Kirchhauser auch nach dem Wurmfund noch Korallen entdeckt hat, die ganz offenbar angefressen worden waren. Ob diese Fraßspuren allerdings auf den mysteriösen Borstenwurm zurückzuführen sind, kann er nur vermuten.
Borstenwurm jahrelang unentdeckt im Karlsruher Naturkundemuseum
Jahrelang hatte das Tier die Aquarianer des Karlsruher Museums an der Nase herum geführt. Der Leiter des Vivariums baute sogar spezielle Wurmfallen, dreht jeden Quadratzentimeter seines Riesenaquariums Stück für Stück um und legte sich nachts mit einer Taschenlampe auf die Lauer. Fazit: Fehlanzeige.
Nur zwei Mal im Verlauf von mehreren Jahren glaubte er, einen Schatten bemerkt zu haben, der sich jedes Mal sofort aus dem Lichtkegel seiner Lampe zurückzog. Außerdem fand Hannes Kirchhauser im Karlsruher Naturkundemuseum seltsame Fadengespinste, die auf solche Tiere hindeuten. Den Borstenwurm selbst bekam Kirchhauser nie zu Gesicht - nur seine Fraßspuren.

Herkunft geklärt: Der Wurm stammt aus Indonesien
Zumindest eines scheint aber geklärt - nämlich wie der Borstenwurm ins Karlsruher Meerwasseraquarium gelangte: Laut Hannes Kirchhauser ist es ziemlich sicher, dass das Tier mit sogenannten "lebenden Steinen" nach Karlsruhe eingeschleppt wurde. Diese Steine stammen aus Indonesien.
Als Träger von Korallen und Mikroorganismen sind sie unter Meerwasseraquarianern gefragt. Allerdings besteht immer auch die Möglichkeit, sich gemeinsam mit solchen Steinen ungebetene Gäste einzuschleppen. In Karlsruhe waren das neben dem Borstenwurm besondere Krabben und Asselspinnen, die beide ebenfalls Korallen fressen.
Borstenwurm-Experten bestimmen Art per DNA
Welche Art Borstenwurm im Karlsruher Aquarium nun ihr Unwesen treibt, ist noch nicht bekannt. Neben einer DNA Probe wurden auch Gewebeproben an einen Borstenwurm-Experten der Uni Vechta zur genauen Bestimmung verschickt. Das Ergebnis steht noch aus. Und die Frage: Lebt der Karlsruher Parasit überhaupt noch und frisst er sich womöglich weiter durch den Korallenbestand im großen Aquarium des Naturkundemuseums, die muss ebenfalls unbeantwortet bleiben.