Für einen Monat wurden im Acherner Klinikum die Rollen getauscht: Erfahrene Pflegekräfte schauen zu, die Auszubildenden geben den Ton an. Seit knapp vier Wochen läuft das Pilotprojekt. Für die 22 Azubis bedeutet das eine Menge Verantwortung. Doch sie sind nicht alleine.
Ins kalte Wasser geworfen wurde niemand der Schülerinnen. Alle teilnehmenden Auszubildenden sind bereits im dritten Ausbildungsjahr und konnten schon einiges an Wissen und Erfahrung sammeln.
Was ihnen aber bisher fehlte, war die Erfahrung, wirklich Verantwortung zu übernehmen. Das konnten sie im Pilotprojekt lernen. Ob Schichtpläne schreiben, Hygienevorschriften kontrollieren oder eigenverantwortlich die Visite bei den Patienten betreuen - im Projekt bekamen die angehenden Pflegekräfte Aufgaben, bei denen sie bisher nur zuschauen durften.
Rund 600 Auszubildende weniger als 2021 Fachkräftemangel in BW: Weniger Azubis in Pflegeberufen
Der Fachkräftemangel in der Pflege könnte sich weiter verschärfen. Immer weniger junge Menschen entscheiden sich für eine Ausbildung zur Pflegekraft. Gleichzeitig steigt der Bedarf.
Auszubildende: "Man wächst als Team zusammen"
Betreut werden die 22 Pflegekräfte von erfahrenen examinierten Pflegekräften. Die Verantwortung für eine ganze Station alleine zu tragen, das war für die Auszubildenden erst mal eine kleine Herausforderung. "Am Anfang dachte man schon: Oh Gott, das liegt jetzt alles in meinen Händen?", erzählt Lara Wielatt, eine der auszubildenden Krankenpflegerinnen. Über die Zeit habe sich dann ein richtiger Teamgeist entwickelt.
Umgang mit Patientinnen und Patienten besonders wichtig
Das bestätigt auch eine ihrer Betreuerinnen. Die examinierte Pflegekraft Conny Geisert ist begeistert von der Entwicklung der Schülerinnen in den letzten Wochen. "Die Situation war für die Auszubildenden einmalig, hier haben sie nicht nur für den beruflichen Alltag gelernt, sondern auch für ihr Leben", sagt sie.
SWR Reporter Wolfgang Hörter hat die Auszubildenden im Krankenhaus in Achern besucht:
Zu Beginn habe es aber noch Schwierigkeiten gegeben. Vor allem in der Organisation der Abläufe. "Man hat gesehen, sie können den Ablauf nicht gestalten, sie hatten keine Organisation." Auch der Umgang mit Patientinnen und Patienten im Stationsalltag mussten die angehenden Pflegekräfte erst üben.
Immerhin mussten sie drei bis vier Patientenzimmer größtenteils alleine betreuen. Und das nicht nach und nach, sondern sieben Stunden lang. Im Früh-, Spät- und Nachtdienst.
Wie war es für die auszubildenden Pflegekräfte?
Am Anfang sei es etwas chaotisch gewesen, geben die Auszubildenden zu, aber dann habe sich alles recht schnell eingespielt. Generell gibt es auf der gesamten Station durchweg positive Rückmeldungen zum Pilotprojekt, das noch bis zum 11. Februar dauert. Die Auszubildenden sind sich ihrer Verantwortung bewusst und nehmen dafür sogar rund 30 Überstunden in Kauf.
Um herauszufinden, wie das Projekt bei den Patienten ankommt, haben die Auszubildenden sogar selbst Fragebögen entwickelt. Das Ergebnis: Alle Patientinnen und Patienten fühlten sich gut betreut. Und für alle Fälle gibt es noch die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen.