331 Gefangene sind derzeit in der Justizvollzugsanstalt (JVA) in Heilbronn inhaftiert. Knapp ein Drittel davon sind Muslime und einige davon halten auch im Gefängnis die Fastenzeit ein. Eine genaue Zahl kann die Gefängnisleitung aber nicht sagen. Rund 20 Gefangene haben sich für eine sogenannte Austauschkost angemeldet, andere aber fasten auch einfach so.
Austauschkost heißt: Das Mittagessen fällt aus. Stattdessen werden Fertignudeln, Tütensuppen und Obst ausgeteilt, das "Ramadanpaket". Das können sich die Gefangenen dann am Abend selbst mit dem Wasserkocher oder in der Gemeinschaftsküche zubereiten.
Ansonsten ist der Alltag im Gefängnis fast wie immer. Wer will, kann sich während des Ramadans von der Arbeit freistellen lassen - aber dann gibt es auch keinen Lohn. Rund 200 Euro verdient ein Häftling in der JVA im Monat. Und alle zwei Wochen können sich die Insassen verschiedene Produkte oder Lebensmittel bestellen, die ins Gefängnis geliefert werden.
Insasse: Vermisse vor allem das Gemeinschaftliche
Ein Gefangener berichtet, dass er bereits seit seinem 14. Lebensjahr fastet. Er sei das gewohnt und mache das für sich und für Gott. Fasten laufe innerhalb der Gefängnismauern genauso ab wie draußen. Es fehle aber die Familie, die Gemeinschaft drumherum.
Dadurch liege eine gewisse Traurigkeit über dieser Zeit, erzählt er. Positiv sei aber, dass sich die anderen Insassen gegenseitig motivieren und in der Gemeinschaftsküche zusammen kochen. Das gehe natürlich nur in der freien Zeit nach der Arbeit, bevor es um 20 Uhr in die Zellen zum Nachteinschluss gehe. An diesem Abend soll es eine Linsensuppe geben.
Eine Ausnahme vom Fasten kommt für ihn nicht infrage, sagt der Häftling. Er sei gesund und deswegen verpflichtet zu fasten. Das Fasten stärke auch die Geduld - und davon brauche es im Gefängnis jede Menge.
Ein islamischer Seelsorger berät die Gefangenen
Abdulhamid Andreas Tittus ist islamischer Seelsorger in der JVA. Die Gefangenen können einen Antrag stellen, wenn sie ein Gespräch wünschen oder beispielsweise einen Koran wollen. Die Gesprächsthemen sind unterschiedlich, mal geht es um die Sorgen mit der Familie, mal um die Aufarbeitung der Straftat. Häufig sind aber auch religiöse Themen dabei, zum Beispiel wenn es darum geht, dass ein Insasse Hilfe sucht auf dem Weg zurück zum Glauben.
Zur Fastenzeit merke er schon, dass ein etwas anderer "Spirit" da sei, sagt Tittus. Auch bei denen, die nicht fasten. Denn der Monat sei eigentlich eine Zeit, da sitze man nicht alleine zu Hause, sondern koche zusammen. Das gemeinsame Erleben vermissen viele im Gefängnis besonders.
Gefängnis keine Ausnahme für das Fasten
Zwar gebe es auch Ausnahmen für das Fasten, zum Beispiel für alte Menschen, Kranke, Schwangere oder wenn man auf Reisen sei. Aber Gefängnis? Nein, das sei eigentlich keine gültige Ausnahme, erklärt der Seelsorger.
Druck von anderen Gefangenen, beim Fasten mitzumachen, habe er noch nicht erlebt. Denn es sei eine sehr persönliche Sache zwischen dem Gläubigen und seinem Schöpfer. Hochgerechnet sei es im Gefängnis eine Minderheit, die faste. Es gebe aber auch die Möglichkeit, einen anderen Bedürftigen zu speisen als Ausgleich, erzählt Tittus. Doch die Gefangenen seien meist selbst bedürftig, die Mittel seien dafür gar nicht da, so der Seelsorger.
20 Euro am Tag als Kompensation
Ein anderer Gefangener hat sich genau dafür entschieden. Als er noch draußen war, habe er gefastet, erzählt er. Aber im Gefängnis finde er es schwierig. Draußen sei man einfach beschäftigt, habe seine Arbeit, komme erst abends nach Hause und dann zur Familie. Die vermisse er während der Fastenzeit besonders.
Auch er betont: Fasten oder nicht, das habe jeder für sich selbst zu entscheiden. Fasten tue man für sich, nicht für jemand anderen. Er spende jetzt pro Tag 20 Euro für eine arme Person, als Kompensation, schildert er. Entweder verschickt er das Geld selbst oder sein Vater übergibt es in der Moschee, damit es weitergegeben werden kann.
Zuckerfest eine Woche später als üblich
Zum Abschluss gibt es auch im Gefängnis ein Ramadanfest, umgangssprachlich auch Zuckerfest genannt. Das ist offen für alle, unabhängig vom Fasten - natürlich nur mit Antrag, ohne den geht kaum etwas im Gefängnis. In der Vergangenheit gab es da auch schon mal Döner, dieses Jahr gibt es stattdessen Baklava - eine Süßigkeit. Allerdings findet das Fastenbrechen in der JVA diesmal eine Woche später statt, da der islamische Geistliche zum eigentlichen Termin nicht da ist. Immerhin: Die Gefangenen müssten deswegen keine Woche Fasten zusätzlich dranhängen, meint Seelsorger Tittus schmunzelnd.