Problematische Lagerung von Müllsäcken am Straßenrand

Schädlingsbekämpfer aus Bad Waldsee: "Täglich rund 15 Anrufe wegen Ratten und Mäusen"

Stand
Autor/in
Wolfgang Kessel
Wolfgang Kessel, Redakteur beim SWR in Mannheim

Gibt es am Bodensee gerade ein Ratten- und Mäuseproblem? Teilweise schon, sagt ein Schädlingsbekämpfer aus Bad Waldsee im Interview mit dem SWR.

Thilo Fleschhut ist Geschäftsführer einer Schädlingsbekämpfungsfirma in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg). In seiner Firma, die es bereits seit 1975 gibt, arbeiten 15 Beschäftigte. Der SWR hat mit ihm ein Telefon-Interview geführt. In der Textversion haben wir das Interview leicht gekürzt. Das komplette Interview können Sie als Audio hier hören:

SWR Aktuell: Wie erklären Sie sich das, dass dieses Problem gerade so massiv am Bodensee auftritt?

Thilo Fleschhut: Also bezüglich Friedrichshafen (Bodenseekreis) kann ich sagen, dass es dort an der Wertstoffsammlung liegt. Im Landkreis Bodensee wird ja der Wertstoff in Säcken gesammelt und abtransportiert, nicht im Mülleimer. Und idealerweise werden diese Säcke einen Abend vor Abholung vor das Haus gestellt. Aber: Manche Gewerbebetriebe in der Innenstadt von Friedrichshafen stellen die Säcke teilweise am Samstagabend vor die Tür, die aber erst am Montag abgeholt werden. Und dort, wo die Säcke stehen, suchen die Tiere dann einen Unterschlupf, um in Ruhe fressen zu können, möglichst vor Vögeln oder Katzen geschützt. Und da, wo Menschen leben ist für Mäuse und Ratten quasi ein eigenes Biotop, und vor allem ist es da halt warm.

SWR Aktuell: Und was ist in den Säcken dann drin, was Ratten oder Mäuse anlockt?

Fleschhut: Kunststoffmüll, Fisch- und Fleisch-Verpackungen, alles Mögliche. Ich vermute, dass die wenigsten Menschen diese Verpackungen richtig auswaschen. Dadurch werden Mäuse und Ratten angelockt. Was dann noch dazukommt, ist die Kompostierung. Viele Menschen kompostieren ihren Biomüll. Und da landen auch verkochte Sachen.

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Schädlingsbekämpfer aus Bad Waldsee: Rund 10.000 Einsätze pro Jahr

SWR Aktuell: Stress bei den Schädlingsbekämpfern wegen Ratten und Mäusen - wie muss man sich das bei Ihnen konkret vorstellen?

Fleschhut: Wir haben am Tag allein aus der Bodenseeregion 15 Anrufe deswegen. Meine Mitarbeiter sind im Dauereinsatz. Insgesamt haben wir rund 10.000 Einsätze im Jahr, ein Großteil davon hat mit Nagetieren zu tun. Wir legen pro Jahr vier Tonnen Ratten- und Mäuse-Köder aus. Das ist schon eine Menge.

SWR Aktuell: Wo sind Sie denn gerade besonders oft im Einsatz wegen der Ratten- und Mäuseplage?

Fleschhut: Das sind vorwiegend Restaurants und Lebensmittelbetriebe, natürlich aber auch Privatkunden.

Giftköder und Schlagfallen gegen Ratten und Mäuse

SWR Aktuell: Wie rücken Sie den Ratten und Mäusen genau zu Leibe?

Fleschhut: Zuerst schauen wir, wo die Mäuse oder Ratten genau herkommen und wie sie in die jeweiligen Gebäude eingedrungen sind. Die Eindringstelle zu finden ist manchmal ganz schön schwierig. In der Altstadt von Friedrichshafen, wo alles dicht an dicht gebaut ist, da ist das eine echte Herausforderung. Und dann werden die Tiere bekämpft: Entweder toxisch (mit Gift) oder mit einer Schlagfalle.

SWR Aktuell: Wie funktioniert die Methode mit dem Gift?

Fleschhut: Das ist ein Köder in einem fixierten und abgeschlossenen Behältnis. Die Maus oder die Ratte läuft in diese Falle rein, frisst etwas von dem Köder, geht wieder raus und nach etwa 24 bis 48 Stunden stirbt sie. Ein schleichender und völlig schmerzloser Tod für das Tier. Da greift auch das Tierschutzgesetz, auch wenn es hier um Schädlinge geht. Demnach können wir keinem Tier Leid zufügen, das ist nicht erlaubt. Das Tier verblutet innerlich, hört sich tragisch an, ist aber schmerzfrei.

SWR Aktuell: Wie funktioniert die Schlagfalle?

Fleschhut: Die Schlagfalle hat einen Digitalsender. Die sendet uns ein Signal, wenn die Schlagfalle auslöst, bekommen wir im Büro eine E-Mail. Dann fährt einer unserer Mitarbeiter dorthin und holt das Tier raus. Manchmal war es aber auch nur ein Fehlalarm. Im Moment haben wir rund 3.000 Schlagfallen im Einsatz.

Eine Ratte rennt über eine Straße. Tuttlingen hat sein Rattenproblem wohl gelöst.
Ratten seien etwas vorsichtiger und ließen sich nicht so schnell vertreiben wie Mäuse, so Schädlingsbekämpfer Thilo Fleschhut.

Nach maximal acht Wochen: Rattenproblem gelöst

SWR Aktuell: Wie lange kann es dauern, bis diese Tiere komplett vertrieben sind?

Fleschhut: Einen Mausbefall können wir relativ schnell tilgen, weil die Mäuse neugieriger als Ratten sind. Die Maus erkundet gern neues Terrain, dazu gehört dann auch eine Falle. Eine Ratte meidet sowas erst Mal. Also in der Regel dauert das zwischen vier und acht Wochen.

SWR Aktuell: Wo tauchen im Moment mehr Ratten auf und wo Mäuse?

Fleschhut: Generell tauchen Ratten eher da auf, wo es feucht ist, also ganz klassisch zum Beispiel in einer Metzgerei. Mäuse sind eher da, wo es trockener ist. Damit eine Maus irgendwo durchschlüpfen kann, braucht sie nur ein bleistiftgroßes Loch. Eine Tür oder ein Garagentor, das nicht ganz dicht ist, ist für eine Maus also kein Problem. Eine Ratte braucht ein Loch, das die Größe eines Daumennagels hat.

SWR Aktuell: Wie gefährlich sind Mäuse und Ratten für uns Menschen?

Fleschhut: Beides sind Hygiene-Schädlinge. Die Maus ist sicher etwas schädlicher, speziell Rötelmäuse, die das Hantavirus auf den Menschen übertragen können. Die Kreise Ravensburg und Bodensee sind Hantavirus-gefährdete Bereiche. Dieses Virus können wir aufnehmen, wenn wir zum Beispiel die Garage ausfegen. Das Virus haftet an den Kotpartikeln der Rötelmäuse. Das kann bei uns eine Lungenerkrankung hervorrufen.

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