Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa/Felix Kästle)

Gesundheitsminister tagen in Friedrichshafen

Bundesgesundheitsminister Lauterbach verteidigt Klinikreform

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Corinna Scheller
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Anne-Katrin Kienzle
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Am Mittwochnachmittag hat die Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen begonnen. Das zentrale Thema der Konferenz am Bodensee ist die bundesweite Klinikreform.

Zum Auftakt der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) im Graf-Zeppelin-Haus in Friedrichshafen verteidigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) seine Krankenhausreform. Wenn die Reform nicht komme, würde in ganz Deutschland ein Krankenhaussterben drohen. Seit Mittwochnachmittag tagen die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder sowie Bundesgesundheitsminister Lauterbach am Bodensee. Die 96. Gesundheitsministerkonferenz dauert bis Donnerstag.

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Diskussion um Lauterbachs geplante Klinikreform

Die Krankenhausreform, von Bundesgesundheitsminister Lauterbach als "notwendige Revolution" bezeichnet, wird vermutlich alle anderen Themen überschatten. Bund und Länder sind sich in wesentlichen Punkten uneinig. Die Länder stoßen sich vor allem an den Plänen Lauterbachs, die Kliniken in drei Qualitätslevel einzuteilen - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken. Die Länder fürchten, dass das den Ruf schlechter eingestufter Krankenhäuser schädigen und diese wirtschaftlich ruinieren könne. Der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) betonte, es sei wichtig, dass es künftig an jedem Standort hoch qualifizierte Medizin gebe.

"Für uns ist es wichtig, dass klar ist, dass es künftig an jedem Standort hoch qualifizierte Medizin gibt - und kein Ranking."

Die Klinikreform soll nicht nur zu einer Spezialisierung von Krankenhäusern führen, sondern auch zu einer partiellen Abkehr vom Fallpauschalen-Prinzip. Das Vergütungssystem soll geändert werden, um die Krankenhäuser von wirtschaftlichem Druck zu befreien. Das Gesetz soll den Plänen zufolge am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

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Ministerpräsident: "Noch nicht alle Hausaufgaben gemacht"

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sieht Baden-Württemberg beim Umbau der Krankenhauslandschaft auf einem guten Weg. "Wir haben noch nicht alle Hausaufgaben gemacht, aber viele", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag. Man sei weit voran und "gut in der Spur" im Südwesten. Die Kliniklandschaft müsse so entwickelt werden, dass die Grundversorgung gewährleistet ist, aber dass auch keine Krankenhäuser erhalten werden, in denen sich die Menschen nicht operieren lassen wollen, sagte der Regierungschef. Wenn ein Krankenhaus vor Ort geschlossen werden soll, dann würden 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger für dessen Erhalt unterschreiben, aber im Falle einer Operation dennoch dorthin gehen, wo diese am besten gemacht werde. 

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Konferenzteilnehmer äußern sich zu Künstlicher Intelligenz

Auf der Tagesordnung der Konferenz in Friedrichshafen stehen außerdem aktuelle Themen wie Arzneimittelknappheit, Künstliche Intelligenz (KI) in der Gesundheitsversorgung, die Fortentwicklung der elektronischen Patientenakte, Fachkräftebedarf im Gesundheitswesen und die Digitalisierung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes.

Am Mittwochnachmittag äußerten sich die Ministerinnen und Minister bereits zum Thema Künstliche Intelligenz und forderten mehr Tempo bei der Digitalisierung. "Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland einen enormen Nachholbedarf gibt", sagte Manfred Lucha. Beispielsweise müsse die elektronische Patientenakte einfacher und benutzerfreundlicher werden.

Im Blick auf technische Entwicklungen von Künstlicher Intelligenz warnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Konferenz vor Überregulierung. Stattdessen brauche es innovative Rahmenbedingungen, um neue Produkte und Techniken zu testen, heißt es in einem Konferenzbeschluss. Lucha sagte, Deutschland dürfe beim Thema KI nicht den weltweiten Anschluss verlieren, sondern müsse Vorreiter und Motor für ganz Europa werden.

ver.di organisiert Proteste

Die Gewerkschaft ver.di hatte im Vorfeld zu Protesten am ersten Konferenztag für einen Kurswechsel in der Gesundheitspolitik aufgerufen. Am Mittwoch nahmen mehr als 500 Demonstrierende aus Baden-Württemberg und dem ganzen Bundesgebiet an einer Demonstration teil - zum Teil reisten sie mit dem Fahrrad aus Dresden an. Die Proteste standen unter dem Motto "Gemeinwohl statt Profit, Solidarität statt Wettbewerb".


Der Demozug vom Seeparkplatz West in Friedrichshafen zum Veranstaltungsort am Seeufer vor dem dortigen Kongresszentrum startete mittags. Außerdem gab es eine Wasseraktion unter dem Motto "Notruf vom See". Nach Reden, unter anderem vom für Gesundheitspolitik zuständigen ver.di-Bundesvorstandsmitglied Sylvia Bühler, sprachen auch Manfred Lucha und Karl Lauterbach.

Rund 500 Menschen demonstrieren am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. (Foto: SWR, Martin Hattenberger)
Rund 500 Menschen demonstrierten am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. Bild in Detailansicht öffnen
Demonstration am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. (Foto: SWR, Thomas Wagner)
Die Gewerkschaft ver.di hatte zu Protesten am ersten Tag der Gesundheitsministerkonferenz aufgerufen. Bild in Detailansicht öffnen
Demonstration am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. (Foto: SWR, Thomas Wagner)
Das Motto der Proteste lautete "Gemeinwohl statt Profit, Solidarität statt Wettbewerb". Bild in Detailansicht öffnen
Demonstration am Rande der Gesundheitsministerkonferenz in Friedrichshafen. (Foto: SWR, Thomas Wagner)
Mit Bannern und Plakaten demonstrierten mehr als 500 Menschen in Friedrichshafen. Bild in Detailansicht öffnen
Gesundheitsminister Manfred Lucha spricht  bei der Demonstration vor der Gesundheitsministerkonferenz. (Foto: SWR, Thomas Wagner)
Bei der Demonstration sprach auch der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne). Bild in Detailansicht öffnen

Fahrrad-Demo von Dresden an den Bodensee

Schon am Dienstag haben sich Altenpflegebeschäftigte bei einer ver.di-Kundgebung in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) vor der Oberschwabenklinik (OSK) zusammengefunden. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, hatten sie sich bereits am 30. Juni aus Dresden mit dem Fahrrad auf den Weg nach Friedrichshafen gemacht. Ihr Motto: "Kein Weg zu weit für gute Pflege".

"Lauterbach und seine Länderkollegen müssen dringend handeln, um die Altenpflege zukunftsfest zu machen."

Lauterbach und seine Amtskolleginnen und -kollegen in den Ländern müssten dringend handeln, um die Zukunft der Altenpflege zu sichern, betonte Benjamin Andelfinger, Gewerkschaftssekretär im ver.di Bezirk Ulm-Oberschwaben. Dazu gehörten verbindliche und bedarfsgerechte Personalvorgaben - einheitlich überall in Deutschland.

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Die protestierenden Beschäftigten aus der Altenpflege fordern, dass in der Branche flächendeckend Tarifverträge zur Anwendung kommen. Die Bezahlung in der Altenpflege müsse deutlich attraktiver werden, damit genug Arbeitskräfte gewonnen und gehalten werden, um die zunehmende Zahl pflegebedürftiger Menschen überhaupt noch versorgen zu können, so Jonas Schamburek, Gewerkschaftssekretär im ver.di Bezirk Ulm-Oberschwaben.

Stiftung Liebenau appelliert an Minister und Ministerinnen

Die Verantwortlichen der Stiftung Liebenau in Meckenbeuren (Bodenseekreis), ein im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen tätiges Unternehmen, appellieren anlässlich der Gesundheitsministerkonferenz ebenfalls an die Ministerinnen und Minister aus den Ländern. Trotz knapper öffentlicher Kassen dürften Strukturreformen im Sozial- und Gesundheitsbereich nicht länger auf die lange Bank geschoben werden. Ansonsten drohe mittelfristig ein Versorgungsengpass bei vielen sozialen Angeboten und Dienstleistungen, heißt es in einer Mitteilung.

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