Die Pegelstände des Rheins haben nach wochenlanger Trockenheit teils historische Tiefststände erreicht. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliancedpa  Federico Gambarini)

Kohletransport und Kühlung der Kraftwerke

Niedriger Wasserstand betrifft auch Energieversorger in BW

Stand

Die Auswirkungen des Niedrigwassers an Flüssen in BW zeigen sich immer deutlicher. Die Kohlebeschaffung wird schwieriger. Doch es geht auch um die Kühlung von Kraftwerken.

Die Pegelstände an den beiden größten Flüssen in Baden-Württemberg, dem Rhein und dem Neckar, sinken durch die anhaltende Trockenheit immer weiter. Daher spitzt sich die Lage für die industrielle Schifffahrt auf den wichtigen Verkehrsachsen weiter zu. Gerade in der aktuellen Energiekrise ist die Bedeutung anderer Energiequellen wieder enorm gestiegen. Doch welche Auswirkungen hat das Niedrigwasser für die Kohlebeschaffung, die Kühlung von Kraftwerken oder Wasserkraftwerke? Ein Überblick.

Schiffsverkehr auf dem Rhein eingeschränkt

Die Lage auf den beiden industriell bedeutsamsten Flüsse im Land ist recht unterschiedlich. Während auf dem Rhein wegen der niedrigen Pegelstände längst nicht mehr alle Schiffe fahren und teilweise nur noch bis zu einem Drittel beladen werden können, sieht es auf dem Neckar noch deutlich besser aus. "Auf dem Neckar gibt es keine Einschränkungen für die Schifffahrt", sagt Johanna Reeg, stellvertretende Leiterin des Wasser- und Schifffahrtsamtes in Baden-Württemberg im SWR-Gespräch.

Das hängt vor allem mit den Schleusen zusammen, über die die Wassertiefe reguliert werden kann. Allerdings: Schiffe, die nicht nur auf dem Neckar unterwegs sind, sondern vom Rhein kommen oder auf den Rhein fahren, können nicht komplett beladen werden. Deswegen kommen auch in den Neckarhäfen weniger Rohstoffe an. Das macht sich beispielsweise beim Heilbronner Hafen bemerkbar, in den nur noch halb beladene Schiffe einfahren.

Die geringen Ladekapazitäten führen beispielsweise im Rheinhafen Karlsruhe dazu, dass mehr Schiffe als eigentlich üblich abgefertigt werden. Nach Einschätzung von Hafendirektorin Patrizia Erb-Korn sind es zurzeit gut ein Drittel mehr Schiffe als bei Normalwasser. Auf SWR-Anfrage sagte sie, dass schon jetzt mehr Schiffe abgefertigt werden als beim Niedrigwasser im Jahr 2018.

Die Trockenheit beschäftigt die Menschen in diesem Sommer schon länger. Das verdeutlicht ein SWR Extra vom 12. August:

Hohe Kohlebestände in Kraftwerken entspannen Situation für EnBW

Große Bedeutung hat die Schifffahrt auch für die Kohlebeschaffung der EnBW. An Rhein und Neckar betreibt der Energieversorger an vier Standorten insgesamt fünf Kohleblöcke, die aktuell Strom ins Netz einspeisen: Karlsruhe, Heilbronn, Stuttgart-Münster und Altbach-Deizisau (Kreis Esslingen). Hinzu kommen in Heilbronn, Walheim und Marbach (beide Kreis Ludwigsburg) weitere fünf Kohleblöcke, die als Reserve vorgehalten werden. Da diese jederzeit kurzfristig angefragt werden können, hält die EnBW sie stets einsatzbereit.

Wegen des Niedrigwassers können aktuell aber nicht mehr alle Schiffe zur Kohleanlieferung eingesetzt werden. Außerdem mussten auch hier die Lademengen reduziert werden. Damit steigen die Transportkosten, was wiederum die Kosten im Kraftwerk und damit auch die der Stromproduktion erhöht.

Einen möglichen Kohlemangel sieht die EnBW aktuell aber nicht. Man habe das zweite Quartal genutzt, um die Vorräte an allen Standorten aufzubauen. Daher verfüge man derzeit über einen hohen Bestand, teilte das Unternehmen auf SWR-Anfrage mit.

Energiekonzern bereitet sich auf den Winter vor

Da der Blick sich aber bereits auf den kommenden Winter richtet, hat die EnBW im Karlsruher Rheinhafen schon zusätzliche Kohle eingelagert. Ein weiteres Reservelager soll hier zudem aufgebaut werden. "Auch an weiteren Kraftwerksstandorten haben wir den Lagerbestand für die Netzreserve bereits erhöht und treffen Vorbereitungen für zusätzliche Außenlager", heißt es vom Energiekonzern.

Man arbeite mit "Hochdruck" daran, sowohl die aktiven wie auch die in der Reserve befindlichen Kohleblöcke bestmöglich auf den Winter vorzubereiten. Doch selbst wenn der Schifffsverkehr weiter eingeschränkt würde, sieht sich der Energiekonzern gut aufgestellt.

Kohleanlieferung mit Zug bei allen Kraftwerken möglich

Alle Kraftwerke verfügten über einen Schienenanschluss und könnten im Zweifel auch über die Bahn mit Kohle versorgt werden, so die EnBW. Auch wenn die Situation derzeit in diesem Bereich angespannt sei: "Wir stehen in engem Kontakt mit allen Beteiligten, um die begrenzten Mittel optimal einzusetzen und begrüßen die Bestrebungen, den Bahntransporten von Energierohstoffen Priorität einzuräumen."

Kühlung der Kraftwerke am Netz funktioniert ohne Probleme

Auch einen anderen wichtigen Aspekt hat die EnBW nach eigener Aussage "in den heißen Sommertagen grundsätzlich im Auge": die Kühlung der Kraftwerke. Bei den am Netz befindlichen Kraftwerken gebe es derzeit keinerlei Probleme. Allerdings gebe es bei den vier Reservekraftwerken in Heilbronn und Walheim aktuell "temperaturbedingte Einschränkungen".

In diesem Zusammenhang versichert die EnBW: "Wir beobachten die Entwicklung der Temperaturen und Durchflussmengen an Rhein und Neckar weiterhin genau, um mit den Genehmigungsbehörden frühzeitig gegebenenfalls Maßnahmen vor dem Hintergrund der Sicherstellung der Versorgung in Baden-Württemberg zu bewerten und abzustimmen."

Wasserkraftwerk Böpfinger Halde produziert deutlich weniger Strom

Ganz konkrete Folgen hat das Niedrigwasser auch für die Stromproduktion im Wasserkraftwerk Böpfinger Halde in Ulm. Aktuell wird hier nur halb so viel Strom produziert wie im - sehr nassen - Jahr 2021. Seit Anfang Juli laufe nur noch eine Turbine, teilten die Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm mit. Aktuell werde gerade einmal ein Fünftel der maximal möglichen Wassermengen genutzt.

Auch im Wasserkraftwerk Rheinfelden (Kreis Lörrach) zwischen der schweizerischen und badischen Seite laufen derzeit nur zwei von vier Turbinen.

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Im Wasserkraftwerk Laufenburg (Kreis Waldshut), ebenfalls zwischen den beiden Ländern gelegen, liegt die Auslastung gerade einmal bei 30 Prozent. Das kostet die Betreiber in der aktuellen Energiekrise viel Geld.

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