Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) steht in seinem Amtszimmer im Rathaus an seinem Schreibtisch. Ein geplanter Auftritt von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) im Budapester Mathias-Corvinus-Collegium (MCC) während einer Reise nach Ungarn im September hat scharfe Kritik ausgelöst.  (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Bernd Weißbrod)

Naturschutz oder Bürokratie-Irrsinn?

Boris Palmer empört: Ein Vogel stoppt Klinik-Neubau in Tübingen

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Sonja Legisa
Sonja Legisa ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen. (Foto: SWR, Jochen Krumpe)

Ein seltener Vogel verzögert offenbar den geplanten Erweiterungsbau des Tübinger Uniklinikums. Für Oberbürgermeister Boris Palmer ein Beispiel überbordernder Bürokratie.

Tübingen, eine Stadt mit einem besonderen Vogel? Offenbar schon! Hoch oben auf dem Dach des Universitätsklinikums hat er sein Zuhause gefunden - der Ziegenmelker. Oberbürgermeister Boris Palmer (parteilos) wünschte, eine Katze hätte ihn schon längst erwischt. Warum? Der Vogel kostet die Stadt offenbar viel Geld und Nerven.

Der Ziegenmelker zählt zu den gefährdeten Vogelarten und gehört zur Familie der Nachtschwalben. Boris Palmer hatte sich schon in seiner Neujahrsansprache und in einer Talkshow darüber aufgeregt, wie der Vogel seine Klinikbaupläne verhindert. Zusätzlich hat er einen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geschrieben.

Der Ziegenmelker braucht viel Platz

Der Ziegenmelker hat sich in Tübingen ein teures Nest ausgesucht. Boris Palmer und die Stadt möchten das Klinikumsgelände erweitern, was ungefähr 250 Millionen Euro kosten soll. Laut Palmer wird das aber von der Naturschutzbehörde untersagt. Bevor der Bau beginnen kann, müsse ein Ausgleichsquartier für den Vogel geschaffen werden. Palmer erklärte dazu im ZDF: "Klingt erst mal nicht schlimm. Aber Ziegenmelker brauchen weitläufige Flächen, die sie durchfliegen können. Deshalb stören sie sich an Bäumen."

Zehn Hektar Wald müssten nun beim Klinikum gerodet werden, damit der Vogel genug Platz hätte. Gleichzeitig sollen an anderer Stelle Bäume als Ausgleich gepflanzt werden. "Wie soll ich das meinen Bürgern erklären?", fragt Boris Palmer in seinem Brief an den Ministerpräsidenten. Schließlich gehe es bei der Erweiterung des Klinikums um Menschenleben. Laut Palmer sind drei Millionen Menschen auf die Versorgung des Uniklinikums angewiesen.

Der Ziegenmelker wird auch Nachtschwalbe genannt (Foto: IMAGO, Carlos Patricio)
Der Ziegenmelker wird auch Nachtschwalbe genannt

Vogel vielleicht schon tot?

Skurril an der ganzen Angelegenheit: Ob der Ziegenmelker aktuell überhaupt noch seine Liedchen vom Dach zwitschert, weiß keiner. Seit rund einem Jahr wurde er weder gesehen noch gehört. Boris Palmer spekulierte, dass eine Katze ihn erwischt haben könnte und das Problem somit gelöst wäre.

Der Oberbürgermeister geht davon aus, dass der Vogel längst tot ist und auch keinen Nachwuchs hat. Er hat deshalb einen mehrseitigen Brief an Ministerpräsident Winfried Kretschmann geschrieben und sich über die aus seiner Sicht absurden bürokratischen Vorgaben beklagt. In einem Antwortschreiben teilte ihm das Staatsministerium nun mit, dass die meisten Vorgaben vom Bund oder der EU kämen. Man werde aber auf die beteiligten Ministerien und Behörden zugehen, um eine Lösung zu finden.

Palmers Kritik an Bürokratie

Palmer hat bereits mehrmals die übermäßigen Bürokratievorschriften in seiner Stadt kritisiert. In der Vergangenheit hatte er sich unter anderem über die Auflagen für den Bau von Photovoltaikanlagen in Tübingen aufgeregt.

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