Platz 2 (42 Punkte)

Leïla Slimani: Das Land der Anderen

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Heftige Kontroverse um den neuen Roman von Leïla Slimani im Bestenliste-Talk:

Ist ihr Kolonialdrama „Das Land der anderen“, das auf dem zweiten Platz der SWR Bestenliste im Juli und August steht, nur gehobene Trivialliteratur, wie Literaturkritikerin Iris Radisch meint? Oder handelt es sich, wie Jury-Kollege Martin Ebel entgegnet, doch um einen vielschichtigen Roman über die Geschichte einer französisch-marokkanischen Ehe in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg?

Mit ihrem skandalumwitterten Roman „All das zu verlieren“ sorgte die 1981 in Marokko geborene, in Paris lebende Schriftstellerin für Aufsehen. Berühmt war Leïla Slimani allerdings bereits zuvor: Staatspräsident Emanuel Macron hatte sie in eine internationale Organisation berufen, die sich um die Pflege der französischen Sprache kümmert.

Slimanis neuer Roman ist der Auftakt zu einer geplanten Trilogie, die, orientiert an ihrer eigenen Biografie, die Geschichte einer Familie über mehrere Generationen hinweg erzählen soll. Im neuen Roman sind es die Großeltern, die im Mittelpunkt stehen: Amine ist Marokkaner und kämpft im Dienst der französischen Kolonialmacht im Zweiten Weltkrieg gegen das nationalsozialistische Deutschland.

Er lernt die Elsässerin Mathilde kennen. Die beiden heiraten und ziehen gemeinsam nach Marokko. Fremdheitserfahrungen und Gewalt sind die zentralen Motive des Romans: Die Französin Mathilde muss die Gepflogenheiten lernen, die in einer marokkanischen Familie herrschen; Amine hingegen kämpft um Anerkennung als französischer Soldat, da er von seinen Landsleuten misstrauisch als potentieller Verräter beäugt wird. Die marokkanische Bevölkerung leidet insgesamt unter den alltäglichen Demütigungen, die die Vertreter der Kolonialmacht gewohnheitsmäßig austeilen.

Privates und Politisches, die Versuche, als Paar in einer Gesellschaft anzukommen, aber auch die Befreiungskämpfe marokkanischen Rebellen fließen ineinander. Am Ende brennt das Land.

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SWR