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Alexandru Bulucz: was Petersilie über die Seele weiß

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Auf der Innenseite des Schutzumschlags von Alexandru Bulucz‘ Gedichtband findet sich ein alphabetisches Register, das knapp 150 Namen als Referenzrahmen aufführt: Walter Benjamin, Hieronymus Bosch, Paul Celan (selbstverständlich!), Kleist, Kracht, Lenin, Rilke, Shakespeare und am Ende: Zeus – wenn auch nur als Bankier in André Gides Erzählung „Der schlechtgefesselte Prometheus“. Man muss schon über eine große Portion Selbstironie oder Selbstbewusstsein oder beides verfügen, um sich dergestalt zu positionieren. Oder über große Liebe zu Lexika.

In neun Zyklen schlägt Alexandru Bulucz, Jahrgang 1987, einen Ton an, der in seinem Variantenreichtum ebenso verblüffend ist wie in der souveränen Beherrschung der Form. Hier wird nichts vorgeführt und nichts dekonstruiert. Die Verse sind Dialoge mit einem imaginierten Gegenüber. Sie kreisen um Erinnerung und Geschichte, sind sinnlich aufgeladen und intellektuell abgefedert. Erinnerungen und philosophische Überlegungen fließen zusammen; der Tonfall changiert, und doch blitzt oft in den Motiven und in der Schwere der Mystifizierungen Bulucz‘ lyrisches Über-Ich Paul Celan auf.

Es sind nicht selten Beschwörungen, Litaneien, zu denen Bulucz anhebt, und die dann doch immer wieder mit großer Sicherheit die Kurve vom Pathos zurück in die Gegenwart nehmen. Die Petersilie, so erfahren wir im Nachwort, gilt gerade im Aberglauben romanischer Völker als Unglückspflanze. Hier wird sie zum Glücksfall.

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AUTOR/IN
SWR