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Samuel Beckett: Echos Knochen

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Das gibt es tatsächlich noch: Ein Text aus dem Nachlass von Samuel Beckett, der bislang noch nicht übersetzt war. Die Entstehungsgeschichte wird folgendermaßen erzählt: 1933 forderte Becketts Lektor von ihm eine zusätzliche Geschichte, weil ihm der Erzählzyklus „More Prics than Kicks“ für eine Einzelpublikation zu schmal erschien. Daraufhin schrieb Beckett „Echos Knochen“, einen rund 50 Seiten starken Text, der wiederum nicht auf die Zustimmung des Lektors stieß und daraufhin in der Versenkung verschwand.

Was seinerzeit als Entscheidung nachvollziehbar erschien, weil der Text so unrealistisch wie im Plot unwahrscheinlich und stilistisch uneinheitlich daherkam, erweist sich heute als Materialfundgrube und als die letzte üppig auswuchernde Werkstufe, bevor Beckett die radikale Verknappung für sich entdeckte. Das klingt dann so: „Er spürte sich erwachen inmitten der grauen Engelscharen, seiner Mitentschlafenen, die sich im Bauch-Grab drängten, spürte sich aus einer faultierhaften Glückseligkeit herausfallen, die unendlich geschmeidiger war als Öl und zarter als Kürbisse.“ Etcetera.

„Echos Knochen“ ist vor allem ein großes Spiel von intertextuellen Bezügen und Anspielungen von der Antike bis in die Gegenwart. Der ausführliche Kommentar und das Nachwort von Übersetzer Chris Hirte schlagen Schneisen durch Becketts wucherndes Textgeflecht.

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AUTOR/IN
SWR