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Pionier der Food-Fotografie: Johann Willsberger bringt die Kochkunst ins Museum

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David Kirchgeßner
David Kirchgeßner ist Redakteur bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz. (Foto: SWR)

Wo andere nur Traubensaft sehen, sieht Johann Willsberger Motive für seine Kunst. Mit Film- und Fotokamera fängt er ein, wie aus edlen Trauben noch edlerer Wein wird. Bevor er sich ganz der Kunst widmete, hat er 25 Jahre lang mit dem "Gourmet"-Magazin die Food-Fotografie im deutschsprachigen Raum maßgeblich geprägt.

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„Bilder entstehen im Kopf“

Johann Willsberger, Anfang 80, Hornbrille, graues Safari-Hemd, richtet seine Kamera auf eine Edelstahlwanne. Frisch gepresst, tröpfelt der Saft von Grauburgunder-Trauben in das Becken. Später wird daraus ein Spitzenwein.

Doch den Fotografen interessieren jetzt vor allem die Muster, die sich im Schaum bilden: Große und kleine Bläschen in geometrischen Formationen, die sich dynamisch verändern. 

Mit fünf Filmkameras und einer Unterwasserkamera will der gebürtige Österreicher die Ästhetik der „Weinwerdung“ einfangen – so der Arbeitstitel seines Projekts. Die Technik ist für ihn dabei nur Mittel zum Zweck.

Das Problem ist, dass die Leute zu sehr auf die Kameratechnik schauen und auf das, was sie damit machen können. Aber Bilder entstehen im Kopf.

Willsberger hat in den 1970er-Jahren einen neuen Stil in der Food-Fotografie etabliert

Bilder begleiten den gelernten Schriftsetzer sein ganzes Arbeitsleben. 25 Jahre lang hat er für sein Magazin „Gourmet“ in den Küchen der Meisterköche fotografiert und so die Food-Fotografie im deutschsprachigen Raum geprägt. „Ess-Fotografie damals1975/76, war radikal old fashioned und ich habe einen komplett neuen Stil in der Fotografie etabliert“, erzählt er. 

Die Kochbücher dieser Zeit zeigen Fotografien, die aussehen wie Gemälde alter holländischer Meister, übervoll mit Dekoration. „Und das, worum es eigentlich gehen sollte, nämlich Essen, lag unter anderem auf einem Teller, und zwar so, dass es weiß Gott nicht appetitlich aussah oder animiert hätte, das essen zu wollen“, erinnert sich Willsberger.

In dem Moment, wenn das Gericht fertig ist, muss es fotografiert werden

Johann Willsberger setzt stattdessen auf weiße Teller vor hellem, schlichtem Hintergrund. Das Essen soll im Vordergrund stehen.

„Es gibt keine Geheimnisse außer eines, das ist Geschwindigkeit. Also, nicht 5 oder 10 Polaroids später, sondern in dem Moment, wo das Gericht fertig ist, ist es optimal. In dem Moment muss fotografiert werden“, erklärt Willsberger sein Erfolgsrezept für die Food-Fotografie.

„Und ich habe alles sofort nach der Aufnahme gegessen. Das war mein zweiter Trick. Damit habe ich die Köche gezwungen, perfekt zu arbeiten.“

Die Flut von Essensbildern im Internet siehr er mit gemischten Gefühlen

Dass heutzutage das Internet und die Sozialen Medien mit Essensbildern aus dem Handy geflutet werden, sieht er mit gemischten Gefühlen: „Es banalisiert das Ganze. Die Technik erlaubt alles“, findet er. „Man kann das bei miesem Licht auch noch fotografieren.

Ein weiterer Punkt sei: „Die Verlage, die Zeitschriften und Bücher über Essen herausgeben, haben keine Budgets mehr. Da wird kein Aufwand getrieben. Das wird runtergenudelt.“ 

Aber auch er selbst greift bei der Essens-Fotografie inzwischen gerne mal zum Handy, aus „Jux und Tollerei“, wie er sagt, aber auch zur Erinnerung.

Sein Ziel: Die Kochkunst ins Museum bringen

Seit Johann Willsberger 2001 sein Gourmet-Magazin verkauft hat und aus der Schweiz nach Baden-Baden gezogen ist, widmet er sich ganz seinen Kunstprojekten. Durch die Arbeit kennt er Winzer auf der ganzen Welt und beginnt, Weine in ihrer Entstehung zu fotografieren.

Das Ziel seiner Fotografie: „Die Kochkunst ins Museum kriegen. Und wenn sie das Wort Kochkunst nehmen, das so alltäglich und lapidar ist, dann ist das Wort Kunst ja schon mit drin.“ 

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